Wie in der Immobilie gebundenes Eigenkapital verfügbar gemacht werden kann

21. Oktober 2022


Viele Eigentümer haben in den ersten Jahren nach der Anschaffung ihre Liquiditätsüberschüsse dazu verwendet, die Immobilie zu entschulden. Später haben sie die vorhandene Liquidität verwendet, um das Haus zu verschönern. Im Alter wollen sie häufig das in der Immobilie gebunden Eigenkapital verfügbar machen, etwa um ihre Rente aufzubessern oder um ihre Erbfolge regeln zu können und Pflichtteilsansprüche abzufinden. Zur Lösung dieses Problems gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ihre Aufgabe als Maklers könnte es sein, dem Kunden den Weg zu zeigen, der seinen Wünschen am meisten entspricht.

Von Hans-Joachim Beck

Ersatz durch ein kleineres Haus

Die einfachste Lösung könnte darin bestehen, das eigene Haus zu verkaufen und mit dem Geld ein kleineres Objekt zu erwerben oder zu mieten. Dies bietet sich insbesondere an, wenn das Haus zu groß geworden ist und man sich die Bewirtschaftung erleichtern will. Ungeeignet ist diese Lösung, wenn der Kunde sich von der gewohnten Umgebung und der Immobilie nicht trennen mag.

Verkauf und Rückanmietung

Will der Kunde in dem „alten“ Haus wohnen bleiben, kann man es nach dem Verkauf wieder „zurück mieten“. Auch dadurch erhält man den Wert des Grundstücks sofort als Einmalbetrag. An den zukünftigen Wertsteigerungen der Immobilie nimmt man allerdings nicht mehr teil. Und den Erben steht das Objekt nicht mehr zur Verfügung. Als Kaufpreis würde man nur den Verkehrswert einer vermieteten Immobilie erzielen.

Darlehensaufnahme

Benötigt der Kunde einen größeren Einmalbetrag, um einen altersgerechten Umbau oder eine energetische Verbesserung der Immobilie zu finanzieren, bietet es sich an, einfach ein Darlehen aufzunehmen und durch eine Grundschuld auf dem Haus zu besichern. Möglicherweise ist sogar die alte Grundschuld, die beim Erwerb des Grundstücks eingetragen wurde, noch nicht gelöscht worden. Ältere Eigentümer haben jedoch häufig Schwierigkeiten, ein Darlehen zu erhalten, weil es sich um ein so genanntes Immobiliar-Verbraucherdarlehen handelt und Kreditinstitute das Darlehen nach § 505 a BGB nur gewähren dürfen, wenn wahrscheinlich ist, dass der Darlehensnehmer das Dalehen vertragsgemäß zurückzahlt. Dass der Erbe das Darlehen wahrscheinlich zurückzahlen kann, reicht nicht.

Immobilienverzehrkredit, Umkehrhypothek, Reverse mortgage

Auch bei der so genannten Umkehrhypothek handelt es sich um einen Darlehensvertrag, bei dem als Sicherheit eine Grundschuld eingetragen wird. Der Kredit kann in einem Einmalbetrag oder in monatlichen Raten ausgezahlt werden, häufig wird eine lebenslange Rente vereinbart. Die Besonderheit besteht darin, dass Zinsen und Tilgung bis zum Ende der Vertragszeit nicht gezahlt, sondern gestundet und dem Darlehensbetrag hinzugerechnet werden. Dadurch baut sich der Darlehensbetrag von Jahr zu Jahr auf. Die Darlehensrückzahlung wird erst nach dem Tod des Kreditnehmers oder bei Auszug aus dem Haus — etwa beim Umzug in ein Pflegeheim — fällig. Die Erben können das Darlehen aus eigenem Vermögen, mithilfe eines neuen Kredits oder durch den Verkauf der Immobilie ablösen. Die Vergabe eines solchen Immobilienverzehrkredits scheitert nicht an der Kreditwürdigkeitsprüfung, weil gem. § 491 Abs. 3 Satz 2 BGB kein Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag vorliegt.

Allerdings ist das wirtschaftliche Ergebnis bei einer Verrentung der Immobilie für den Eigentümer meistens enttäuschend. Dies liegt vor allem daran, dass die Kreditinstitute das „Langlebigkeitsrisiko“ aus Vorsichtsgründen hoch ansetzen und von einer langen Rentenbezugszeit ausgehen.

Übertragung gegen Leibrente

Wenn das Ziel des Hauseigentümers darin besteht, die laufenden Altersbezüge aufzubessern, erscheint vielen eine Übertragung gegen Rentenzahlungen als die genau passende
Lösung. Denn es fließt kein Kapitalbetrag zu, den man anlegen müsste, sondern eine lebenslange Rente. Aus rechtlichen Gründen werden allerdings in der Regel nur Zeitrenten angeboten.

Die Berechnung der angemessenen Rentenhöhe ist äußerst komplex und für den „Normalbürger“ kaum zu durchschauen. Der Käufer geht in diesen Fällen regelmäßig von dem gegenwärtigen Wert der Immobilie aus und kalkuliert etwaige Wertsteigerungen nicht ein, da diese ungewiss sind. Da dem Erwerber die wirtschaftliche Nutzung und Verwertung der Immobilie erst nach dem Ableben des Verkäufers zustehen wird, zinst er diesen Wert über die voraussichtliche Lebenserwartung des Verkäufers ab. Für den Verkäufer hat diese Gestaltung den Vorteil, dass er bis zu seinem Lebensende eine vertraglich vereinbarte feste Rente erhält und keine Miete zahlen muss. Zur Instandhaltung und Instandsetzung der Immobilie bleibt er verpflichtet und trägt das Risiko, die Immobilie energetisch modernisieren zu müssen. Häufig wird allerdings vereinbart, dass der Anbieter die Kosten für die Instandhaltung übernimmt.

Verkauf unter Nießbrauchsvorbehalt

Relativ einfach ist eine Gestaltung, bei der der Verkäufer das Grundstück dem Käufer unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts überträgt. Der Verkäufer behält aufgrund des Nießbrauchs das lebenslängliche Recht, die Immobilie zu bewohnen und gegebenenfalls auch durch Vermietung zu nutzen und zahlt keine Miete. Der Käufer erhält nur das Eigentum, nicht aber das Recht, die Immobilie zu nutzen oder zu vermieten. Mit dem Tod des Verkäufers erlischt der Nießbrauch und der Käufer erhält das volle Eigentumsrecht.

Der Vorteil für den Verkäufer besteht darin, dass er den Wert der Immobilie sofort realisiert und weiter unentgeltlich wohnen bleiben kann. Die zukünftigen Wertsteigerungen der Immobilie stehen dem Erwerber zu. Den Erben steht die Immobilie nicht mehr zur Verfügung.

Statt eines Nießbrauchs kann für den Verkäufer auch ein Wohnungsrecht gem. § 1093 vereinbart werden. Der Unterschied gegenüber dem Nießbrauch besteht darin, dass das Wohnungsrecht nicht das Recht umfasst, die Wohnung auch zu vermieten. Wenn der Verkäufer eines Tages in ein Pflegeheim umziehen will, kann er das Wohnungsrecht daher nicht mehr nutzen.

Teilverkauf, Entgeltlicher Nießbrauch

Derzeit wird am Markt ein Mischlösung angeboten: Der so genannte Teilverkauf. Bei diesem Modell verkauft der Eigentümer nur einen Miteigentumsanteil an seinem Grundstück (üblicherweise zwischen 30 und 50 Prozent), behält sich jedoch ein Nießbrauchsrecht daran vor, sodass er weiterhin zur Nutzung des gesamten Grundstücks berechtigt ist. Dementsprechend muss der Verkäufer weiterhin sämtliche Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung tragen.

Der entscheidende Unterschied zu den vorher dargestellten Modellen liegt darin, dass es sich um ein entgeltliches Nießbrauchsrecht handelt und der Verkäufer für die Nutzung des verkauften Miteigentumsanteils ein Entgelt zu zahlen hat. Dieses soll nach den Vorstellungen der Anbieter so bemessen sein, dass sich eine Verzinsung seiner Anschaffungskosten von etwa fünf Prozent ergibt. Wenn der Verkäufer das Nutzungsentgelt für drei Monate nicht zahlt, hat der Käufer üblicherweise das Recht, den Nießbrauch löschen zu lassen.

Wenn das Nießbrauchsrecht beim Tod des Verkäufers erlischt, wird der Käufer nicht automatisch „Volleigentümer“ des gesamten Grundstücks, wie in den anderen Modellen, sondern ist lediglich Miteigentümer neben den Erben. Daher wird vertraglich geregelt, dass der Käufer das Recht hat, die gesamte Immobilie im eigenen Namen und im Namen der Erben zu verkaufen (Weiterverkauf).

Für den Verkäufer hat diese Gestaltung den Vorteil, dass er einen Einmalbetrag erhält und das Wertsteigerungspotential der Immobilie teilweise bei ihm beziehungsweise seinen Erben verbleibt. Nachteilig ist für den Verkäufer jedoch, dass er für seine Immobilie ein Nutzungsentgelt zahlen muss und trotzdem verpflichtet ist, die Lasten für die gesamte Immobilie zu tragen.

Foto: © Andrii Yalanskyi/Adobe Stoc