Vorsprung durch Wissen

3. Januar 2018


Geschwindigkeit ist für Immobilieninvestoren per se ein schwieriges Thema. Denn Immobilien stehen Jahrzehnte an derselben Stelle; einige sogar über Jahrhunderte. Wie ein Fels in der Brandung überdauern sie selbst stürmische und turbulente Zeiten. Diese Beständigkeit macht einen großen Teil ihres Charmes aus. Kein Wunder, dass viele Menschen sich für sie begeistern. Von Jakob Mähren 

Vielleicht färbt diese Ruhe, die Immobilien innewohnt, auf ihre Eigentümer ab. Warum muss ein Deal heute noch abgeschlossen werden, wo doch das Objekt in Tagen, Wochen und Monaten noch ganz genau so dasteht?

Mein Glück war vielleicht, dass ich mich zu Beginn meiner Karriere nicht nur für Immobilien begeisterte. Auch für mobile Endgeräte wurde meine Leidenschaft in diesen Jahren geweckt. Mein ganzer Stolz war ein Blackberry der neuesten Generation. Ich merkte schnell, dass ich keinen Vertreter der Immobilienbranche kannte, der ähnlich schnell wie ich auf alle Marktangebote zugreifen konnte. Schneller als jeder andere konnte ich mir neue Objekte ansehen und einschätzen, ob ein Deal sinnvoll ist.

Nun liegen die großen Zeiten von Blackberry schon ein paar Jahre zurück. Doch an der Bedeutung der Geschwindigkeit hat sich nichts geändert. Im Gegenteil. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Märkte inzwischen von einer bisher nicht gekannten Volatilität gekennzeichnet sind. Einschätzungen, die kaum noch einer anzweifelt, verkehren sich ganz plötzlich ins Gegenteil. Trends drehen abrupt in andere Richtungen ab. Demoskopen versagen. Sicher geglaubte Ereignisse finden nicht oder ganz anders statt.

Beispiele dafür gibt es genug. So wurden noch in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts fleißig die bösen Folgen einer schrumpfenden Bevölkerung in Deutschland ausgemalt. Im Jahr 2015 stieg die Zahl der Deutschen jedoch um knapp 980.000 Menschen auf 82,2 Millionen an — immerhin ein Plus von 1,2 Prozent. Die plötzliche und massenhafte Einwanderung von Menschen aus Krisenregionen hatte kaum einer vorhergesehen. Ostdeutsche Städte, die seit 25 Jahren schrumpften, wachsen wieder. An den Brexit wollten die meisten nicht glauben, jetzt ist er da. Die Präsidentschaft von Donald Trump war im Jahr 2000 noch ein Gag bei den Simpsons und noch kurz vor der Auszählung der Stimmen von Wahlforschern für unwahrscheinlich gehalten worden. Auch in Deutschland ereilen uns Reformen, die Investoren zum Umdenken zwingen — die Mietpreisbremse und die Umwandlungsverordnung haben uns das gelehrt.

An den Immobilienmärkten können solche Ereignisse von heute auf morgen ganz neue Rahmenbedingungen setzen. Der Deal, den wir in der vergangenen Woche noch als genial gefeiert haben, kann schnell wieder fragwürdig erscheinen.

Aber welche Lehren können Immobilieninvestoren aus dieser neuen Schnelllebigkeit ziehen? Wollen wir noch länger über jedes Investment nachdenken? Noch mehr Informationen einholen? Noch mehr Meinungen von Experten abwägen? Wohl kaum. Zaudern ist die schlechteste Antwort auf die Herausforderungen in volatilen Zeiten. Noch schlimmer als eine Fehlentscheidung ist gar keine Entscheidung. Eine Fehlentscheidung lässt sich korrigieren, gar keine Entscheidung bedeutet Stillstand.

Ein Immobilieninvestor muss über Fachwissen verfügen, Informationen sammeln, Prognosen kennen sowie bei Angebot und Nachfrage auf dem allerneuesten Stand sein. Doch das alles macht ihn noch lange nicht zu einem guten Immobilieninvestoren. Die entscheidende Qualität ist vielmehr das Gespür für den richtigen Zeitpunkt eines Deals. Wie aber wollen wir dieses Gespür entwickeln, bewahren und trainieren, wenn Bedenken an erster Stelle stehen und zu einem generellen Abwarten führen?

Die Antwort auf die Volatilität dieser Zeit heißt Tempo. Schneller Chancen erspähen, schneller Deals über die Bühne bringen — aber auch schneller Konsequenzen ziehen und Strategien anpassen, wenn sich Rahmenbedingungen verändern.
Die Mähren AG hat ihren Sitz und ihre Wurzeln in Berlin. Diese Stadt weist die Richtung für den deutschen Immobiliensektor. In einer Geschwindigkeit, die nicht allen Marktteilnehmern angenehm ist, müssen hier Investment-Ziele verändert werden. Noch vor Kurzem waren es Innenstadtlagen, die am attraktivsten erschienen. Heute sind es äußere Bezirke, die vielfach höhere Renditen versprechen. Und vielleicht werden sich morgen schon die Blicke auf das Umland konzentrieren — vielleicht. Denn eines haben wir gelernt: Wir wissen nicht, was morgen passiert, wir wissen nur, dass wir uns schnell drauf einstellen müssen.

 

2017 11 17 JM 116 M
Jakob Mähren Vorstandsvorsitzender, Mähren AG