Umgang mit Geschäftsschließungen während der Covid-19-Pandemie

31. Mai 2022


Das Mietrecht kommt nicht zur Ruhe. Da sind die gesetzlichen Änderungen, wie unter anderem der Pflicht zur monatlichen Mitteilung über Heizkosten, die Verpflichtung zur Nachrüstung von Fernablesegeräten, dass zum 1. Juli 2022 in Kraft tretende Gesetz zur Reform des Mietspiegelrechts und den überaus ambitionierten Aufgaben der Ampel-Regierung, die im Koalitionsvertrag verankert sind, zu beachten. Zudem sind brandaktuelle und praxisrelevante Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) relevant — zum Beispiel zur Corona-Pandemie und dem Telekommunikationsgesetz.

Von Rechtsanwältin Ricarda Breiholdt on Rechtsanwältin Ricarda Breiholdt on Rechtsanwältin Ricarda Breiholdt

Für jeden Gewerberaummieter und-vermieter ist die Grundsatzentscheidung des XII. Zivilsenats vom 12. Januar 2022 (XII ZR 8/21) ein echter Leitfaden, wie mit den staatlich angeordneten Geschäftsschließungen während der Covid-19-Pandemie umzugehen ist.

Corona-Pandemie und Miet-Anpassungen

Grundsätzlich kann ein Anspruch des Mieters auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht kommen. Maßgeblich sind jedoch sämtliche Umstände des Einzelfalls. Der BGH nennt einzelne Kriterien, die für eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen herangezogen werden können. Hierzu gehören die finanziellen Vorteile, die der Mieter aus staatlichen Leistungen, wie zum Beispiel den geleisteten Überbrückungsgeldern, erlangt hat beziehungsweise hätte erlangen können, dies mit Ausnahme derjenigen Leistungen, die auf Darlehensbasis gewährt sind.
Gegenüberzustellen sind vom Mieter die konkreten Umsatzrückgänge der Filiale, nicht des Gesamtkonzerns, wobei darzulegen ist, dass die Verluste pandemiebedingt sind. Hierzu wird der Mieter in der Regel auch die Umsätze aus den Vorjahren als Vergleich heranziehen müssen. Zu fragen ist zudem, ob im Einzelfall der Mieter hätte Maßnahmen ergreifen können oder müssen, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern. Auch auf die Interessen des Vermieters stellt der BGH in seiner Entscheidung ab, wie zum Beispiel einer Vollfinanzierung des Mietobjekts. Nach dem BGH kann auch die vollständige Mietzahlung im weiteren Verlauf der Pandemie Zweifel an der Erheblichkeit des Umsatzrückgangs und damit an der Unzumutbarkeit aufwerfen.

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Hochzeitsfeier abgesagt

In einem anderen Covid-19-Fall, der vom BGH am 2. März 2022 (XII ZR 36/21) entschieden ist, erachtet der BGH auch weniger einschneidende Mittel als eine Anpassung der Miete für angemessen. In dem entschiedenen Fall haben die Mieter die von ihnen bereits geleistete Zahlung der für ihre Hochzeitsfeier angemieteten Räume, die wegen der Covid-19-Pandemie abgesagt werden musste, vom Vermieter zurückverlangt. Das Amtsgericht Gelsenkirchen hatte die Klage abgewiesen; das Landgericht Essen hatte das Urteil abgeändert und den Vermieter zur Rückzahlung der hälftigen Miete verpflichtet.

Das Berufungsurteil ist vom BGH aufgehoben und die Klage abgewiesen worden. Dabei macht der BGH deutlich, dass allein die durch die Covid-19-Pandemie erfolgte Geschäftsschließung nicht bedeutet, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete verlangen kann. Vielmehr kann sich ein Anpassungsanspruch auch darauf beschränken, dass die Hochzeitsfeier auf einen Ausweichtermin verlegt wird. Vorliegend hatte der Vermieter bereits eine Vielzahl von Ausweichterminen angeboten. Auch diese Entscheidung zeigt, dass sich eine schematische Lösung der sogenannten Covid-19-Fälle verbietet.

Im Umgang mit dem neuen TGK

In Bezug auf das neue Telekommunikationsgesetz (TKG), dass seit dem 1. Dezember 2021 gilt, stellt der BGH in seiner Entscheidung vom 18. November 2021 (I ZR 106/20) fest, dass eine Bindung des Mieters an einen vom Vermieter bereitgestellten Kabelanschluss nicht gegen das Gesetz verstößt, dies allerdings ausschließlich nach der derzeit geltenden Rechtslage.

Seit dem 1. Dezember 2021 gelten jedoch die gesetzlichen Neuerungen, die binnen einer Übergangsfrist bis zum 1. Juli 2024 erfüllt sein müssen; im Einzelnen wie folgt:

  • Für Mietverträge, die vor Inkrafttreten des TKG am 1. Dezember 2021 bereits bestanden, ändert sich zunächst nichts. Die darin festgelegten Kabelgebühren laufen bis zum 30. Juni 2024 weiter, ohne dass der Mieter oder Vermieter sie einseitig kündigen kann (§ § 71 Abs. 1 S. 1 und 3 TKG).
  • Nach dem 1. Juli 2024 dürfen die Kosten für das Kabelfernsehen nicht mehr auf den Mieter umgelegt werden. Auf diesen Zeitpunkt sollten sich die Vermieter und Verwalter bereits jetzt schon vorbereiten und ihre Einzel- und/oder Sammelverträge mit ihren Anbietern rechtzeitig vorher kündigen.
  • Für Neu-Mietverträge, also Verträge, die nach Inkrafttreten des TKG geschlossen sind oder werden, darf der Vermieter die Kabelgebühren grundsätzlich noch weiter auf den Mieter umlegen. Es gilt jedoch auch hier die Übergangsfrist bis zum 1. Juli 2024.

Das Gesetz sieht auch Ausnahmen vor, in dem die Umlage der Kabelgebühren auf den Mieter entfällt. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Vermieter die Verteilanlage für das Breitbandnetz nach dem 30. November 2021 errichtet hat.
Wie eingangs ausgeführt, kommt das Mietrecht nicht zur Ruhe. Für jeden Eigentümer, Verwalter und Makler ist es daher essentiell, sich auch weiterhin über die gesetzlichen Neuerungen und die höchstrichterliche Rechtsprechung auf dem Laufenden zu halten.

Foto: © Joe Miletzki