„So ein Saftladen!“ – Tipps für den Umgang mit Google-Bewertungen

18. September 2019


Online-Bewertungen können Kunden überzeugen oder abschrecken. Sie können Qualitätsmängel offenbaren, Veränderungen anstoßen, schreiend ungerecht sein, Existenzen vernichten und Gerichte beschäftigen. Immobilienprofis machen vieles richtig – einiges geht aber noch besser.

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Von Nathalie Boensch

Kennen Sie das Rating Ihres Unternehmens bei Google? Neulich habe ich in Berlin eine für mich interessante Kapitalanlage über ein Immobilienportal gefunden. Das vermittelnde Immobilienbüro kannte ich nicht, deswegen habe ich eine Recherche über Google gestartet. Noch bevor ich einen Blick auf die Webseite werfen konnte, zeigte mir die Suchmaschine in der Ergebnisliste bereits an, dass ich nicht viel erwarten darf. Gerade mal ein magerer Stern zierte das Profil.

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Nun kann man sich an einer solch oberflächliche Recherche stören, aber mit meinem Vorgehen liege ich voll im Trend: 93 Prozent aller Verbraucher informieren sich zuerst im Internet — 92 Prozent davon über Google — wenn es um einen teuren Kauf oder eine anspruchsvolle Dienstleistung geht. Die Online-Suche führt damit deutlich — vor Freunden und Familie — als Informationsquelle. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der das Unternehmen nicht persönlich kennt, seine Immobilie dieser Immobilienagentur zum Verkauf anvertraut, dürfte gering ausfallen.

Eine Bewertung sollte immer kommentiert werden

Dabei ist ein gutes Bewertungsmanagement kein Hexenwerk. Egal ob es sich um positives Feedback oder negative Kritik handelt, antworten sollte man immer und schnell (innerhalb von 24 Stunden). Bedanken Sie sich für Lob, stehen Sie zu Fehlern. Greifen Sie nicht auf vorgefertigte Floskeln oder standardisierte Antworten zurück, sondern gehen Sie auf jede Bewertung individuell ein. Und denken Sie immer daran: Nahezu alles bleibt „für immer“ öffentlich.

Ohne Zugriff auf Google My Business geht es nicht

Grundlage für ein gutes Bewertungsmanagement ist, dass Sie Zugriff auf Ihre erhaltenen Online-Bewertungen haben. Das ist essentiell, denn auch wenn Sie kein Unternehmensprofil bei Google angelegt haben, können Sie weder technisch noch rechtlich verhindern, dass Ihr Unternehmen dort bewertet wird. Um die Informationen im rechten Kasten bearbeiten und auf Bewertungen antworten zu können, brauchen Sie einen Google My Business-Account, der Sie als Inhaber des Unternehmens verifiziert (eine Schritt-für-Schritt-für-Schritt-Anleitung gibt es hier).

Bitte um Bewertung kann unzulässige Werbung sein

Sobald Ihr Google My Business-Account steht, können Sie mit dem Aufbau Ihrer Online-Reputation starten. Dabei gilt: Je mehr positive Bewertungen Ihr Unternehmen erhält, desto sichtbarer wird es, insbesondere bei der lokalen Suche. Der Durchschnitt sollte mindestens 4,0 Sterne betragen.

Um aktiv Bewertungen bei Google zu erhalten, sollten Sie Ihre Kunden auf diese Möglichkeit hinweisen. Idealerweise erstellen Sie einen direkten Link zu Ihrem Bewertungsformular für Ihre Kunden (Anleitung hier). Diesen können Sie in Ihre Email-Signatur einbauen, auf die Webseite stellen, im Newsletter verlinken oder als QR-Code auf Visitenkarten, Briefpapier und so weiter drucken.

Vorsicht: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im vergangenen Jahr mit Verweis auf § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG klargestellt, dass eine Kundenzufriedenheitsbefragung in einer E-Mail auch dann unter den Begriff der (Direkt-) Werbung fällt, wenn mit der E-Mail die Übersendung einer Rechnung erfolgt. (AZ: VI ZR 225/17)

Tipp: Wenn Sie Ihre Kunden nach Abschluss um eine Bewertung bitten möchten, brauchen Sie vorher eine Einwilligung Ihres Kunden. Zudem muss ihm die Möglichkeit eingeräumt werden, der Verwendung seiner Kontaktdaten zu werblichen Zwecken zu widersprechen.

Aus berechtigter Kritik lernen

Schlechte Kritik trifft einen manchmal hart. Erschwerend kommt hinzu, dass eine negative Bewertung auf Google für jeden öffentlich ist und in der Regel nicht gelöscht werden kann. Ist die Kritik gerechtfertigt und sachlich, ist sie nützlich und kann dabei helfen, die Qualität und Effizienz im Unternehmen zu verbessern. In diesem Fall sollte man sich für das konstruktive Feedback bedanken und sich für Fehler entschuldigen. Doch machen Sie es nicht zu lang: Statt seitenlanger Rechtfertigung lieber genauer nachfragen. Vielleicht können Sie einen persönlichen Gesprächstermin vereinbaren, weitere Hilfestellung geben oder einen Vorschlag zur Verbesserung der Situation geben? Denken Sie immer daran: Der nächste Kunde liest mit!

Übrigens: Ein Großteil negativer Bewertungen im Dienstleistungssektor resultiert aus schlechter Erreichbarkeit, fehlender Reaktion und ausbleibender Kommunikation. Hier ist Vorsicht besser als Nachsicht.

Was tun bei ungerechtfertigter Kritik?

Kann Sie jemand nicht leiden? Egal ob Trolle, Ex-Mitarbeiter oder Mitbewerber. Jeder, der bei Google ein Konto hat (oder mehrere) kann eine (oder mehrere) Rezension(en) schreiben. Eine Prüfung durch Google, ob der Bewerter tatsächlich Ihre Dienstleistung in Anspruch genommen hat, gibt es vorab nicht.

Wer eine aus seiner Sicht ungerechtfertigte Kritik erhält, ärgert sich zu Recht. Gleich einen Anwalt zu bemühen oder bei Google die Löschung zu beantragen ist meistens vergebene Liebesmüh.

Schlechte Bewertung – gute Reaktion

Auf eine unfaire Bewertung reagiert man am besten schnell und ruhig. Wer Herr der Lage bleiben will, vermeidet impulsive Reaktionen, GROßBUCHSTABEN (= anschreien) und ellenlange Erklärungen. Angriff ist nicht die beste Verteidigung. Stattdessen: Höflich und sachlich bleiben. Je besser Sie sich in der Antwort schlagen, desto seriöser und sympathischer wirken Sie. Werden in der Bewertung falsche Tatsachen behauptet, hilft eine objektive Klarstellung oder eine Gegendarstellung. Bieten Sie ein Gespräch an, um den Sachverhalt zu klären.
Reine Sternebewertungen ohne Kommentar

Sternebewertungen ohne Text sind für betroffene Unternehmen besonders bitter, weil man nicht weiß, warum der Verfasser eine negative Bewertung abgegeben hat und somit keine Stellung beziehen kann. Wer den Verdacht hat, dass es sich um eine Fake-Bewertung handelt, kann eine Prüfung und gegebenenfalls eine Löschung bei Google beantragen.

Zwar ist auch eine reine Sterne-Bewertung ohne Kommentar eine Meinungsäußerung und damit zulässig. Allerdings entschied das Landgericht Hamburg 2018, dass eine Meinungsäußerung unzulässig sei, wenn es für sie keinerlei Grundlage gibt, zum Beispiel wenn der Bewerter gar kein Kunde war (Urteil v. 12.01.2018, Az. 324 O 63/17). Auch das Landgericht Lübeck verpflichtete Google zum Löschen einer Negativ-Bewertung ohne weiteren Text und unter Verwendung eines falschen Namens, da Google seine Prüfpflichten verletzt habe (Urteil vom 13.06.2018, Az. 9 O 59/17).

In einem ähnlichen Verfahren hatte das Landgericht Augsburg anders entschieden, obwohl der Bewerter nachweislich kein Kunde des Klägers war (Urteil v. 12.01.2018, Az. 324 O 63/17).

Hass, Lügen, Beleidigungen und falsche Inhalte

Rechtssicherheit gibt es bei Rezensionen, die gegen geltendes Recht oder Richtlinien verstoßen und dem Ruf eines Unternehmens enorm schaden können. Werden nachweislich falsche Tatsachen behauptet oder enthält die Bewertung Beleidigungen oder herabwürdigende Aussagen, besteht ein Anspruch auf Löschung. Im ersten Schritt kann die Bewertung auf Google My Business über das „Fähnchen-Symbol“ direkt neben der abgegebenen Bewertung beanstandet werden. Erfolgt daraufhin keine Reaktion, kann die Beschwerde an die Rechtsabteilung erfolgen (Formular: http://bit.ly/2Z2Row1). Sollten Sie auch hier nicht weiterkommen, kann anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Ob sich dieser Aufwand lohnt, hängt vom Einzelfall ab. Meistens ist es einfacher, sich um positive Bewertungen zu bemühen.

Da sich eine Löschung durch Google hinziehen kann, sollte unbedingt gleichzeitig öffentlich auf die Google-Bewertung reagiert werden. Wer auf Hasskommentare einen schlagfertigen Konter bringt, kann auch punkten — siehe BVG-Tweet.

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Keine Bewertungen kaufen!

Was für ein verlockendes Angebot: „Unsere Bewertungen werden immer über mehrere Wochen/Monate von echten Menschen verteilt. Gerne auch mit Wunschtext.“ Wir raten Ihnen: Bleiben Sie fair und bei der Wahrheit. Bewertungen sollten immer authentisch sein. Teuer eingekaufte Rezensionen oder Bewertungen von der Familie oder Freunden lassen sich durch ein bisschen Recherche meist schnell als Fake-Bewertung identifizieren. Das hinterlässt einen bitteren Beigeschmack, bringt Ärger und macht unglaubwürdig.

Wir freuen uns übrigens sehr über eine positive Bewertung auf Google!

Bei Fragen, Kritik oder Anregungen wenden Sie sich gerne an mich: nbm@ivd.net