Wenn Praxiswissen auf Politik und Verwaltung trifft

26. Oktober 2023


Ob im Brüsseler Europaviertel oder im Berliner Kanzleramt – der IVD ist im steten Dialog mit politischen Repräsentanten und Entscheidern. Dabei läuft der Immobilienunternehmer-Verband die sprichwörtlichen offenen Türen ein, was bei den Gesprächen der Mietglieder des IVD-Präsidiums und des Bundesvorstands im politischen Brüssel zu erleben war. Auf Einladung des Bundeskanzlers Olaf Scholz nahm IVD-Präsident Dirk Wohltorf auch am Spitzentreffen des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum im Kanzleramt teil und ergriff dort das Wort.

Von Stephen Paul

Hier wie dort besteht großes Interesse an den Themen und der Sichtweise der Immobilienwirtschaft, etwa zur EU-Gebäuderichtlinie EPBD oder an Maßnahmen, um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln.

In Brüssel intensivierten IVD-Präsidium und Bundesvorstand Kontakte zur Kommission, zum Europäischen Parlament, zu den immobilienwirtschaftlichen Dachverbänden CEPI (Makler) und UIPI (Haus- und Grundeigentümer), der Vertretung der Bundesrepublik und einiger Bundesländer, die nun inhaltlich vertieft und verstetigt werden sollen.

Auf EU-Debatten früh Einfluss nehmen

Was in der Bundeshauptstadt und den Landeshauptstädten gilt, kommt am Sitz des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission noch viel stärker zum Tragen: Um politische Debatten und Gesetzgebungsverfahren zu beeinflussen, muss die Immobilienwirtschaft ihre Erfahrung und Vorschläge frühzeitig in den Beratungsprozess einbringen.

So arbeiten in der Kommission jeweils nur kleine Teams von Spezialisten an einer Richtlinie oder Verordnung. Und wenn ein Regulierungsvorhaben erst einmal in Papier gegossen ist, fällt es umso schwerer, noch einmal wirksam Einfluss zu nehmen. Kommission und Parlament arbeiten deutlich konsensualer als auf nationaler Ebene.

Die immobilienwirtschaftliche Sicht in Brüssel vertreten

Da aber immer mehr Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau und die Regulierung der Immobilienmärkte in Brüssel festgelegt werden, ist eine intensivere Interessenvertretung der Immobilienberufe gegenüber den europäischen Institutionen unbedingt erforderlich. „Wir sind mit unserem europäischen Dachverband, der European Association of Real Estate Professions CEPI gut vertreten. Von Zeit zu Zeit sind aber auch persönliche Gespräche vor Ort im politischen Brüssel erforderlich“, sagte IVD-Präsident Dirk Wohltorf und gab damit die einhellige Meinung aller teilnehmenden Mitglieder des Präsidiums und des Bundesvorstands wieder.

„Wir selbst konnten vor Ort ein besseres Verständnis der politischen Mechanismen im Brüsseler Europaviertel gewinnen. Vor allem aber haben wir unseren Gesprächspartnern tiefere Einsichten in immobilienwirtschaftliche Zusammenhänge und Erfordernisse vermittelt, um für eine Politik zu werben, die darauf Rücksicht nimmt und praxisnah gestaltet wird“, sagt Wohltorf.

Kommt die Gebäuderichtlinie noch vor der Europawahl?

Themen der Gespräche in Brüssel waren die geplante Europäische Gebäuderichtlinie, die sich derzeit im Beratungsverfahren zwischen Parlament, Kommission und Rat befindet (Trilog). Es erscheint derzeit ungewiss, ob eine Beschlussfassung noch vor der Europawahl erfolgt, die bereits in einem Dreivierteljahr vom 6. bis 9. Juni 2024 stattfindet.

Mit der Gebäuderichtlinie will die EU höhere Mindeststandards für die Energieeffizienz von Gebäuden festlegen und die Energieeffizienzzertifikate europaweit harmonisieren. Außerdem enthält der Richtlinien-Entwurf Anforderungen an neue und bestehende Gebäude, was die Nutzung erneuerbarer Energien, die CO2-Emmissionen und die Elektro-Mobilität angeht.

Weitere EU-Politiken wie das Nature Restoration Law (Grünflächen-Anteil in Städten), zur Asbest-Sanierung oder die Ecodesign-Richtlinie (De-facto-Verbot alleinstehender Boiler, Anforderung an Energieeffizienz und Kennzeichnung) waren wegen ihrer Relevanz für die Immobilienwirtschaft ebenfalls Thema.

Im Gespräch beim Wohngipfel im Kanzleramt

Auch beim Spitzentreffen des Bündnis bezahlbarer Wohnraum im Bundeskanzleramt vertrat der IVD-Präsident konstruktiv die Interessen der Immobilienberufe.

Das Bündnis ist ein Format, das auf mittel- und langfristige Ergebnisse ausgelegt ist. Gleichwohl scheint es gelungen zu sein, in ein Sofortmanagement der Wohnungsbau-Krise einzusteigen. Das besprochene Maßnahmenpaket enthält zwar weniger als von uns erhofft, aber mehr als zunächst erwartet“, so Wohltorf.

Im Kanzleramt war spürbar, dass die Politik den Ernst der Lage an den Immobilienmärkten erkannt hat und um Lösungen ringt. Die Ankündigung des Kanzlers, Zwangssanierungen durch die geplante EU-Gebäuderichtlinie auszuschließen und die Einkommensgrenzen beim Wohneigentums-Förderprogramm anzuheben, sind hilfreiche Schritte.

Für eine Trendwende im Wohnungsbau reichen diese Maßnahmen aber noch nicht aus. Wir fordern, das große Potenzial der Grunderwerbsteuer zu nutzen und Käufer über eine Klimakomponente steuerlich zu entlasten. Einnahmeausfälle der Bundesländer könnten aus Überschüssen des Klimatransformationsfonds des Bundes gegenfinanziert werden.

 

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