Wertsteigerung von Immobilien durch Lade-Infrastruktur für Elektrofahrzeuge

26. Juni 2020


Die Mobilitätswende ist eine zentrale Voraussetzung für das Erreichen von Klimaschutzzielen. Das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung sieht daher unter anderem vor, die Zahl der in Deutschland zugelassenen E-Fahrzeuge auf sieben bis zehn Millionen zu steigern.

Von Georg Griesemann

Trotz der Förderung von E-Dienstfahrzeugen und Kaufprämien geht der Wandel derzeit nicht schnell genug. Einer der Hauptgründe dafür, dass der politisch angestrebte Umstieg auf elektrisch betriebene Fahrzeuge so lange dauert, ist die Verfügbarkeit von Ladepunkten.

Daher soll zukünftig gesetzlich geregelt werden, wo neben öffentlich zugänglichen Ladepunkten auch sogenannte halb-öffentliche und private Lade-Infrastruktur geschaffen werden muss. Für diesen Zweck nimmt die Bundesregierung die Immobilien- und Wohnungswirtschaft in die Pflicht. Ein neuer Gesetzentwurf schreibt vor, in welchem Maße künftig an Gebäuden mit Pkw-Stellplätzen Vorrichtungen zum Laden von E-Fahrzeugen installiert werden sollen.

Leitungs-Infrastruktur für Wohn- und Nichtwohngebäude

Der Gesetzentwurf zum Aufbau von Lade- und Leitungs-Infrastruktur für Elektromobilität in Gebäuden (Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz — „GEIG“) sieht vor, dass ab 2021 Stellplätze neu gebauter oder renovierter Wohn- und NichtWohngebäude mit Leitungs-Infrastruktur für Elektromobilität ausgestattet werden sollen. Er setzt damit europäisches Recht aus der EU-Gebäuderichtlinie in nationales Recht um.

Ganz konkret gilt: Bei neuen Wohngebäuden, die über mehr als zehn Stellplätze verfügen, müssen Eigentümer oder Verwalter künftig dafür sorgen, dass jeder einzelne Stellplatz mit Leitungs-Infrastruktur für Elektromobilität ausgestattet wird. Das heißt, dass Schutzrohre für Elektro- und Datenkabel verlegt werden müssen, durch die später die nötigen Kabel für den Anschluss eines Ladepunkts an das Stromnetz gezogen werden können. Ebenfalls muss Raum für Zähler und eine Netzerweiterung berücksichtigt werden. Diese Maßnahmen gelten auch bei großangelegten Renovierungen bestehender Gebäude, die die elektrischen Leitungen oder die Stellplätze einschließen. Bei Nicht-Wohngebäuden — wie Handels-, Büro-, Gewerbe- oder Logistikgebäuden — gehen die Maßnahmen einen Schritt weiter: Werden kommerziell genutzte Gebäude mit über zehn Stellplätzen neu gebaut oder großflächig renoviert, müssen Eigentümer oder Verwalter die Leitungs-Infrastruktur für jeden fünften Stellplatz vorbereiten.

Zusätzlich müssen sie mindestens einen funktionsfähigen Ladepunkt installieren. Eine Zusatzregelung gilt für Bestandsgebäude mit mehr als 20 Stellplätzen. Hier soll unabhängig von Renovierungsarbeiten ab dem 1. Januar 2025 ein Ladepunkt errichtet werden. Von all diesen Regelungen befreit sind Unternehmensgebäude kleinerer und mittlerer Unternehmen, die diese mindestens zur Hälfte selbst nutzen.

Funktionsfähige Ladepunkte vorbereiten

Der Gesetzentwurf fordert „nur” bei Nichtwohngebäuden die Installation einer nutzbaren Ladestation. Dennoch sollten sich auch Eigentümer und Verwalter von Wohngebäuden Gedanken machen, wie der praktische Betrieb von Ladestationen aussehen kann. Denn neben dem GEIG steht derzeit auch die Reform des Wohnungseigentumsrechts (WEG) kurz bevor. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass jeder Wohneigentümer einen Anspruch auf Gestattung des Einbaus einer Lademöglichkeit gegenüber den anderen Eigentümern haben soll. Dies soll auch im Verhältnis zwischen Mietern und Eigentümern gelten.

Deswegen sollten sich alle Eigentümer und Verwalter möglichst frühzeitig überlegen, wie sich die Leitungs-Infrastruktur problemlos zu funktionsfähiger Ladeinfrastruktur erweitern lässt. Folgende Überlegungen sind dabei essentiell:

  1. Anbindung der Ladepunkte ans Stromnetz — Wie ist die Netzverfügbarkeit an der Immobilie und wie lassen sich Überlastungen des Stromnetzes verhindern, wenn mehrere Fahrzeuge parallel geladen werden?
  2. Auswahl des Ladepunktes — Welche Art von Ladestationen gibt es und welche befriedigen die Bedürfnisse der Nutzer?
  3. Finanzierung — Welche Förderungen gibt es für den Bau von Ladestationen und wie kann die Abrechnung bei Betrieb funktionieren?

Intelligentes Lastmanagement für reibungslosen Betrieb

Der Regierung zufolge wird die Anzahl der E-Fahrzeuge in den kommenden Jahren stark zunehmen. Dementsprechend steigt auch der Bedarf an Lademöglichkeiten — egal ob zu Hause, während der Arbeit oder beim Einkaufen. Bei Neubauten oder Renovierungen sollten die Verantwortlichen also bereits planen, wie der Betrieb mehrerer Ladepunkte gleichzeitig gewährleistet werden kann, ohne dass im Haus die Stromversorgung zusammenbricht. Diese Planung erfolgt in der Regel gemeinsam mit dem Netzbetreiber, der prüft, ob eine Netzerweiterung notwendig ist und wie diese umgesetzt werden kann. Dieser Schritt darf nicht unterschätzt werden, denn häufig dauern die Abstimmung und Planung mit den Netzverantwortlichen eine geraume Zeit. Idealerweise sprechen Bauherren deswegen schon in einer sehr frühen Phase der Gebäudeplanung mit dem zuständigen Energieversorger. Neben dem Lastmanagement ist die Verteilung der Kabel ein essentieller Punkt, denn niemand möchte mit Kabelsalat kämpfen, sollten zu einem späteren Zeitpunkt weitere Ladepunkte ergänzt werden. Anbieter wie Compleo arbeiten dafür mit einem Sammelschienensystem, das bedarfsgerecht erweitert werden kann. Ladestationen werden damit wie eine Art Perlenkette an die Leitungen angeschlossen.

Die richtige Ladestation für Stellplätze auswählen

Eine zentrale Rolle bei der Planung des Lastmanagements spielt auch die Art der Ladestationen, die angeschlossen werden sollen. Denn es gibt verschiedene Ladesäulentypen, die unterschiedlich viel Strom verbrauchen. Ein Überblick: AC-Ladesäulen laden mit Wechselstrom. Diese stellen Leistungen von 3,7 bis 22 Kilowatt (kW) zur Verfügung und eignen sich eher zum langsamen Laden von E-Fahrzeugen. Hier dauert das vollständige Laden bis zu sechs Stunden. DC-Ladesäulen laden dagegen mit Gleichstrom. Diese verfügen über Leistungen von 24 bis zu 150 kW und eignen sich dementsprechend für schnelles bis ultraschnelles Laden. Je höher die Kilowatt-Leistung, desto schneller ist der Ladevorgang, aber desto höher ist auch die Anforderung an das Netz und die Zuleitungen. Bauherren suchen die geeignete Ladestation also möglichst nach dem Bedarf der Verbraucher aus. Auf Stellplätzen, auf denen Fahrzeuge in der Regel relativ lange am Stück unbenutzt stehen, eignen sich AC-Ladesäulen mit einer Ladeleistung von elf Kilowatt. Sie belasten das Stromnetz weniger stark und sind außerdem kostengünstiger in der Anschaffung. Sie kommen beispielsweise bei Wohnhäusern, aber auch bei Hotel- und Bürogebäuden in Frage.

Anders sieht es bei Kurzzeitstellplätzen beispielsweise an Supermärkten oder Restaurants aus. Hier sollten Bauherren über zusätzliche DC-Ladesäulen mit Ladeleistungen zwischen 24 und 50 kW nachdenken. Diese sind zwar teurer in der Anschaffung, erlauben es aber, E-Fahrzeuge auch bei kurzer Parkdauer relativ weitreichend zu laden. Mehr als 50 kW macht allerdings nicht viel Sinn, da die allermeisten E-Fahrzeuge in der Leistungsaufnahme bei 50 kW beschränkt sind.

Abrechnung und Zurechtfinden im Förderdschungel

Neben dem Lastmanagement und der Installation sollten sich Immobilieneigentümer auch mit dem „Business Case“ des Betriebs von Ladeinfrastruktur beschäftigen. Hierbei sind im Wesentlichen zwei Aspekte zu betrachten. Aktuell gibt es zahlreiche Förderprogramme auf Landes- und Bundesebene, die die Anschaffung von Lade-Infrastruktur, aber auch Beratung und Kosten der Netzerweiterung bezuschussen. Des weiteren sollten sie sich beraten lassen, wie die künftige Nutzung der Lade-Infrastruktur abgerechnet werden kann. Einige Lebensmittelhändler bieten ihren Kunden aktuell an, kostenfrei während des Einkaufs zu laden. Das ist vorteilhaft für die Verbraucher, für den Handel auf lange Sicht jedoch nicht nachhaltig. Daher muss der Eigentümer mit seinen Mietern Lösungen für die Abrechnung finden, die den Verbrauch von Strom sowie die Zurverfügungstellung von Parkplätzen mit Ladepunkten berücksichtigen. Es gibt inzwischen moderne Software-Lösungen, das sogenannte „Backend“, das eine verbrauchsgerechte Abrechnung ermöglicht. So zahlen und identifizieren sich Verbraucher dann entweder über ihr Smartphone oder mittels eines personalisierten RFID-Chips.

Wert steigern durch Lade-Infrastruktur

Es ist wahrscheinlich, dass Bauherren das GEIG zu Beginn eher als lästiges Übel denn als Chance verstehen. Auch wenn die Kosten für Lade-Infrastruktur in Relation zu den gesamten Baukosten eines Projekts kaum ins Gewicht fallen, erfordert die Planung zusätzliche Zeit und auch der spätere Betrieb der Ladestationen bedeutet mehr Verwaltungsaufwand. Dennoch kann sich diese Mehrarbeit lohnen. Schon jetzt sehen Verwalter verschiedenster Gebäudetypen Anfragen hinsichtlich vorhandener Lade-Infrastruktur. Diese werden in den kommenden Jahren mit der steigenden Anzahl von E-Fahrzeugen zunehmen. Eine vorhandene Ladestation kann zukünftig ein echtes Entscheidungskriterium für oder gegen eine Immobilie sein und deren Wert dementsprechend steigern. Am Ende wird der eigentliche Druck, Leitungs- und Lade-Infrastruktur bereitzustellen, gar nicht mehr primär vom neuen Gesetz ausgehen, sondern vielmehr vom Markt.

Immer mehr Verbraucher achten schon jetzt im Kleinen auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Dieser Trend wird sich auf Fahrzeuge ausweiten und mit hoher Wahrscheinlichkeit entscheiden sich immer mehr Verbraucher künftig für E-Fahrzeuge. Dafür sorgt die Bundesregierung mit speziellen Förderungen, genauso wie sie Steuererleichterungen für E-Dienstwagen gewährt. Demnach schnellt der Bedarf an Ladestationen in die Höhe und die öffentlich zugänglichen Ladepunkte reichen bald nicht mehr aus, um diesem nachzukommen. Für Bauherren könnte es daher ein echter Wettbewerbsvorteil werden, frühzeitig in nutzbare Lade-Infrastruktur zu investieren.

 

Foto: © Compleo