WEG-Reform verzögert sich

7. August 2020


Anders als zunächst geplant wird die Novelle des Wohnungseigentumsrechts erst nach der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet. Bis dahin sollen noch Änderungen in den Gesetzentwurf einfließen. Unklar ist, ob der Sachkundenachweis für Verwalter kommt. Um die Änderungswünsche und strittigen Punkte auszuräumen, treffen sich die Berichterstatter der Bundestagsfraktionen derzeit zu internen Gesprächen.

Von Annett Engel-Lindner

Die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) verschiebt sich weiter nach hinten. Nach der ursprünglichen Planung sollte der Gesetzesentwurf Mitte Juni 2020 im Bundestag endgültig verabschiedet werden, so dass sich Anfang Juli der Bundesrat abschließend mit der WEG-Reform befasst hätte. Angesichts der zahlreichen Änderungsvorschläge, die sich im Zuge der ersten Lesung ergeben haben, wurde der Termin nun aufgehoben. Frühestens am 7. September 2020 wird der Bundestag die Beratungen fortsetzen können.

Der Immobilienverband Deutschland IVD bedauert die Verzögerung des Gesetzgebungsverfahrens, sieht darin aber auch eine Chance, dass bislang nicht im Gesetzesentwurf berücksichtigte Aspekte beziehungsweise Unklarheiten abgeändert oder revidiert werden.

Uneinigkeit besteht derzeit im Kreise der Berater und Sachverständigen sowie der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Verbände über die geplante Erweiterung der Entscheidungs- und Vertretungsbefugnisse des Verwalters. Nach dem Gesetzesentwurf soll der Verwalter künftig in eigener Verantwortung über Maßnahmen entscheiden können, über die eine Beschlussfassung durch die Eigentümer nicht geboten ist. Zudem soll der Verwalter aus Gründen der Rechtssicherheit im Außenverhältnis eine unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht für die Gemeinschaft erhalten. Im Innenverhältnis sollen die Eigentümer allerdings die Möglichkeit haben, Aufgaben und Befugnisse des Verwalters zu begrenzen. Der IVD begrüßt diese Gesetzesänderungen grundsätzlich, sieht aber Nachbesserungsbedarf hinsichtlich der Einführung einer generalklauselartigen Aufgabenzuweisung. Hier sollten jedenfalls Regelbeispiele den Pflichtenkreis der Verwalter im Wesentlichen beschreiben.

Umstritten ist derzeit zudem auch die Frage, für welche Beschlüsse künftig welche Mehrheiten erforderlich sein sollen und ob die Pflichtversicherungssumme für Verwalter von 500.000 Euro auf eine Million Euro aufgestockt wird. Offen ist bislang ebenfalls, wie bei den Erleichterungen für bauliche Maßnahmen so nachgebessert wird, dass Modernisierungsstaus beseitigt und alle Eigentümer in angemessener Form daran beteiligt werden können. Mit dem Gesetzesentwurf sollten weitreichende Änderungen und Erleichterungen im zentralen WEG-Prozess der Beschlussfassungen, insbesondere bei baulichen Veränderungen und Modernisierungen, vorgenommen werden. Dies begrüßt der IVD sehr und geht auch weiterhin davon aus, dass die geplante weitgehende Öffnung der Beschlusskompetenzen aufrechterhalten bleibt.

Ein zentraler Streitpunkt ist des Weiteren, ob im Zuge der WEG-Reform ein verpflichtender Sachkundenachweis für gewerbliche Verwalter eingeführt wird. Für einen Sachkundenachweis hatten sich in der ersten Lesung im Bundestag Abgeordnete mehrerer Parteien ausgesprochen. Dies war auch das Ergebnis der am 3. März 2020 von IVD und BVI veranstalteten WEG-Konferenz. Der IVD fordert die Einführung eines Sach-und Fachkundenachweises seit vielen Jahren. Es erscheint allerdings sinnvoll, eine Regelung nicht in das vorliegende Gesetz einzubinden, sondern dies thematisch sinnvoll und zeitnah in der Gewerbeordnung zu verankern.

Der zeitliche Aufschub des Gesetzgebungsverfahrens bietet aus Sicht des IVD aber auch große Chancen, das Gesetz zukunftsfähig zu machen. So sollte es den Eigentümern künftig möglich sein, die fortschreitenden Digitalisierung zu nutzen und so insbesondere Eigentümerversammlungen auch in digitaler Form durchführen zu können. Vom grundsätzlichen Prinzip der Präsenzversammlung sollte Abstand genommen werden. Die Schaffung einer Beschlusskompetenz der Eigentümer dahingehend, über die individuellen technischen und medialen Voraussetzungen selbst zu entscheiden, erscheint als zeitgemäß und wird den Interessen der teilweise heterogenen Gemeinschaften eher gerecht.

Der IVD hält es trotz der derzeitigen Meinungsverschiedenheiten für sehr wahrscheinlich, dass das Gesetz noch in diesem Jahr in Kraft treten wird.

 

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