Über Ferienimmobilien, emotionale Renditen und unterschätzte Risiken

5. August 2019


Über Ferienimmobilien kann man als IVD-Mitglied aus zwei Perspektiven nachdenken. Einerseits könnte man, wie jede Privatperson, darüber nachdenken, Immobilieneigentum im Ausland zur Eigennutzung oder Vermietung zu erwerben. Andererseits laufen die deutschen Immobilienmärkte gerade heiß, so dass man vielerorts im Dilemma steckt, jede Immobilie 30 Mal verkaufen zu können, wenn nicht deren Akquise so schwierig wäre. Gerade hier könnten Ferienimmobilien, auch vor dem Hintergrund der schwebenden Debatte um das Bestellerprinzip, Möglichkeiten für neue Geschäftsfelder bieten. Ein Blick auf die Schweiz, auf Österreich und die Balearen.

Von Prof. Dr. Marco Wölfle

Auch wenn die zweite Perspektive wichtiger erscheint, die schlechte Nach­richt vorneweg. Egal, ob Makler, Verwalter oder Sachverständiger, eine Tätigkeit im Bereich von Ferien­immobilien im Ausland wird meist unter­schätzt. Das Problem ist selten Dummheit oder Willkür, sondern eher ein wenig Betriebsblindheit. Genau­­so unterschiedlich wie einzelne Immobilien sind auch deren nationale Märkte. Nicht wenige haben aus der Gewohnheit an deutsches Immobilienrecht, im Ausland viel Lehrgeld bezahlt. Nimmt man allein das Nachbarland Schweiz, so wird man hier ein massiv anderes Mietrecht vor­finden, in dem bei Leitzinssenkungen auch Vermietungserlöse sinken. In der Schweiz sind Zinsen auch bei selbstgenutzten Immobilien abzugs­fähig. Demgegenüber muss aber auch bei vollständig getilgten Immobilien ein Wohnwert versteuert werden. Nicht zu vergessen ist aber eine ganze Reihe von Gesetzen wie die Lex Koller, die es Ausländern schwierig machen, Immobilien in der Schweiz zu erwerben. Manche Feriendomizile wie Grindelwald machen es sogar Schweizer Staatsbürgern schwierig, Immobilien­eigentum als Zweitwohnsitz zu erwerben, obgleich sie mehrere Elterngenerationen im Ort nachweisen können.

Die umgangssprachliche Spekulations­frist von zehn Jahren sucht man auch in Österreich vergeblich. Dort gibt es zwei steuerliche Wege, wie sich ein möglicher späterer Verkauf (mit und ohne Gewinn) steuerlich auswirken kann. Kompliziert wird das, wenn man die deutsche Steuerprogression gewöhnt ist. Kurzum bietet bereits der kulturell und in ähnlicher Rechtstradition gestaltete deutschsprachige Raum Hürden, die eine qualifizierte Beratung und Unterstützung deutscher Kunden nicht ganz einfach machen. Bei einer Betätigung im Ausland ist es sicher empfehlenswert, sich mit ortsansässigen Profis zusammenzutun oder anderweitig auf Erfahrungen Dritter zurückgreifen zu können. Ganz sicher ist auch die Zulassung zu prüfen. Denn in wenigen Ländern ist die Aufnahme einer immobilienwirtschaftlichen Tätigkeit so frei möglich wie in Deutschland.

Greift man aber beispielsweise das „Siebzehnte Bundesland“ heraus, so wird schnell deutlich, dass nicht nur Mallorca, sondern die Baleareninseln insgesamt mehr zu bieten haben als Ballermann und Partymeile. Die Inseln sind von der Sache her immobilienwirtschaftlich inte­ressant, weil gerade Mallorca logistisch teilweise schneller erreichbar ist, als innerdeutsche Verbindungen. Die Insel wird täglich mehrmals von den relevanten deutschen Flughäfen bedient und auch kleinere Orte sind zumindest zu Saison­zeiten regelmäßig verbunden.

Um in gewohnten Kategorien zu denken, lohnt immer der Vergleich mit dem Heimatmarkt. So betrug 2018 der durch­schnittliche Quadratmeterkaufpreis auf Mallorca rund 5.000 Euro. Für Münchner Verhältnisse handelt es sich dabei schon um ein Schnäppchen, während Käufer aus Städten, die sich nach den Deutschen Top 7 einreihen dieses Preisniveau im Vergleich zum Heimatmarkt im oberen Drittel einsortieren würden. Schnäppchen gibt es vor allem in der Inselmitte, im Norden oder Süden, wo die Preise sich zwischen 3.000 und 4.000 Euro einreihen. Deutlich teurer ist die Region um Palma und der Südwesten mit über 6.000 Euro und Spitzenpreisen, die für einzelne Top­Objekte auch fünfstellige Euro-Werte er­reichen können. Dieses eher an München erinnernde Preisniveau erreicht man auch auf Ibiza. Die Insel macht aber flächenmäßig auch nur ein Drittel von Mallorca aus und bietet damit weniger für Wanderer und Radfahrer, sondern mehr im Badebereich.

Aufholpotential und deutlich mehr Aus­wahl im Vergleich zu Ibiza ergibt sich möglicherweise auf Menorca. Hier wurden 2018 rund ein Fünftel aller Immobilien auf den Balearen angeboten und das zu rund 2.300 Euro je Quadratmeter. Die Insel erscheint daher wie ein Schnäppchen im Vergleich zu den Schwesterinseln, aber auch zum deutschen Markt. Bedenken muss man hier jedoch, dass die Flug­verbindungen nicht ganz so zahlreich und die Versorgung außerhalb touristischer Zeiten nicht ganz so lücken­los sind.

Welche Besonderheiten gibt es noch? Gerade bei Immobilien für die Sommer­ferien sind Pool und Meeres­zugang ent­schei­dende Krite­rien. Auf Menorca macht ein Pool nur 3 Prozent Stei­gerung des Durchschnittspreises aus. Eine Lage in der ersten Meereslinie schlägt mit 46 Prozent zu Buche. Auf Ibiza sind Zuschläge für Pool und erste Meereslinie mit 12 Prozent und 33 Prozent zwar prozentual nicht weit entfernt, beziehen sich aber auf ein deutlich höheres Preisniveau. Die deutlichsten Unterschiede ergeben sich aber auf Mallorca, wo schon ein ordentlicher Pool Preisaufschläge um 20 Prozent ausmacht und der immer knapper werdende direkte Meereszugang 94 Prozent im Quadrat­meterpreis ausmacht. Bei derart starken Preisdifferenzen gilt also weiterhin eine Regel, die sich auch auf dem deutschen Immobilienmarkt bewährt: Geduld und Durch­haltevermögen, das richtige Objekt zu finden, haben Vorrang vor Schnell­schüssen.

 

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