„Super Wood“ — Holzbau macht Mut

31. Oktober 2022


Holz ist als nachwachsender Baustoff aktuell wieder sehr gefragt. Große Lager- und Industriehallen, Büro- und Wohnhäuser, Schulen und Theater werden in hervorragender Architekten- und Ingenieurleistung aus Holz errichtet. Ein Umdenken beim Wohnungsbau hat eingesetzt. Worin liegen die Vorteile von Holzbau?

Von Peter Ameling

Die nachhaltige Nutzung von Holz stellt einen wichtigen Baustein zur Verminderung der Klimaerwärmung dar. Als Faustformel gilt: Ein Kubikmeter Holz hat beim Heranwachsen zirka eine Tonne CO2 aus der Atmosphäre entnommen und in den Zellen eingespeichert. Bleibt das Holz ungenutzt im Wald liegen, so wird es vermodern. Dann wird ebenso wie beim Verbrennen das klimaschädliche CO2 wieder an die Atmosphäre abgegeben. Kommen zur langfristigen Nutzung noch eine nachhaltige Forstwirtschaft und Verarbeitung hinzu, kann durchaus von „Super Wood“ im Vergleich zu den anderen Baustoffen gesprochen werden.

Die Forstwirtschaft

Der stetig nachwachsende Rohstoff Holz wird in einer guten Forstwirtschaft schonend entnommen. Dabei managt der Förster Zeitpunkt und Mittel der Holzgewinnung zum Vorteil des Bestandes und Ökosystems. Lassen etwa Umstände wie Geländesituation, Boden- und Wetterverhältnisse den Einsatz schwerer Maschinen nicht zu, wird mit Rückepferd und Kettensäge gearbeitet. Wer künftig große Bäume ernten möchte, muss heute schon kleine Setzlinge nachpflanzen. Auch die Pflege im Rahmen der notwendigen Durchforstungen ist wichtig. Holz aus derart nachhaltig bewirtschafteten Wäldern erhält dafür ein Siegel, wie zum Beispiel das PEFC.

Die Verarbeitung

Gelebte Nachhaltigkeit im Forst wird bei der Verarbeitung im Sägewerk fortgeführt. Der Hauptanteil des Baumstamms wird zunächst in Balken, Bohlen, Brettern und Latten zerteilt. Die Resthölzer werden für Paletten, Pellets sowie Briketts für den Ofen verwendet. Hobelspäne und Sägemehl dienen als Einstreu für Tiere und Rindenmulch wird bei der Gartenarbeit genutzt. Nicht zu verwendende Reststoffe gehen zur thermischen Verwertung ins eigene Kraftwerk — der für die Verarbeitung benötigte elektrische Strom und die Wärme für die Holztrocknung werden selbst produziert. Moderne Sägewerke arbeiten ohne fossile Brennstoffe, ja sie liefern sogar noch Strom und Wärme in die Nachbarorte. Der Hinweis auf die zu Ende gehenden Öl-, Gas-, Sand- und Kiesvorkommen sei mir an dieser Stelle einmal gestattet. Es wird Millionen Jahre dauern, bis neue Vorkommen entstehen, Holz wächst aber jeden Tag nach.

Der Bau

Das nachhaltig herangewachsene und verarbeitete Holz sollte nun seinen Platz in langfristig genutzten Gebäuden finden, wo es einen der mineralischen Baustoffe ersetzt, die mit fossilen Brennstoffen produziert würden. Gas und Öl werden somit eingespart und zugleich wird CO2 eingelagert. Eine Spanplatte mit hohem Kleberanteil, kunststoffbeschichtet für eine glatte Oberfläche, die nur einmal zum Einschalen einer Betondecke genutzt wird, bewirkt aber das genaue Gegenteil.

Die Nutzung

Wer die Verwendung von Holz im Hochbau plant, sollte auf die Langlebigkeit achten, und schon heute müssen wir den möglichen Rückbau einplanen. Bauteile sollten bewusst miteinander verschraubt und nicht genagelt werden, was durchaus etwas teurer und aufwändiger ist. Aber dadurch können diese Bauteile auch nach Jahrzehnten wieder leicht demontiert werden, ohne sie dabei zu zerstören. Bei der Demontage wird also wertvolles Baumaterial zurückgewonnen. Für den Fall, dass ausgebaute Holzbauteile nach dem Rückbau nicht passend weiter genutzt werden können, ist schon heute ein Verfahren entwickelt worden, um kleine, gebrauchte Bauteile wieder kraftschlüssig miteinander zu neuen, größeren Trägern zu verbinden. Ein erstes Verfahren dazu ist momentan in der Zulassung. Damit steht einer zweiten oder dritten Nutzung nichts mehr im Wege, dann ist es eben „Super Wood“. Wer alte Fachwerkhäuser genau betrachtet, wird dort Hölzer finden, die genauso genutzt wurden. Dieses Vorgehen müssen wir für das Bauen von morgen schon heute wieder ermöglichen.

Am hoffentlich späten Ende der Nutzung steht einer thermischen Verwertung nichts im Wege, denn Holz ist nach Jahrhunderten immer noch der gleichwertige Energieträger wie zur Erntezeit. Massive Holzbausysteme für den Geschosswohnungsbau kommen nun an den Markt. Neben den genannten Umweltaspekten bieten diese Verfahren sowohl dem Bauherrn als auch dem Bewohner Vorteile. Zinslose Kredite und Zuschüsse, die direkt an den Holzeinsatz gekoppelt sind, können genutzt werden.

Das Wohnraumgefühl

Ein Wohnraumgefühl wie in einem Blockhaus bringt das massive Holzbauverfahren als Pluspunkt für den Bewohner mit sich. Im Winter ist der behagliche Wärmekomfort des Holzes spürbar und wird sich auch bei den Heizkosten bemerkbar machen. Denken Sie bitte einmal an zwei Gartenbänke, eine aus Holz, die andere aus Beton. Welche Bank werden Sie an kalten Tagen auswählen? Und an heißen Sommertagen? Dann hält die große Holzmasse die Raumtemperatur für lange Zeit niedriger als in vergleichbaren Leichtbauten.

Die Welt muss nicht nur aus Beton und Putz bestehen. Unsere Kinder und Enkelkinder werden es zu schätzen wissen.

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