Vom Problemobjekt zum modernen Wohnhochhaus

15. August 2018


In der Immobilienbranche wird kaum ein Begriff derart in Extremen gedacht wie das Wohnhochhaus. Die einen denken an Luxusimmobilien, aufwendiges Marketing und gesalzene Quadratmeterpreise – andere sehen heruntergekommene Plattenbauten und Waschbeton vor ihrem geistigen Auge.

Von Thomas Meyer

Obwohl beide Bilder überzeichnet sind, zeigt sich deutlich: In Deutschland mangelt es an Wohnhochhäusern für die Mittelschicht, die weder Prestigeobjekte noch vermeintliche Brennpunkte sind.

Wer heutzutage ein Wohnhochhaus als Neubau plant, sieht sich mit steigenden Baukosten und Bodenpreisen konfrontiert. Viele tendieren daher zum höheren Preissegment und dem Verkauf von Eigentumswohnungen, um diese Kosten zu kompensieren. Der Neubau von Wohnhochhäusern ist jedoch häufig auch ein rechtliches und planerisches Problem. In den meisten deutschen Städten sind entsprechende Gebäude nur in wenigen Vierteln möglich – und diese liegen meist recht weit vom Stadtzentrum entfernt. Das ist als Maßnahme zum gestalterischen Schutz der Innenstädte von der Politik durchaus so gewollt. Die Baufertigstellungszahlen sind entsprechend niedrig: In den Jahren 2010 bis 2015 waren es weniger als 2.500 Wohneinheiten in Hochhäusern. Es gibt allerdings eine praktikable Alternative: die Revitalisierung von in die Jahre gekommenen Bestandsobjekten. Eine mühselige Aufgabe. Schließlich sind die meisten dieser Immobilien zwischen den 60er und 80er Jahren entstanden – dementsprechend altbacken ist die gesamte Gebäudetechnik und es herrscht zudem oft ein jahrelanger Instandhaltungsstau. Wenn dann während der Sanierung der bisherige Mieterbesatz gehalten werden soll, müssen die Mieter mitunter mehrere Wochen ausquartiert werden, was eine Ausweichwohnung sowie termingenaues Arbeiten erfordert.

Dennoch haben solche Immobilien Potenzial: Bauweise und Grundrisse sollten schon damals vor allem effizient sein. Zum ersten Mal kamen modulare Bauweisen in großem Stil zum Einsatz, die Wohneinheiten fielen klein und funktional aus. Während diese Wohnungen ursprünglich für Familien geplant waren, entsprechen sie jetzt den Bedürfnissen von Ein- oder Zweipersonenhaushalten mit mittleren Einkommen. Häufig müssen daher neben der Sanierung nur wenige Dinge – wie die mögliche Nachrüstung mit Einbauküchen – geändert werden. Somit tragen entsprechende Projekte einen wichtigen Teil zur Quartiersentwicklung bei, ohne dass gleichzeitig von der Politik eine fortschreitende Gentrifizierung befürchtet werden muss.

Aus Investorensicht ergeben sich neben der Marktgängigkeit eines solchen Projekts oftmals auch Renditevorteile. Schließlich sind die Kaufpreise für ein infrage kommendes Hochhaus in der Regel noch nicht überhitzt. Für die Komplettsanierung eines in die Jahre gekommenen Wohnturms ist zudem ein hoher Multiplikator kein Ausschlusskriterium. Viel stärker fallen Lage und Flächenzuschnitt sowie die Chancen zur Wertsteigerung ins Gewicht. So können auch vermeintliche Problemobjekte durch ein geeignetes Konzept dem bezahlbaren Mietmarkt zugeführt werden und einen hohen Vermietungsstand erreichen. Dies führt zu einem stabilen Cashflow und letztlich zu einer guten Wertänderungsrendite.

Für Anleger ist dies also eine Variante, auch an denjenigen Standorten zu investieren, die im Segment der Bestands- und Neubauimmobilien bereits ein Preisplateau erreicht haben. Neben Forward Deals bieten Revitalisierungen von größeren Wohnobjekten daher die Möglichkeit, auch bei steigender Renditekompression ein performancestarkes Objekt an einem etablierten Standort zu erwerben. Damit stellen sie einen wichtige Alternative zur Ausweichbewegung in C-Städte mit teilweise negativen demografischen Entwicklungstendenzen dar.

Drei Dinge müssen jedoch beachtet werden. Erstens: Transparent agieren und in den Dialog mit den Bestandsmietern treten. Schließlich ist der gesamte Erfolg des Vorhabens von ihrer Kooperation abhängig. Zweitens: Feste Geschäftsbeziehungen mit lokalen Maklern eingehen, um Zugang zu den infrage kommenden Objekten zu erhalten. Und drittens: Die eigenen Kompetenzen ausbauen. Denn oft wird der Unterschied zwischen einer Schrottimmobilie und einem vielversprechenden Revitalisierungsprojekt erst im Rahmen einer fachmännischen Analyse deutlich.