Weniger Krisenanfälligkeit durch permanentes Anpassen der Prozesse

15. Juli 2020


Der Firma Garcia Immobilien aus dem Landkreis Olpe konnte die Coronakrise bisher nichts anhaben. Geschäftsführer Pedro Garcia steht für das Erfolgsrezept „Arbeiten am Unternehmen, nicht im Unternehmen“. Im Interview verrät er, wie wichtig es ist, Geschäftsbereiche sauber zu trennen, Prozesse ständig zu verbessern und die Digitalisierung dort, wo es möglich ist, voranzutreiben.

Interview von Sandra Borchert

AIZ: Die Coronakrise hat inzwischen auch die Immobilienbranche erreicht. Der April 2020 soll der umsatzschwächste Monat seit 2012 gewesen sein. War das bei Ihnen ähnlich?

Garcia: Gott sei Dank nicht! Bis jetzt sind wir vollkommen im normalen Bereich. Wir haben alle Ziele erreicht, die wir uns gesetzt hatten, und sind auch jetzt, was diesen Monat und den Juni angeht, sehr guter Dinge. Die Stimmung insgesamt ist ein bisschen getrübt. Man spürt das Thema Corona. Aber die Aufgaben und die Aufträge, die wir abwickeln, sind nach wie vor alle da und werden auch umgesetzt.

Sie sind bekannt dafür, an Ihrem Unternehmen und nicht in Ihrem Unternehmen zu arbeiten, um immer wieder die Prozesse zu verbessern. Wie machen Sie das?

Bereits vor knapp 15 Jahren haben wir für uns den entscheidenden Knoten zerschlagen und erkannt, dass es Sinn macht, das Unternehmen in einzelne Geschäftsbereiche aufzuteilen. Da orientieren wir uns an der Makeln21-Struktur. Dadurch sind wir in der Lage, Probleme oder Aufgabenstellungen zuzuordnen. Wenn es jetzt um das Thema Corona geht, wissen wir: Das betrifft vor allem den direkten Umgang mit unseren Eigentümern und Interessenten. Wir prüfen nun genau alle Geschäftsbereiche, um zu sehen, an welcher Stelle wir vielleicht etwas ändern oder anpassen müssen.

Wie genau können wir uns diese Struktur vorstellen?

In unserer Firma gibt es sieben Bereiche. Ich stelle mir das vor wie einen Kleiderschrank. Sie haben die sieben Türen: Eigentümergewinnung, Auftragsgewinnung, Leistungserbringung, Management, Führung, Marketing, Finanzen. Und innerhalb der Skala gibt es einzelne Schubladen wie beispielsweise Businessplanung, strategisches Marketing, Finanzen, Controlling, Personalwesen.

Diese Prozesse sind intern. Dann kommen die operativen, mit denen man sich in der Regel hauptsächlich beschäftigt. Die sogenannte Akquise. Die Bewertung, die Vermarktungsempfehlung und dann die weiteren Vertriebsprozesse.

Welche Prozesse sind innerhalb dieser Struktur digital und welche sind noch analog?

Wir haben gefühlt eine hohe Digitalisierungsrate. Gleichzeitig legen wir großen Wert auf persönliche Kontakte. Natürlich ist es unerlässlich, Menschen persönlich zu beraten und zu betreuen. Aber alles andere läuft digital. Da haben wir uns schon vor Jahren sehr gezielt entschieden, möglichst viele Wege im Vorfeld digital gehen zu können, um die Zeit und die Ressourcen zu nutzen und den persönlichen Kontakt sehr intensiv zu pflegen.

Gerade bei der Umsetzung der Digitalisierung benötigt man so einige Hilfsmittel. Für welche haben Sie sich entschieden?

Wir nutzen natürlich sehr stark mobile Endgeräte und deren Kernfunktionen. Wenn wir zum Beispiel beim Kunden sind, nehmen wir die Unterlagen nicht mehr mit zurück ins Büro, sondern fotografieren diese direkt vor Ort ab und laden die Dokumente dann in eine Cloud hoch. Wir nutzen die Videotelefonie. Wir nutzen 360-Grad-Rundgänge. Wir nutzen Online-Immobilienbewertungen für die Kunden.

Für uns geht es um Geschwindigkeit und auch Bequemlichkeit. Unsere Mieter sind sehr dankbar dafür, dass sie zur Besichtigung nicht in einer Schlange stehen müssen, sondern schon vorab sehr individuell viele Informationen mit uns austauschen können. Mit Ämtern und Notaren in unserer Region kann man sich ebenfalls digital austauschen und Dokumente beschaffen. Auch beim Thema Finanzierung kann man digital schon einiges machen.

Was, denken Sie, machen Sie anders als andere? Wenn es um die Prozesse im Unternehmen geht?

Die Prozesse und Abläufe im Unternehmen zu pflegen, auszubauen, zu entwickeln — das sind für uns keine Lippenbekenntnisse, sondern es gehört zur DNA der Firma. Deswegen sind wir da auch aktiv und denken noch immer in den Prozessen. Gerade wenn es um Veränderungen geht. Wir haben uns schon relativ früh im Team dazu bekannt und prüfen auch immer wieder, ob das, was wir für uns festgelegt haben, nach wie vor Bestand hat und passt. Das ist, denke ich mal, das Entscheidende.

Mal abgesehen von Ihren durchstrukturierten Prozessen, was denken Sie macht Sie in Ihrer Region so erfolgreich?

Wir sind der kleinste Landkreis in Nordrhein-Westfalen. Der Kreis Olpe. Aber ich denke, wir profitieren von einem traditionell schon sehr lange hier ansässigen und gut entwickelten mittelständischen Unternehmertum. Das sorgt für Wohlstand und dafür, dass man in Immobilien investieren kann, was auch sehr viele tun. Das eigene Wohnhaus ist hier stärker verbreitet als vielleicht zur Miete zu wohnen.

Dazu kommen natürlich auch die Vorzüge einer ländlichen Lage. Wir sind sehr naturbelassen. Außerdem liegen wir trotz der Nähe zu den Oberzentren Rheinland, Ruhrgebiet, oder auch dem etwas weiter entfernten Rhein-Main-Gebiet, noch in einem bezahlbaren Bereich. Dennoch hat man die Möglichkeit, durch die Nähe zu den Oberzentren die Dinge in Anspruch zu nehmen, die in den kleinstädtischen, ländlichen Gegenden fehlen.

 

Foto: © Pedro Garcia