You never know

30. März 2023


Im Jahre 2014 wurde im Bürgerlichen Gesetzbuch die sogenannte Buttonlösung eingeführt. Nach der damaligen Gesetzesbegründung sollten so Abofallen im Internet enttarnt werden. Nun hat kürzlich das Landgericht Stuttgart entschieden, dass beim Abschluss eines Maklervertrages im elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern die maßgebliche Schaltfläche auf einer entsprechenden Webseite mit den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ zu versehen ist, wenn der Vertrag über eine derartige Schaltfläche und nicht ausschließlich durch individuelle Kommunikation geschlossen wird. Ein Button mit der Aufschrift „senden“ genüge nach Auffassung des Gerichts nicht (LG Stuttgart, Urteil vom 28.11.2022, 30 O 28/22).

Von Dr. Christian Osthus

Wie sollte man auf die Entscheidung des LG Stuttgart reagieren?

Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist und viel dafürspricht, dass die Regelungen nicht beim Maklervertrag passt, muss man sich damit grundsätzlich befassen, da die Argumentation des Gerichts nicht abwegig ist. Das gilt auch, obwohl man die Entscheidung an anderen Stellen durchaus kritisieren kann. Konzentriert man sich aber auf die eigentliche Rechtsfrage, also ob die Vorschrift des Paragraphen 312j BGB und damit der Button mit den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ auf derartige Maklerverträge anzuwenden ist, kann man auch zu dem Ergebnis kommen, dass es besser ist, in der Praxis die Schaltflächen in den Portalen oder in der Maklersoftware zu ändern. Oder man setzt auf eine individuelle Kommunikation, etwa in Gestalt eines Kommunikationsverlaufs per Mail. Aber Achtung: In der Praxis wird häufig auf die Vertragsbestätigung vor Ort gesetzt, um etwaige Mängel zu beheben. Hier kommt es darauf an, ob nur ein bereits vorhandener Vertrag bestätigt werden soll. Dann nützt die Bestätigung nichts, wenn schon der Grundvertrag wegen Formmängel (hier Verstoß gegen Buttonlösung) nichtig ist. Wird bei dem zu vermittelnden Objekt ein eigenständiger Vertrag geschlossen, ist an die Widerrufsbelehrung zu denken, die beweisbar in Papierform zu übergeben ist. Natürlich folgt bei letzterem auch ein neues Ingangsetzen der Widerrufsfrist.

Wie sollte die Schaltfläche beschriftet werden?

Das Gesetz sieht zwar vor, dass der Button mit den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ zu beschriften hat. Gleichzeitig lässt Paragraph 312j Abs. 3 Satz 2 BGB aber auch einen gewissen Freiraum, indem auch eine andere entsprechend eindeutige Formulierung verwendet werden darf. Das ist gut, weil die gesetzliche Formulierung beim Maklervertrag überhaupt nicht passt. Denn hier wird im engeren Sinne nichts bestellt und die Zahlungspflicht tritt auch erst ein, wenn der Kaufvertrag zustande kommt. Die Formulierung „Makler provisionspflichtig beauftragen“ passt wenn überhaupt besser, so dass dies vorbehaltlich einer obergerichtlichen Entscheidung eine zu empfehlende Lösung ist.

Wann herrscht Rechtssicherheit?

Apropos, obergerichtliche Entscheidung. Der Bundesgerichtshof hat sich schon an anderer Stelle mit der Frage der Notwendigkeit der sogenannten Buttonlösung befasst (BGH, Urteil vom 30.03.2022 – VIII ZR 358/20, Rn. 58 und Urteil vom 19.01.2022 – VIII ZR 123/21). In den Verfahren ging es auch nicht um eine unmittelbare Zahlungspflicht. Der Dienstleister knüpfte seinen Erfolg an die Geltendmachung einer überhöhten Miete. Das Geschäftsmodell basierte darauf, dass der Dienstleister hier eine Art Inkassounternehmen einen Teil der zurückgeforderten Miete bekam. In seiner Entscheidung verwies der BGH auch auf die Abofallen im Internet, für welche die Buttonlösung zweifelsfrei gedacht ist. Liest man aber den Gesetzestext, kann man nicht davon ausgehen, dass sich der Anwendungsbereich darauf reduzieren lässt. Das legt bereits der Wortlaut nahe, der im letzten Teil der Vorschrift nur Finanzdienstleistungen eindeutig ausschließt (§ 312j Abs. 5 Satz 2 BGB). Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Vorschrift grundsätzlich bei allen Kauf- und Dienstleistungsverträgen anzuwenden ist. Das ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des BGH zur Anwendbarkeit des Widerrufrechtes. Rechtssicherheit wird es wahrscheinlich erst geben, wenn der Europäische Gerichtshof sich mit der Frage befasst. Das Gesetz geht auf EU-Recht zurück. Das Landgericht Berlin hat hierzu eine entsprechende Vorlage an den EuGH gemacht, weil es mit der Rechtsauffassung des BGH in den oben beschriebenen Entscheidungen nicht einverstanden war (LG Berlin, Beschluss vom 02.06.2022 – 67 S 259/21). Ob der EuGH in der Sache entscheidet ist noch nicht klar. Insgesamt gilt daher: „You never know“, so dass man die Schaltflächen ändern sollte oder ganz auf den individuellen Vertragsschluss setzen sollte

 

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