„Bestellerprinzip ist eine Mogelpackung“

15. Mai 2018


AIZ: Das Gesetz zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Immobilienmakler und Verwalter tritt am 1. August 2018 in Kraft. Damit werden Makler und Verwalter gesetzlich verpflichtet sich regelmäßig fortzubilden. Sie setzen sich seit Jahrzehnten für eine ordentliche Berufszulassungsrichtlinie ein. Sind Sie zufrieden mit der neuen Regelung?

Interview von Heiko Senebald


Wulff Aengevelt: Nein, keineswegs, es mangelt immer noch an klaren Regelungen für die Berufszulassung. Mini-Sachkundenachweise nach §34c Gewerbeordnung sowie ab August 2018 eine „Fortbildungsverpflichtung“ von 20 Stunden innerhalb von drei Jahren (!) sind aus unserer Sicht absolut unzureichend, um die überfälligen angemessenen Ausbildungs- und Qualitätsstandards sicherzustellen.

Unser Haus verlangte bereits in den fünfziger und sechziger Jahren vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Erhard Berufszulassungsregelungen. Diese wurden abgelehnt mit dem Hinweis, kein Präjudiz für umfassende weitere Berufsgruppenregulierungen schaffen zu wollen, zumal der Markt selbst unqualifizierte Dienstleister „aussortieren“ werde.

Das war damals und ist heute der falsche Ansatz. Vielmehr bedarf es anspruchsvoller Ausbildungs- und Berufszulassungsrichtlinien, die eine hohe Qualität und Sachkunde bereits  bei Berufseintritt sicherstellen. Dies ist im Sinner Auftraggeber, die nur so mehr Sicherheit erhalten und der Immobilienbranche selbst, denn solche Qualitätsstandards sind unersetzlich für das wirkungsvolle Funktionieren der komplexen Immobilienmärkte.

Da wo eine Regulierung wichtig wäre, reagiert die Politik nur halbherzig. An anderer Stelle wiederum überreguliert sie gerne, so die Immobilienwirtschaft beispielsweise beim Stichwort Mietpreisbremse. Trotz aller Kritik will die Bundesregierung die Mietpreisbremse dennoch verschärfen. Was sagen Sie dazu?

Im Juni 2015 trat das Gesetz zur Einführung der Mietpreisbremse in Kraft. Zwölf Bundesländer haben sie für über 300 Städte und Gemeinden eingeführt. Die Maßnahme sollte das Wohnen für breite Mieterkreise in angespannten Wohnungsmärkten preiswerter machen. Tatsächlich sind seit Einführung der Mietpreisbremse insbesondere in den Metropolen die von Empirica ermittelten durchschnittlichen Angebotsmieten über alle Baujahre hinweg weiter gestiegen. Spitzenreiter ist Berlin mit einem Anstieg um über 19 Prozent auf durchschnittlich 9,43 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Deshalb ist zu konstatieren: Die Mietpreisbremse ist wie von uns bereits zur Einführung prognostiziert kläglich gescheitert. Sie baut nicht eine einzige Wohnung, ganz im Gegenteil. Deshalb wäre es geboten, sie wieder komplett abzuschaffen, statt sie zu verschärfen. Staatliche Regulierungen sind hier grundsätzlich falsch. Vielmehr muss der Wohnungsneubau angekurbelt werden, denn nur die Schaffung eines stark vermehrten Wohnungsangebots liegt im Interesse breiter Mieterkreise.

Auch mit dem Bestellerprinzip bei der Vermietung sollten die Mieter unterstützt werden. Auch das ist aus Ihrer Sicht nicht gelungen. Welcher Erfahrungen machen Sie?
Ich halte nichts vom Bestellerprinzip, also der Vorgabe, dass derjenige den Makler bezahlt, der ihn beauftragt. Denn praxisbezogen ist das eine Mogelpackung. Jede Marktpartei hat ihr Budget: Bei Überschreiten scheitert der Vertragsabschluss. Wenn der Vermieter die Maklerprovision zahlt, streicht er kompensationshalber Ausstattungsbudgets oder andere dem Mieter zugutekommende Vertragsdetails. Wenn beispielsweise der Vermieter oder Verkäufer als Besteller allein die Courtage zahlt, dann kürzt er Incentives wie zum Beispiel Renovierungszuschüsse, Küchenausstattung, mietfreie Zeiten, Betriebskostendeckelung bzw. Restkaufpreisstundung etc. Letztendlich entscheidet die Budgetdisziplin. Umgekehrt analog verhält sich der alleinzahlende  Mieter/Käufer: Er schraubt zur Herstellung der Ausgewogenheit dann seine Nebenforderungen entsprechend hoch. Nur wenn sich beide Seiten „vertragen“, kommt es zum Abschluss.

Die aktuelle Diskussion erinnert mich an die Zeit vor 30 Jahren, als zahlreiche Großstädte ihre vermeintlich soziale Einstellung gegenüber Mietern mit der Einführung kommunaler Wohnungsvermittlung beweisen wollten. Doch weder waren die Fachverwaltungen bereit und in der Lage, marktgerechte Wohnungen zwischen den Vertragsparteien zu vermitteln, noch kostete den Steuerzahler die kommunale Tätigkeit weniger als die marktübliche Erfolgsprovision, und der Fehlversuch wurde schnell abgebrochen.

Fest steht, dass die Regierung mit dem Bestellerprinzip ihrem Ziel, Wohnen — egal ob zur Miete oder zum Kauf — billiger zu machen, keinen Schritt näher kommt.

Die Politik diskutierte in den vergangenen Monaten auch über die Einführung des Bestellerprinzips beim Kauf von Immobilien. Was raten Sie?
Kann das Bestellerprinzip schon Mietern nicht helfen, wie soll es dann wundersam Käufern helfen? Das kann, wie gesagt, nur ein für breite Kreise intendiert miet- und kaufpreisgerechtes Wohnungs(über)angebot. Denn auch ein Verkäufer preist, wenn er allein die Maklercourtage zahlt, diese bei Akzeptanz eines ihm vom Interessenten gebotenen Kaufpreises ein.

Hinzu kommt, dass mit dem Bestellerprinzip bei Immobilientransaktionen vom Staat bevormundend erheblich in die vom Grundgesetz geschützte Vertragsfreiheit eingegriffen würde.

Die neue Bundesregierung hat ihre Arbeit endlich aufgenommen. Mit Blick auf den angespannten Wohnungsmarkt, was sollte auf politischen Prioritätenliste ganz oben stehen?

Es bleibt dabei: Nachhaltig erschwingliches Wohnen für breite Kreise wird allein durch konsequent nachhaltige Erhöhung des räumlich bedarfs- und vor allem einkommensgerechten Angebotes möglich! Hierzu muss die Bundesregierung die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen, z.B. durch steuerliche Anreize für Bauträger, Förderprogramme etc., die insbesondere die Schaffung miet- und kaufpreisgünstigen Wohnraums fördern, und zwar dort, wo sie benötigt werden, also vor allem in den diesbezüglich völlig unzureichend wohnneubaugeprägten Ballungs- und Wachstumszentren.