Wo ist das Land der Eigentümer?

7. Juni 2017


Immobilienpolitik ist in Deutschland Mieterschutzpolitik. Das zeigen auch die in den vergangen Jahren erlassenen Gesetze. Aus den Augen verliert Deutschland hingegen die Bedeutung des Wohneigentums. Dabei bedeutet Wohneigentum fördern, die Menschen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Es ist also an der Zeit für einen politischen Kurswechsel – zum Wohle der Menschen in unserem Land.

Von Jürgen Michael Schick, IVD-Präsident

„Willkommen auf dem Deutschen Immobilientag, willkommen im Land der Wohnungseigentümer!“ Gern hätte ich Sie mit diesen Worten am 1. Juni 2017 auf dem DIT begrüßt. Ich hätte die Vorzüge des Wohneigentums nochmals hervorgehoben, hätte gesagt, dass selbst genutztes Wohneigentum den familiären Zusammenhalt ebenso wie den Zusammenhalt der Gesellschaft stärkt. Dass sich Menschen mit Migrationshintergrund besser und schneller integrieren lassen, wenn sie wirklich Wurzeln schlagen, wenn sie nicht nur wohnen, sondern ein Zuhause ihr eigen nennen können. Dass Wohneigentum zu mehr Selbständigkeit und Eigenverantwortung führt, weil man den eigenen Lebensraum selbst gestalten kann. Dass man Vermögensaufbau betreibt und für das Alter vorsorgt. Dass Wohneigentümer mehr Verantwortung für ihr Haus, ihre Straße, ihren Kiez, ihre Stadt übernehmen. All das würde ich sagen – und kann es nicht.

Denn leider erlauben mir die Zahlen keinen allzu großen Enthusiasmus: In Deutschland wohnen nur etwa 45 Prozent der Menschen in ihren eigenen vier Wänden. Innerhalb der größeren Städte beträgt die Quote sogar nur 27 Prozent. Zum Vergleich: Der europäische Durchschnitt liegt bei 70 Prozent. Damit belegt Deutschland in der Europa-Rangliste vor der Schweiz den vorletzten Platz. Vor allem im Vergleich zu ost- und südeuropäischen Ländern wie Polen, Italien oder Spanien sind die Unterschiede gravierend. Dort liegen die Eigentumsquoten mit 72 bis 78 Prozent weit über dem Durchschnitt. Auch in Großbritannien gilt der Leitspruch „My home is my castle“, dort wohnen 64 Prozent der Bevölkerung im eigenen Heim.

Gründe für den höheren Eigentümeranteil finden sich auch in der Gesetzeslage. Wohneigentum bedeutet für viele unserer europäischen Nachbarn Freiraum, den sie in einem Mietverhältnis nicht genießen könnten. Und da kommen wir zu des Pudels Kern: Denn einerseits ist das Mietrecht in kaum einem europäischen Land so wohlwollend gestaltet wie in Deutschland. Und andererseits mangelt es in der Bundesrepublik an staatlicher Eigentumsförderung.

So ergab eine OECD-Studie aus dem Jahr 2016, dass nur etwa 0,017 Prozent des deutschen BIP in die Förderung von Wohneigentum fließen. Damit bietet Deutschland einen der niedrigsten Unterstützungsbeträge von allen 26 OECD-Staaten. Großbritannien unterstützt Eigentümer beispielsweise jährlich mit 0,6 Prozent des BIP. Umgerechnet kommen etwa 15 Milliarden Euro im Vereinigten Königreich zusammen. In Deutschland beträgt die Zahl gerade einmal 500 Millionen Euro.

Dabei gibt es genug Gründe, die staatliche Eigentumsförderung anzukurbeln – denn Wohneigentum ist gut für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Kinder, die in Eigentümerhaushalten aufwachsen, weisen bessere Bildungsabschlüsse vor, die Sparquote von Eigentümern ist höher und das Armutsrisiko im Alter dadurch niedriger. Gerade für junge Menschen, die sich bei der Altersvorsorge nicht auf die gesetzliche Rente verlassen können, muss Wohneigentum als Alternative zugänglich gemacht werden. Kurzum, Wohneigentum ist im Interesse der Menschen und des Staates – wenn das eine schon nicht automatisch das andere bedingt, was man sich leider mitunter fragen muss.

Die scheidende Große Koalition hat Immobilienpolitik mit Mieterschutzpolitik gleichgesetzt. Damit ist Deutschland in Europa nahezu alleine. Dennoch möchte ich die Hoffnung nicht aufgeben. Denn viel wird davon abhängen, was am 24. September passiert, wenn der neue Bundestag gewählt wird. Mit Blick auf die Wohnungspolitik in Deutschland bleibt zu hoffen, dass es zu einigen Veränderungen kommt. Erst recht nach vier Jahren Regulierungsmarathon. Denn Mietpreisbremse, Milieuschutz, Bestellerprinzip, Wohnimmobilienkreditrichtlinie hin und her – mit diesen Regulierungen hat Deutschland genug eigentumsfeindliche Gesetze für mindestens für zwei Legislaturen.