Die Renaissance des Makelns

12. Juni 2023


Man muss kein Prophet sein, um festzustellen, dass Vermietung und Verkauf im Jahr 2023 unter anderen Vorzeichen stehen als in den zurückliegenden Rekordjahren. Die ersten Monate haben deutlich gezeigt, dass insbesondere im Investmentbereich eine erhebliche Verunsicherung vorherrscht. Das hat verschiedene Gründe.

Von Klaus Saloch

Immobilienverkäufer und Käufer müssen neu zusammenfinden. Einerseits haben sich die Finanzierungsbedingungen verschlechtert und die Eigenkapitalanforderungen steigen, andererseits müssen sich die Kaufpreisvorstellungen zwischen Käufer und Verkäufer erst wieder angleichen.

Die gute Nachricht zuerst

Ob es nun — wie von einigen Experten vermutet — schon im zweiten Halbjahr besser wird oder, wie in anderen Prognosen angenommen, erst 2024 wieder nach oben geht, spielt erst einmal keine entscheidende Rolle. Viel wichtiger ist eine andere Tatsache: Die derzeitige Abkühlungsphase ist eine erstklassige Chance für Immobilienprofis. Wir befinden uns inmitten eines umfassenden Transformationsprozesses vom Verkäufer- zum Käufermarkt. Der Beratungsbedarf ist somit weitaus höher als noch vor wenigen Monaten und Jahren. Das fordert die gesamte Kompetenz der qualifizierten Immobilienmakler.

Mehr Realität wagen

Die Kaufpreise für Wohnimmobilien haben sich in den vergangenen Jahren konstant nach oben entwickelt. Die hohe Nachfrage haben wir auch bei Kleinanzeigen beobachten können. Zahlreiche Inserenten stießen mit ihren Gesuchen innerhalb kürzester Zeit auf ein reges Interesse. Die Zinsen waren historisch niedrig. Viele Menschen wollten ihr Geld in Betongold investieren — sei es nun zur Eigennutzung oder als Kapitalanlage. Inzwischen ist das Finanzierungsumfeld infolge der mehrfachen Zinserhöhungen schwieriger geworden. Parallel zu den Zinsen stiegen auch die Restriktionen bei der Hypothekenvergabe und die Eigenkapitalanforderungen. Kein Wunder also, dass die Anzahl der Immobilienkäufe deutlich eingebrochen ist. Die Erschwinglichkeit ist also schlechter als noch vor einem Jahr, die Kaufpreisvorstellungen müssen reduziert werden. Oder anders formuliert: Die Kaufpreise werden in vielen Teilmärkten sinken. Diese Realität müssen wir akzeptieren.

Ein neuer alter Markt entsteht

Doch nicht nur wir müssen sie akzeptieren, sondern auch unsere Kunden, allen voran die Verkäufer. Makler sind die ersten Ansprechpartner, wenn es darum geht, den Marktwert einer Immobilie zu ermitteln. Sie wissen aufgrund ihrer beruflichen Nähe am besten, welche Produkte in welcher Lage und welcher Qualität welchen Preis erzielen können. Sie müssen aber auch in der Lage sein, diese Preise zu erklären und letztendlich zu erzielen. In einem schwächelnden Umfeld ist das keine leichte Aufgabe. Entscheidend ist dafür auch der enge Dialog mit Kaufinteressenten — ein Dialog, der über Jahre kaum mehr im Fokus vieler Makler stand. Das ändert sich nun, wodurch sich auch ein Markt eröffnet, der über Jahre viel zu wenig beachtet wurde. Auch in Ballungsräumen benötigen Kaufinteressenten künftig vermehrt beratende und vermittelnde Unterstützung beim Immobilienerwerb.

Horizontal und vertikal denken

Die Kernaufgabe dabei bleibt die gleiche: Kaufinteressenten müssen zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit der richtigen Immobilie in Kontakt kommen. Bei der Suche nach eben diesen Kaufinteressenten können wir uns inspirieren lassen vom Aufbau von eCommerce-Plattformen wie Kleinanzeigen. Schließlich unterstützen sie datengetrieben die Aufgabe von Mak-lern. Ihr Aufbau folgt einem stringenten Muster: Sie begleiten Kaufinteressenten vertikal durch den Prozess, vom reinen “Surfing” durch die Inserate hin zum Kaufabschluss. Horizontal finden sich Angebote, die zum Produkt passen könnten. Ein Interessent, der einen Kinderwagen sucht, könnte auch an einer größeren Wohnung interessiert sein. Diese Syn-
ergie-Effekte gewinnen in einem Käufermarkt an Bedeutung. Schließlich stellen sie den Käufer und eben nicht den Verkäufer in den Fokus. Immobilienmakler können diese Denkweise schnell und einfach auf ihr Geschäft übertragen und dadurch Kaufinteressenten generieren. Die Produktsuche folgt danach.

 

 

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