Schärfere Besteuerung von Share Deals geplant

27. August 2018


Auf der Finanzministerkonferenz ist am 21. Juni 2018 beschlossen worden, die Besteuerung von Share Deals zu verschärfen. Was bedeutet das und welche Auswirkungen wird es geben?

Von Hans-Joachim Beck

Folgende Änderungen sind geplant.

1. Absenkung der 95 % -Grenze auf 90 %

Die Grenze, ab der bei einem Erwerb von Gesellschaftsanteilen Grunderwerbssteuer anfällt, soll bei sämtlichen Ergänzungstatbeständen von 95 Prozent auf 90 Prozent der Anteile abgesenkt werden.

2. Schaffung eines Ergänzungstatbestandes für Kapitalgesellschaften

Nach der geltenden Rechtslage löst gemäß § 1 Abs. 2 a GrEStG ein Gesellschafterwechsel in Höhe von mindestens 95 Prozent innerhalb von fünf Jahren Grunderwerbsteuer aus. Dabei muss kein Gesellschafter eine bestimmte Beteiligungsschwelle überschreiten. Die Regelung gilt jedoch nur für Personengesellschaften. Durch Einfügung eines § 1 Abs. 2 b GrEStG soll die Vorschrift auf den Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften ausgedehnt werden. Dadurch soll erreicht werden, dass auch bei Kapitalgesellschaften ein Altgesellschafter zu mehr als 10 Prozent beteiligt bleiben muss. Ein vollständiger Erwerb durch den Investor und einen „Co-Investor“ ist dann nicht mehr möglich.

3. Verlängerung der Frist von fünf auf zehn Jahre in sämtlichen Ergänzungstatbeständen

In sämtlichen Ergänzungstatbeständen soll die Frist von fünf Jahren auf zehn Jahre verlängert werden. Außerdem soll der Erwerber beim Erwerb von Anteilen an Personengesellschaften zehn Jahre statt bisher fünf Jahre warten müssen, um in einem zweiten Schritt, die restlichen zehn Prozent der Anteile an der Gesellschaft hinzukaufen zu können.

Ungeklärt ist allerdings noch, welche Übergangsregelungen gelten sollen, insbesondere ob die Regelungen auch dann gelten sollen, wenn der schuldrechtliche Vertrag bereits abgeschlossen ist und was gilt, wenn die Beteiligung nach Ablauf der fünf aber vor Ablauf der zehn Jahre aufgestockt wird.

Hintergrund ist die immer wieder in der Tagespresse zu lesende Kritik, dass größere Grundstücksportfolios verkauft werden konnten, ohne dass der Staat dafür Grunderwerbsteuer erhalten hat. In diesen Fällen wurde ein sogenannter Share Deal vorgenommen, bei dem nicht das Grundstück selbst verkauft wird, sondern Anteile an einer Gesellschaft übertragen werden, der das Grundstück gehört.

In der Öffentlichkeit werden derartige Gestaltungen als Missbrauch kritisiert. Dieser Vorwurf trifft das Problem jedoch nicht, weil Share Deals nach der geltenden Rechtslage so gestaltet werden können, dass keine Grunderwerbsteuer anfällt. In Wahrheit handelt es sich um eine Frage der Gerechtigkeit, weil der „kleine“ Immobilienkäufer, der sich beispielsweise eine Wohnung zur Selbstnutzung kauft, keine Möglichkeit hat, von dieser Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Die dadurch verursachte Diskrepanz ist durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuersätze, die die meisten Länder in den letzten Jahren vorgenommen haben, verstärkt worden.

Zur Lösung des Problems wird vielfach die Forderung erhoben, die Steuerbefreiung für Share Deals „abzuschaffen“. Dies ist jedoch so einfach nicht möglich, weil es eine gesetzliche Steuerbefreiung für Share Deals nicht gibt, sondern die Steuerfreiheit sich aus der Struktur des Gesetzes ergibt, nach der nur der Wechsel des Eigentümers erfasst wird.

Share Deals unterliegen somit vom Prinzip her nicht der Grunderwerbsteuer, weil kein Wechsel des Eigentümers stattfindet, sondern die Gesellschaft weiterhin Eigentümer des Grundstücks bleibt. Um das Gerechtigkeitsproblem zu lösen — vor allem aber um höhere Steuereinnahmen zu erzielen — hat der  Gesetzgeber die Möglichkeit steuerfreier Share Deals bereits seit vielen Jahren zunehmend eingeschränkt.

Da dies der Struktur des Gesetzes nicht entspricht, musste aber immer wieder „nachgebessert“ werden. Bei der jetzt vorgeschlagenen Änderung hat die Finanzministerkonferenz schon jetzt erklärt, dass man gegebenenfalls nachsteuern müsse.

Die beklagte Gerechtigkeitslücke zwischen dem Erwerb eines Grundstücksportfolios im Wege eines Share Deals und dem Erwerb eines Eigenheims im Wege des Asset Deals darf aber nicht nur durch Verschärfung der Besteuerung von Share Deals verringert werden. Erforderlich ist auch, dass man den allgemeinen Steuersatz der Grunderwerbsteuer wieder senkt und den Erwerb der selbstgenutzten Immobilie wieder von der Grunderwerbsteuer freistellt. Wer beklagt, dass der Erwerber eines Eigenheims so viel schlechter steht als der Erwerber eines Wohnungsportfolios, sollte jetzt auch einen Freibetrag für den Erwerb der selbstgenutzten Wohnung einführen.