„Wir machen was ganz Verrücktes“

9. April 2024


In der dynamischen Welt der Immobilienwirtschaft entstehen innovative Konzepte, die den Markt und seine Teilnehmer nachhaltig verändern. Dies versucht auch das Konzept „flexi“, entwickelt von dem Start-up flexi GmbH der Sparkasse Bremen. Im Gespräch mit Sönke Schumacher, Mitgründer und Geschäftsführer von flexi, erörtert das AIZ-Magazin die Idee hinter diesem Modell, das Immobilien-Leasing mit Optionen zum Kauf verbindet.

AIZ-Magazin: Herr Schumacher, was verbirgt sich hinter „flexi“?

Sönke Schumacher: Im Kern machen wir was ganz Verrücktes. Wir kaufen tatsächlich Immobilien für unsere Kunden und bieten diese zum Probebewohnen mit einem OptionsKaufrecht an. Unser Modell ist eine Art Immobilien-Leasing. Das Konzept ähnelt dem Auto-Leasing.

Können Sie mir das Modell genauer erklären? Was ist Ihr Ansatz?

Unser Modell basiert auf zwei Säulen. Zum einen ermöglichen wir es unseren Kunden, uns jedes am Markt verfügbare Objekt vorzuschlagen, unabhängig davon, ob es über einen Makler der Sparkasse oder einen externen Anbieter angeboten wird. Daraufhin prüfen wir gemeinsam mit dem Kunden die Immobilie auf Werthaltigkeit, Preis, Mängel und so weiter. Der zweite Ansatz besteht darin, dass wir als Unternehmen selbst Objekte erwerben, um sie anschließend in unserem flexi-Modell anzubieten. Dabei sichern wir unseren Kunden ein fünfjähriges Vorkaufsrecht zu.

Sie erwerben also auch Objekte ohne einen flexi-Endkunden, bieten diese dann in Ihrem Modell an, suchen dafür selber einen Mieter und geben diesem ein fünfjähriges Ankaufsrecht?

Genau. Wir bekommen mittlerweile häufig tolle Objekte mit gutem Preis-Leistungsverhältnis angeboten und lassen diese dann unseren Interessenten zukommen oder kaufen diese einfach selber.

Welches rechtliche Produkt verbirgt sich dahinter?

Im Wesentlichen basiert flexi auf einem unbefristeten Mietvertrag, kombiniert mit einem festen fünfjährigen Vorkaufsrecht. flexi bedeutet aber hier wirklich gelebte Flexibilität. Die einzige Bedingung, die wir an unsere Kunden stellen, ist, dass sie mindestens ein Jahr in der Immobilie wohnen. Das heißt, dass es bereits ab dem dreizehnten Monat möglich ist, zu kündigen. Erwirbt der Kunde nach fünf Jahren seine Immobilie nicht, darf er natürlich weiter im Mietverhältnis in seiner Immobilie wohnen bleiben.

Und wie ist es mit den Mietzahlungen? Lassen sich diese anrechnen?

Die Miete muss bei uns wie üblich gezahlt werden und ist am Ende des Tages weg. Unser Ziel ist jedoch, für unsere Objekte die ortsübliche Miete zu veranschlagen. Der Kunde hat aber die Möglichkeit on top monatlich oder einmalig Anteile an seiner Immobilie zu kaufen.

Wie funktioniert das genau?

Angenommen, wir erwerben für unseren Kunden eine Wohnung in Bremen zum Preis von 300.000 Euro mit einer Kaltmiete von 1.000 Euro. Dann haben unsere Kunden anschließend jederzeit die Möglichkeit Anteile an der Wohnung zu erwerben. Kauft in meinem Beispiel dieser Kunde nun für 15.000 Euro Anteile an dieser Wohnung, was hier fünf Prozent des Wohnungswertes entsprechen würde, hätte dies zur Folge, dass er nur noch 95 Prozent seiner vertraglich vereinbarten Kaltmiete zahlen müsste, da dem Kunden praktisch fünf Prozent der Wohnung dann bereits gehören. Sprich in meinem Beispiel sinkt die Mietbelastung auf 950 Euro kalt.

Diesen Anteilskauf bieten wir bis 15 Prozent des Objektgegenwertes an und unsere Kunden können solche Zahlungen jederzeit monatlich oder einmalig „on top“ zu ihrer Kaltmiete leisten. Ein, wie wir finden, super Modell, um sich Eigenkapital anzusparen und trotzdem sofort einen Vorteil für die eigene Sparleistung zu erhalten.

Zwar sind diese Einlagen des Kunden, welche auf ein Treuhandkonto eingezahlt werden, nicht verzinst, allerdings legen wir unseren Kunden beim Auszug aus dem Objekt aber auch keine Strafgebühr auf und sie müssen auch die Mietersparnisse nicht zurückzahlen. Im Falle einer Kündigung trennen sich einfach die Wege und der Kunde bekommt zu 100 Prozent seine eingezahlten Beiträge für den Anteilskauf wieder zurück.

Dieses Konzept des Anteilskaufs wird jedoch nicht im Grundbuch eingetragen. Für unser Geschäftsmodell ist die Präsenz der Marke Sparkasse im Hintergrund von entscheidender Bedeutung. Der Kunde kann sich darauf verlassen, dass die Sparkasse auch in fünf Jahren noch existiert. Auf diese Weise fühlt er sich sicher, dass er das Objekt in fünf Jahren auch tatsächlich erwerben kann, weil die Sparkasse zu ihrem Wort steht.

Wer ist Ihre Zielgruppe?

Ursprünglich richteten wir uns an junge Akademiker, die wir als Young Professionals bezeichnen, die gerade ihr Studium abgeschlossen haben und ihre Karriere vorantreiben, aber noch nicht über das nötige Eigenkapital verfügen. Doch schnell wurde klar, dass unser Angebot auch für Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen attraktiv ist. Zum Beispiel Menschen, die sich in einer Scheidung befinden, auf ein Erbe warten oder deren Partner aktuell sich in Elternzeit befindet. Allen diesen Kunden gemeinsam ist der Faktor Zeit. Sie benötigen Zeit, sei es zum Ansparen von Eigenkapital oder zur Bewältigung anderer Lebensereignisse.

Wie war die Resonanz für Ihr Modell?

Zu Beginn gab es viele Skeptiker, die unser Konzept sogar als Betrug oder Unsinn abtaten und sich fragten, warum jemand ein Haus für sie kaufen sollte. Mit dem Hinweis darauf, dass wir aber eine hundertprozentige Tochter der Sparkasse Bremen sind, konnten wir diese gesunde Skepsis aber stets gleich zu Beginn ausräumen. Wir haben bereits fast 80 Objekte in unserem Portfolio, obwohl unser ursprüngliches Ziel darin bestand, in drei Jahren 100 Objekte zu erreichen. Nun sind wir nach zwei Jahren da schon fast angekommen. Das zeigt, dass wir eine Nische bedienen und unsere Lösung auf positive Resonanz stößt. Wie gesagt, wir machen halt etwas ganz „Verrücktes“ (lacht).

 

Sönke Schumacher

ist Mitgründer und Geschäftsführer der Sparkasse Bremen flexi GmbH.

www.flexi-immovation.de