Warum Landmakler von der Digitalisierung profitieren

9. Mai 2023


Die Herausforderungen für Makler im ländlichen Raum sind andere als die der Stadtmakler. Die Vertriebsgebiete sind größer und die Bedürfnisse der Kunden vielfältiger. In diesem Spannungsfeld sind digitale Helferlein unverzichtbar.

Von Jan Kricheldorf

Von kurzen Wegen können Landmakler nur träumen. Egal ob Besichtigung oder Immobilienaufnahme, wer nicht im städtischen Umfeld tätig ist, überlegt sich zwei Mal, ob der Anlass die Anfahrt wirklich wert ist. Im direkten Vergleich legen Makler auf dem Land ein Vielfaches an Kilometern zurück. Diese unvermeidbare analoge Arbeitsweise kostete nicht nur Zeit, sondern auch jede Menge Sprit. Schon in den Anfangsjahren nutzten deshalb viele von ihnen die Möglichkeiten der Digitalisierung. Mit der Ära Smartphone ging es los. Zum ersten Mal waren die in den Handys verbauten Kameras gut genug, um pixelfreie Videos zu produzieren und über Messenger zu verteilen. Es war keine Profikameraausrüstung mehr nötig, um für Interessenten ein Immobilienvideo aufzuzeichnen. Heute arbeiten viele Landmakler mit WhatsApp, um Kunden vorab ein Video oder den Link zu einer virtuellen Tour zu übermitteln.

Die Vorzüge von virtuellen Touren und Videos

Die 360-Grad-Tour, wie wir sie heute von Ogulo, Immoviewer oder Matterport kennen, war dann eigentlich die Wiedergeburt einer Digital-Uralt-Technologie aus dem letzten Jahrhundert. Denn ich erinnere mich noch gut daran, wie einige meiner Kommilitonen schon um 1998 herum eine 360-Grad-Anwendung in die Webseite des Uniradios installiert hatten. Zwar noch briefmarkengroß, aber voll funktionstüchtig. Google Street View griff diese Technologie wieder auf. Mit entsprechender Stitching-Software wurden die Einzelbilder zu einer nahtlosen Tour zusammengestellt und mit der Straßenkarte verknüpft.

In der aufkommenden PropTech-Branche wiederum wurden die Anwendungsmöglichkeiten perfektioniert, Tracking-Möglichkeiten geschaffen und die Geschosse einer Immobilie in ein digitales „Puppenhaus“ verwandelt. Das erleichtert den Arbeitsaufwand eines Maklers erheblich. Die digitalen Präsentationen wirken wie ein Filter, mit dem ernsthaftes Kaufinteresse von unnötigen Besichtigungen unterschieden werden kann. Virtuelle Touren und Immobilienvideos sparen also nicht nur Wege, sondern helfen auch dabei, die Qualifikationsprozesse von Anfragen zu beschleunigen.

Andere Märkte erfordern andere Missionen

Ähnlich ist es auch beim Marketing. Wer als Landmakler ein großes Vertriebsgebiet beackert, kann analog nicht überall gleich präsent sein. Auch hier helfen digitale Lösungen, Menschen, die über eine große Fläche verteilt sind, zielgenauer zu erreichen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um Nachfrager, Eigentümer, Verkäufer oder Vermieter handelt. Landmakler, die mit CRM-Software ihre Kontakte verarbeiten oder verwalten, werden als Breitbandmakler deutlich mehr Segmente pflegen müssen, um die verschiedenen Zielgruppen auseinanderhalten und zielgenaue Kommunikation leisten zu können. Denn die anzusprechenden Märkte sind zum Teil grundverschieden. Vermarktet werden landwirtschaftliche Nutzflächen, neuerdings zum Aufstellen von Solarfarmen, Waldflächen, Bauernhöfe, Gewerbegebiete sowie Wohnimmobilien in allen Gebäudeklassen.

In der digitalen Kaltakquise bedeutet das, im Vergleich zu Stadtmaklern, sehr viel mehr SEO-Missionen angehen zu müssen und ganze Seitenbereiche auf die passenden Keywords auszurichten. Dafür gibt es im Vergleich zur Stadt viel weniger Konkurrenz, so dass die digitale Sichtbarkeit deutlich schneller erhöht werden kann. Aber mit dem leichteren Generieren von Leads und Kontakten ist es leider nicht getan.

Newsletter und Content als Fieberthermometer

Denn um in der über Jahre gewachsenen Datenbank Aktivitäten und Interessen ausmachen zu können, benötigt es geeignete Messpunkte, nach denen der digitale Landmakler sein Handeln ausrichten kann. Am besten geht das datengetrieben über Content-Angebote, die zum Beispiel über einen regelmäßigen Newsletter in die Zielgruppen getragen werden. Diese wirken wie ein Fieberthermometer in der Bedürfnislage der Menschen in der eigenen Datenbank. Erst wenn der Aktivitätsindex eines Kontakts gestiegen ist, wird das Eingreifen des Maklers erforderlich, nämlich dann, wenn sich Veränderungssituationen abzeichnen wie ein beruflicher Wechsel, Erbangelegenheiten oder was auch immer einer Transaktion vorausgeht.

Künftig werden diese Prozesse noch mehr von Künstlichen Intelligenzen unterstützt werden. Dabei ist das Texten eines Exposétextes gerade einmal der Anfang. Größere Bedeutung wird die KI erhalten beim Automatisieren von Betriebsprozessen, die dem Landmakler viel Arbeit machen, wie zum Beispiel die Beschaffung von Unterlagen, die Marktbeobachtung, das Verarbeiten von verschiedenen Kaufpreissammlungen und das Optimieren der Effizienz im hektischen Büroalltag. Und wer geht künftig eigentlich ans Telefon, wenn der Makler im Kundengespräch ist? Es bleibt spannend.

 

Illustration: Wordliner GmbH, JudgeBat/depositphotos.com