Sanierungspflicht durch die Hintertür: Das wird Häuslebauer wirtschaftlich überfordern!

16. März 2022


Das war ein herber Schlag für Eigentümer und Projektentwickler: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte am 24. Januar 2021 die Förderung von Effizienzhäusern und energetischen Sanierungen abrupt gestoppt. Es folgte ein leichtes Einlenken, nach dem die Immobilienwirtschaft lautstark protestierte. Der Kompromiss: Alle Anträge, die bis zum 24. Januar 2022 eingegangen sind, sollten noch bearbeitet werden. Dann legte der Bundeswirtschaftsminister nach: Seit dem 21. Februar 2022 dürfen bei der staatlichen KfW-Bank wieder Förderanträge für die energetische Haussanierung gestellt werden. Aber: Die Kritik an dem Förderstopp bleibt. Denn für Neubauten in der niedrigeren Effizienzstufe 55 werden nur noch Altanträge abgearbeitet. Die AIZ sprach mit dem bau- und wohnungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Jan-Marco Luczak, über die unbefriedigende Situation.

Interview von Heiko Senebald

AIZ: Herr Dr. Luczak, können Sie den Förderstopp nachvollziehen?

Dr. Jan-Marco Luczak: Die Entscheidung der Bundesregierung zum sofortigen Programmabbruch war ein kommunikatives Desaster und fatales Signal für den Klimaschutz und die Planungssicherheit von Bauvorhaben. Das wird zu einem massiven Vertrauensverlust in die Politik führen und ist damit das Gegenteil von dem, was wir angesichts der riesigen Herausforderungen im Gebäudebereich brauchen.

Wenn die Immobilienwirtschaft Kapazitäten für den klima- und altersgerechten Umbau aufbauen soll, bedarf es verlässlicher politischer Rahmenbedingungen. Das Vertrauen darauf beschädigt die Ampel nachhaltig, wenn sie vielen Eigentümer und Bauherren von heute auf morgen den Boden unter den Füßen wegzieht. Das ehrgeizige Neubauziel von 1,6 Millionen Wohnungen in dieser Wahlperiode rückt damit in weite Ferne. Die zahlreichen Versprechungen des Koalitionsvertrages werden damit zu wohlklingenden Phrasen ohne Glaubwürdigkeit degradiert.

Zugleich hat die Entscheidung von Habeck gezeigt, dass die Bundesbauministerin Geywitz ganz offensichtlich bislang kein Durchsetzungsvermögen innerhalb der Bundesregierung entwickelt hat. Sie hat diese Entscheidung von Habeck öffentlich bedauert, verhindern konnte sie sie offensichtlich nicht.

Viele Familien, Häuslebauer und Untenehmen hatten sich auf die KfW-Förderung verlassen. Mit welchen Auswirkungen rechnen Sie?

Auch auf massiven Druck der Unionsfraktion hat die Ampel den Förderstopp teilweise zurückgenommen. Die Ampel bleibt aber auf halbem Wege stehen, denn viele Häuslebauer und Unternehmen hatten sich darauf verlassen, auf Grundlage der geltenden Förderbedingungen bis zum 31. Januar 2022 Anträge einreichen zu können. Dieses Vertrauen ist schutzwürdig. Bislang gestellte Förderanträge müssen bearbeitet und beim Vorliegen der Voraussetzungen auch bewilligt werden.

Dabei geht es nicht nur um viele junge Familien, denen durch den Förderstopp der Boden unter den Füßen weggezogen wurde und deren Finanzierung und damit ihr Traum vom Eigenheim nun zu platzen droht. Auch die Immobilienwirtschaft sieht den Bau von mindestens 145.000 Wohnungen in Gefahr.

Allein durch bereits erbrachte Planungsleistungen, die nunmehr vergebens sind, ist ein Schaden von 600 Millionen Euro entstanden. Die Ampel trägt am Ende auch die Verantwortung, wenn durch den Wegfall der Förderung die Mieten steigen. Der Politik der Ampel konterkariert damit unsere Ziele für den Klimaschutz und Neubau sowie die Bezahlbarkeit von Wohnraum.

Wie reagieren Sie auf den Vorwurf von SPD und Grünen, dass schließlich die Union das Ende der KfW55 Neubauförderung zu verantworten hat?

Das ist ein durchsichtiges politisches Ablenkungsmanöver und soll das unkoordinierte Hin und Her der Bundesregierung bei der KfW-Förderung überdecken. Richtig ist, dass die letzte Bundesregierung das Auslaufen der KfW-55 Neubauförderung zum 31. Januar 2022 angekündigt hatte. Es gab also einen zeitlich angemessenen Vorlauf und eine klare Perspektive, um gegebenenfalls Umplanungen vorzunehmen.

Das ist etwas ganz anderes, als in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von Bundesminister Habeck quasi die komplette KfW-Förderung ohne Vorankündigung eine Woche vor einer von der Politik gesetzten Frist abrupt zu stoppen und damit bereits eingereichte Anträge infrage zu stellen. Das hat massiv Vertrauen zerstört und wurde zu Recht von der Ampel gleich wieder einkassiert.

Was muss jetzt passieren?

Wir brauchen jetzt verlässliche politische Rahmenbedingungen. Die durch die Ampel ausgelöste Verunsicherung darf nicht zum Wegfall von Neubauvorhaben und vieler notwendiger energetischer Sanierungen führen. Für alle Akteure braucht es eine klare Perspektive, um die notwendigen Kapazitäten für den Wohnungsneubau und den klima- und altersgerechten Umbau aufzubauen.

Wir brauchen eine umfassende, durchdachte Förderkulisse, die Anreize und Ambition verbindet. Hierfür muss sich die Bundesregierung jetzt ins Zeug legen. Insgesamt brauchen wir jetzt schnellstmöglich Klarheit, welche Bauvorhaben unter welchen Bedingungen künftig wie gefördert werden, sonst erreichen wir die ehrgeizigen Ziele bei Klimaschutz und Neubau niemals. Der Förderstopp darf nicht zu einem Bau- und Sanierungsstopp werden.

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Eule

 

Der zwischenzeitliche Förderstopp für das energetische Sanieren ist ein gutes Beispiel dafür, dass in Sachen Klimapaket und Wohnungsbau wohl eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft. Experten aus der Immobilienwirtschaft und Wissenschaft bezeichnen beispielsweise auch die Solarpflicht, eine hälftige Teilung der CO2-Bepreisung zwischen Mieter und Vermieter oder das Ziel, dass Heizungen zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen, als realitätsfern. Was sagen Sie dazu?

Im Koalitionsvertrag finden sich im Unkonkreten gute Ansätze. Sobald es aber ins Konkrete geht, geht es vorwiegend um Ordnungsrecht, also Verbote und mehr Regulierung. Bei den von Ihnen genannten Beispielen wird das sehr deutlich. Bei vielen Vorhaben der Ampel wird die Tragweite auch erst nach mehrmaligem Lesen klar.

Nehmen wir zum Beispiel die Pflicht, dass bis zum 1. Januar 2025 jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden soll. Dies stellt beim genauen Hinsehen eine Sanierungspflicht durch die Hintertür dar, die hunderttausende Häuslebauer wirtschaftlich überfordern wird.

Die Pflicht beim Einbau einer Heizung zu 65 Prozent erneuerbare Energien zu verwenden, soll nach den Plänen von SPD, Grünen und FDP auch für den Gebäudebestand gelten, das hat das Wirtschaftsministerium auf meine parlamentarische Anfrage ausdrücklich bestätigt. Technisch kommen hierfür vielerorts nur strombetriebene Wärmepumpen in Betracht. Um diese ökologisch und ökonomisch sinnvoll zu betreiben, braucht man aber Flächenheizkörper wie eine Fußbodenheizung und ein gut gedämmtes Gebäude. Es bleibt also nicht beim Austausch der Heizung, sondern es werden Investitionen in Höhe von vielen zehntausenden Euro auch in bestehende Gebäude fällig.

Klimaschutz und Wohnungsbau — wie geht das zusammen?

Wir müssen das große Ganze denken. Der Fokus darf nicht kleinteilig auf das einzelne Haus gerichtet sein, sondern der Quartiersgedanke muss im Vordergrund stehen. Ein echtes Hand-in-Hand von Klimaschutz und Wohnungsbau wird nur funktionieren, wenn der Staat mit effektiven Anreizen und Förderung unterstützt.

 

Foto: © Wesselmann