Wenn Wohnungspolitik zur Klientelpolitik verkommt

26. März 2019


Die Parteien machen sich gerade wieder für Wahlen hübsch, das zeigt sich nicht zuletzt in der wohnungspolitischen Debatte. Mit der Klientelpolitik, die sich SPD, Grüne und Linke vorstellen, ist dem Wohnungsmarkt allerdings kein bisschen geholfen.

Politisches Wort Von Jürgen Michael Schick, IVD-Präsident

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Das Satireportal „Der Postillon“ hat die Tage wieder mit der Schlagzeile aufgemacht, dass die SPD nun ihr traditionelles linkes Halbjahr vor wichtigen Wahlen eingeläutet habe. In den kommenden Monaten finden sowohl die Europawahl als auch einige Landtagswahlen im Osten der Republik statt – fast genau vor zwei Jahren, als der Bundestagswahlkampf gerade losging, hatte der „Postillon“ schon einmal exakt dieselbe Schlagzeile veröffentlicht. Nur das Artikelbild wurde jetzt ausgetauscht, statt Martin Schulz und Thomas Oppermann läutet inzwischen Andrea Nahles die Glocke.

Mit dem Artikel zum neuerlichen SPD-Linkskurs zielt der „Postillon“ auf die Pläne einer größeren Sozialstaatsreform ab, die die Sozialdemokraten im Februar vorgestellt haben. Man tut der SPD allerdings ein bisschen Unrecht, wenn man immer wieder behauptet, sie sei keine linke Partei mehr und grenze sich inhaltlich nicht von der Union ab. Dass das so nicht ganz stimmt, wird in der Wohnungspolitik ziemlich deutlich, in der die Konfliktlinien zwischen linkem und bürgerlichem Lager doch recht offen zutage treten.

Denn die Strategie der SPD, sich mit Grundrente und Sozialstaatsreform wieder mehr auf ihre Kernklientel zu konzentrieren, findet ihr Äquivalent schon seit längerem in der Wohnungs- und Mietenpolitik. Die nämlich zielt einzig und allein darauf ab, Mietern die Wohnkosten zu reduzieren – aber nicht etwa durch eine Ausweitung des zu knappen Angebots oder dadurch, aus Mietern Eigentümer zu machen. Sondern durch ein künstliches Herunterregulieren der Mietpreise, durch Milieuschutz, Mietendeckel, Mietspiegelmanipulationen und Enteignungsfantasien. Oder auch – durch die Hintertür der Grundsteuerreform – durch ein Umlageverbot der Grundsteuer.

Staatlich in den Wohnungsmarkt einzugreifen ist dann in Ordnung, wenn es als Teil eines Gesamtkonzepts verstanden wird. Doch das ist hier nicht der Fall, es gibt im wohnungspolitischen Programm von SPD oder auch Grünen und Linken kein Gesamtkonzept, kein Zusammenspiel von regulatorischer und investitionsfördernder Politik. Es gibt nur den einen Weg, den der Regulierung. Und deshalb handelt es sich bei dem, was das linke Lager derzeit als Wohnungspolitik verkauft, um reine Klientelpolitik. Man spielt mit den Ängsten der Gesellschaft und sucht Sündenböcke außerhalb der eigenen Reihen.
Keinerlei Angebot aber hat diese Politik für die Mitte der Gesellschaft, für die Durchschnittsverdiener. Die ja nicht minder auf ausreichend Wohnraum angewiesen sind, darauf, dass es zum Beispiel Möglichkeiten gibt, in eine größere Wohnung zu ziehen, wenn ein Kind kommt. Genau diese Menschen bleiben aber auf der Strecke, weil all die wohlklingenden Regulierungsmaßnahmen eines eben nicht bringen: neue Wohnungen.

Hinzu kommt, dass die Mitte der Gesellschaft, die Durchschnittsverdiener sich in vielen Fällen eigentlich ein kleines Eigenheim leisten und einen Riesenschritt zur finanziellen Absicherung im Alter machen könnten. Die Löhne sind gestiegen, die Zinsen immer noch ganz weit unten. Die Chance ist da, jetzt. Offener wird die Tür nicht mehr, im Gegenteil, irgendwann schließt sie sich wieder. Es fehlt aber das Angebot, sowohl auf dem angespannten Wohnungsmarkt als auch in der Politik, die potenziellen Wohneigentümern nichts zu bieten hat.

Halt, doch: das sogenannte Bestellerprinzip für Kaufimmobilien, das Bundesjustizministerin Barley als neuen Gesetzesentwurf jüngst vorstellte und was die Europakandidatin der SPD als vermeintliches Förderprojekt für Wohnungskäufer vorantreiben will. Wie kaum ein anderes Beispiel steht das für die Symbolpolitik, die keinen Zweck hat außer den, der eigenen Klientel gefallen zu wollen.

Foto: © Satura_ / Depositphotos.com