Persönliche Posts bei LinkedIn – wie ist es authentisch, wann wird es peinlich?

27. März 2023


Vor wenigen Jahren gab es ausschließlich einen Grund für Nutzer, sich auf LinkedIn umzusehen: Sie wollten einen neuen Job. Inzwischen hat sich das vollständig gewandelt. Die Plattform dient nicht mehr nur zum fachlichen, sondern vorallem auch zum persönlichen Austausch im B2B-Bereich.

Von Sonja Rösch

Postings, die auf menschelnde Inhalte abzielen, werden deshalb oftmals geliket und erzielen somit eine hohe Reichweite. Gleichzeitig sind immer mehr Nutzer von der zunehmenden Banalisierung der Inhalte genervt und ziehen Parallelen zu eher seichten Inhalten auf anderen Plattformen wie Facebook. Wie persönlich darf ein LinkedIn-Post also sein? Die Antwort unterscheidet sich von Person zu Person. Charaktere, die in Gesprächen eher zurückhaltend oder gar verschlossen wirken, sollten vielleicht auf Social-Media-Plattformen zunächst die inhaltliche Fachdebatte vorantreiben, anstatt über ihre privaten Gedanken zu resümieren. Authentizität ist das oberste Gebot. Aber auch Menschen, die von Natur aus aufgeschlossener sind, sollten nicht dem Anreiz der schnellen Likes erliegen. Scheinbar tiefsinnige Monologe darüber, welche weltbewegenden Einsichten einem beim Nachdenken in der Mittagspause kamen, wirken meistens eher peinlich. Das Problem dabei: Die Performance, die anhand von Likes, Interaktionen und Kommentaren gemessen wird, fällt bei solchen Posts zumeist weit überdurchschnittlich aus. Das sorgt jedoch oft für eine Fehleinschätzung. Denn Menschen, die von einem Beitrag genervt sind, interagieren oftmals gar nicht, was sich aber nicht in den Performancezahlen widerspiegelt. Oder aber, noch problematischer: Sie agieren aus den falschen Gründen und machen sich in Wahrheit lustig. In keinem Performancebericht steht aber jemals, wie die Interagierenden den Beitrag tatsächlich fanden.

Die erste Regel: Aussagen statt Quallenfett

Wie kann es also besser funktionieren? Zunächst einmal sollte eine Strategie der kleinen Schritte gewählt werden. Nach und nach etwas mehr von den eigenen Ansichten, Gedanken oder auch Emotionen zu zeigen, ist besser, als sofort „all in“ zu gehen. Darüber hinaus sollte immer auch beachtet werden, dass es sich bei LinkedIn um einen öffentlichen Raum handelt. Würden Sie auf einer Tagung einen fremden Immobilien-Entscheider während des ersten Kennenlernens damit behelligen, wie Ihr Klassentreffen verlaufen ist? Wenn nicht, sollten Sie das vermutlich auch nicht auf LinkedIn posten. Deshalb sollten auch Inhalte vermieden werden, bei denen scheinbar der Algorithmus ausgenutzt wird, um durch emotionale Inhalte und prägnante Botschaften Reichweite zu erreichen. Das ist letztlich Quallenfett – eine Sammlung unnützer Wörter, um eine halbgare Aussage zu strecken. Die Nutzer aus Fleisch und Blut reagieren womöglich vollkommen anders.

Die bessere Variante: persönliche Erfahrungen – und Scheitern

Vielleicht sollten persönliche LinkedIn-Formate eher diesem Vergleich folgen: Würde ich die entsprechende Geschichte im Rahmen eines Mentoring-Programms oder Coachings erzählen – oder aber in informeller Runde bei einem Branchentreff? Wenn ja, dann posten Sie es! Anekdoten aus der Studienzeit, ursprüngliche Berufsziele, die sich um 180 Grad gedreht haben, Projekte, die vergebens, aber lehrreich waren? Das sind Inhalte, die tatsächlich von vielen Nutzern dankbar aufgenommen werden. Zumindest, sofern sie authentisch sind und dementsprechend erzählt werden. Natürlich gehört auch ein bisschen Handwerkszeug dazu, die entsprechende Geschichte für LinkedIn aufzubereiten. LinkedIn-Posts sind weder Journal-Einträge noch journalistische Gastbeiträge, die mit langen Textblöcken auskommen. Stattdessen geht es darum, eine griffige Headline zu formulieren, (anders als dieser Beitrag: ohne Frageform!), passende Hauptargumente durch Absätze und Emojis zu markieren und eine überzeugende Conclusio zu formulieren. Und ja, auch ein CEO darf sich einmal emoji-technisch etwas trauen, schließlich kommunizieren wir auf WhatsApp privat inzwischen alle so. Allerdings ist der Inhalt deutlich wichtiger als die Form: Ein etwas zu langer Absatz oder etwas zu viele Emojis sind in jedem Fall besser als eine Aussage, die den Nutzer aus dem Lesefluss reißt.

Fazit: Polarisieren ist wichtig

„Es allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann.“ Das Sprichwort ist richtig, weshalb eine Aussage, mit der sich alle ein bisschen anfreunden können, kaum je einen Impact erzielen wird. Eine Aussage, mit der sich sechs von zehn Nutzern identifizieren können, und die von den anderen vier Nutzern konsequent abgelehnt wird, ist hingegen oftmals relevanter und wichtiger. Denn inzwischen ist LinkedIn für die konsequente Weiterentwicklung der Diskurse in der Immobilienbranche mindestens genauso wichtig wie die klassische Fachpresse. Und Dialoge werden nun einmal dadurch interessanter, wenn kontroverse Meinungen aufeinanderprallen. Natürlich geht es nicht darum, die andere Position zu diskreditieren – sondern vielmehr darum, konstruktiv über fachliche und persönliche Themen zu streiten.

Mit anderen Worten: Eine passende Mischung aus fachlichen und persönlichen Themen sorgt dafür, dass private LinkedIn-Kanäle zur Stärkung der Vorreiterrolle beitragen. Werden diese Themen über einen längeren Zeitraum hinweg konsequent weiterentwickelt, ergibt sich ein einheitlicher Auftritt, der letztlich zur persönlichen Visitenkarte auf LinkedIn wird – und damit idealerweise zum Sprungbrett für zahlreiche Kontaktaufnahmen und zur Anbahnung persönlicher Geschäftsbeziehungen.

Foto: lemonadv/depositphotos