Mit Gefühlen und Emotionen begeistern und bestehen

8. April 2020


Philipp Maderthaner ist als Kanzlermacher von Sebastian Kurz prominent geworden. Ende vergangenen Jahres hat sich der Österreicher nach 15 Jahren im Geschäft als aktiver Politikberater zurückgezogen. Er hat seine neue Rolle als Unternehmer gefunden. Der 38-Jährige tritt auf dem diesjährigen Deutschen Immobilientag 2020 in Bochum auf. Die AIZ sprach mit ihm darüber, was Unternehmen von der Politik lernen können und umgekehrt.

Interview von Heiko Senebald

AIZ: Herr Maderthaner, Sie sprechen auf dem Deutschen Immobilientag 2020 zum Thema „Begeistern. Wachsen. Großes bewegen. Was Immobilienunternehmer vom „Kanzlermacher lernen können“. Was erwartet die Besucher?

Philipp Maderthaner: Ich komme mit großer Spannung und Vorfreunde zum Deutschen Immobilientag nach Bochum. Mein großes Ziel ist es natürlich, Nutzen zu stiften und den Besuchern wichtige Impulse mit auf dem Weg zu geben. Ich habe mich in den vergangenen 15 Jahren mit der Frage beschäftigt: Was bewegt Menschen, wie bewege ich Menschen und wie begeistere ich Menschen mit meiner Sache? Das habe ich lange für und mit der Politik gemacht und in den letzten Jahren immer mehr für Unternehmen. Ich habe eines festgestellt: Es kämpfen eigentlich alle mit den gleichen Problemen. Und das sind vor allem zwei: Wie dringe ich heute noch zu den Menschen durch, die für meine Sache wichtig sind? Und wie begeistere ich andere für meine Sache, meine Überzeugung und meine Ideen? Ich glaube, da ist keine Branche davor gefeit, auch nicht die Immobilienbranche, die eigenen Zielgruppen zu begeistern. Eines dürfte allen klar sein: Wir leben in einer Zeit, in der Produkte und Dienstleistungen immer austauschbarer werden. Wer sich vom Markt positiv abheben will, der muss mehr bieten als bloße Transaktionen. Ich glaube, da liegt das große Potenzial für die Immobilienbranche.

Sie sagen also, dass die Unternehmen einfallsreicher sein müssen?

Eher emotionaler. Dieses „mehr anbieten“ bezieht sich ganz klar auch auf den emotionalen Nutzen, die Unternehmen am Markt stiften. Es wird doch immer schwieriger, sich in einem Wettbewerb, der da heißt: immer billiger, schneller und lauter, als Unternehmen zu profilieren. Wenn man heute in der Immobilienbranche die Frage stellt: Was verkaufst du? Dann wäre die Antwort vielleicht: Ja, ich vermittle Wohnungen. Aber die Frage bezieht sich hier auf die emotionale Ebene. Also: Was ist das Gefühl, das ich verkaufe? Wenn Menschen von einer Sache nicht genug kriegen können, dann von Gefühlen und Emotionen. Diejenigen, die diese Bedürfnisse befriedigen können, die werden in Zukunft erfolgreich sein.

Sie waren lange als Politikberater tätig. Was können Immobilienunternehmen von der Politik lernen?

Ich bin davon überzeugt, dass Politik von Unternehmen und Unternehmen von der Politik lernen können. In der Politik sind diejenigen erfolgreich, die erkannt haben, dass es eben nicht nur um Prozente und Programme geht, sondern vor allem um Werte und Überzeugungen. Und das ist auch die Erkenntnis, die für die Unternehmen wichtig ist. Unternehmen, die sich nur über ihre Produkte oder über das Transaktionale definieren, die werden wohl früher oder später vom Wettbewerb weggespült werden. Das reicht heute nicht mehr aus, um Bestand am Markt zu haben. Es geht als Unternehmen — auch als Immobilienunternehmen — vielmehr darum, Überzeugungen und Werte zu vertreten. Denn erst aus Werten und Überzeugungen entstehen Bindungen. Ein Immobilienunternehmen, das eine starke Beziehung und Bindung zu denjenigen Menschen, die seinen Erfolg ausmachen, herstellt, wird am Ende das Rennen machen.

Herr Maderthaner, Sie sind als „der Kanzlermacher“ hinter Sebastian Kurz bekannt geworden. Sie haben dessen Wahlkampagne 2017 federführend verantwortet und waren bekanntlich damit sehr erfolgreich. Wenn Unternehmer vorhaben, sich selbst als Marke auszubauen, um erfolgreicher auf dem Markt agieren zu können, kann das ein Erfolgsrezept sein?

Ich würde das nicht als Erfolgsrezept bezeichnen. Es ist eher eine Chance. Es kann Sinn machen, dass die Unternehmer-Persönlichkeit in den Vordergrund tritt, denn Menschen knüpfen enorm gern an andere Menschen an. Menschen haben selten emotionalen Bezug zu Institutionen. Ich sage oft gern salopp: Eine emotionale Bindung zu Türschildern ist schwer aufzubauen und zu etablieren. Emotionale Bindungen zu Menschen aufzubauen, ist da schon deutlich leichter. Viele Unternehmen profitieren davon, ganz starken Werte und Überzeugungen — ich würde sogar sagen eine Unternehmensideologie — in den Vordergrund zu stellen und so erfolgreich auf sich aufmerksam zu machen. Beides — auf eine Unternehmensideologie oder eine Unternehmer-Persönlichkeit zu setzen — sind erfolgsträchtige Wege. Welcher Weg im Einzelfall der richtige ist, muss aber jeder selbst entscheiden.

„Mitten im Wandel“ lautet der Titel des diesjährigen Deutschen Immobilientages. Das Motto steht sinnbildlich für die Veränderungen und Herausforderungen in der Branche. Sich von alten Dingen zu lösen und neuen zu öffnen, fällt nicht immer leicht…

…ist aber notwendig. Denn manchmal sind es gesetzliche Veränderungen oder manchmal Marktveränderungen, die einen gewissen Transformationsdruck auslösen. Wie geht man am besten damit um? Der Transformationsdruck muss aus meiner Sicht vor allem in drei Dingen münden. Erstens: Die Unternehmer müssen ein neues Bewusstsein für die Bedeutung von Beziehungen, nicht nur zu den aktuellen Kunden, sondern auch zu den potenziellen Kunden, entwickeln. Es wird notwendig sein, dass sie früher in der Wertschöpfungskette mit den potenziellen Kunden in Kontakt treten, um im entscheidenden Moment auch Top-Of-Mind zu sein.

Zweitens: Die Bedeutung des eigenen Tuns muss in der Kommunikation stärker vorangestellt werden. Ich beobachte oft, dass sich Unternehmer in schwierigen wirtschaftlichen Situationen zu sehr auf ihr eigenes Leid konzentrieren. Aber das eigene Leid begeistert Menschen nicht. Was Menschen begeistert, ist, wenn eigene Überzeugungen und Themen auch Bedeutung für sie selbst entfalten. Es geht also darum für Immobilienunternehmen, die Bedeutung ihres Wirkens stärker in den Vordergrund zu rücken und durch die Brille der potenziellen Kunden zu blicken.

Drittens: Der Unternehmer muss die Begeisterung für das eigene Handwerk auch selbst versprühen. Ich sehe viele Branchen — und ich schließe die Immobilienbranche hier nicht aus —, wo ein neues Selbstbewusstsein gefragt ist, wo man mit Stolz und Begeisterung für das eigene Tun auch am Werk ist. Eines ist doch klar: Wer Begeisterung bei den eigenen Kunden ernten möchte, der muss auch Begeisterung versprühen. Auch darüber werden wir beim Immobilientag sprechen.

Sie sind erfolgreicher Gründer, Marketingexperte, Coach und waren bis vor kurzem noch Politikberater. In welcher Rolle fühlen Sie sich besonders wohl und warum?

Ganz klar: Ich fühle mich in der Rolle des Unternehmers am wohlsten. Ich bin Unternehmer aus größter Leidenschaft und aus tiefster Überzeugung. Ich fühle mich der Gruppe der Unternehmer sehr verbunden, weil das für mich Menschen sind, die wirklich etwas bewegen. Sie bewegen jeden Tag Großes, verfolgen ihre eigenen Ideen, begeistern andere davon — diese Menschen will ich unterstützen. Das ist die Rolle meines Lebens.

Fehlt Ihnen die Politik gar nicht?

Nein. Ich habe das lange genug gemacht, in 15 Jahren in unterschiedlichsten Rollen und Funktionen. Ich habe alles ausgekostet, was es auszukosten gibt, inklusive einer erfolgreichen Kanzleramtseroberungs-Kampagne für Sebastian Kurz 2017. Insofern gibt es nur noch wenig, was mich da noch begeistern könnte. Ich habe für mich einen neuen Weg gefunden und das ist meine Unternehmerrolle und die Mission, anderen Unternehmern auf ihrem Weg zu helfen. Das ist mein Auftrag.

 

Foto: © Philipp Maderthaner