Alles bleibt anders – Deutscher Immobilientag 2023

18. Juli 2023


Ein abwechslungsreiches Programm, spannende Blicke in die Zukunft der Branche, persönliches Wiedersehen und Kennenlernen — so viel DIT war wohl noch nie, äußerten viele der rund 1.500 Teilnehmer zufrieden und anerkennend.

Von Stephen Paul

Bevor diese zum großen Branchentreff am 15. und 16. Juni im bcc Berlin zusammenkamen, setzten die Mitglieder des gastgebenden Immobilienverband Deutschland IVD bereits ein Signal selbstbewusster Geschlossenheit und des Aufbruchs.

Ehrenpräsident Jens-Ulrich Kießling bedankte sich in einer bewegenden Rede bei Jürgen Michael Schick für dessen großes fachliches und kommunikatives Engagement für den IVD und die gesamte Immobilienbranche. Auf Beschluss der Mitgliederversammlung wurde Jürgen Michael Schick zum Ehrenpräsidenten ernannt. Der ebenfalls scheidende Vize-präsident Björn Petersen erhielt die Ehrenmitgliedschaft.

Auf der Mitgliederversammlung wählten sie einstimmig den bisherigen Vizepräsidenten Dirk Wohltorf zum neuen Präsidenten. Der Berliner Immobilienmakler folgt auf Jürgen Michael Schick. Dieser konnte satzungsgemäß nach zwei Amtszeiten von insgesamt acht Jahren nicht erneut kandidieren. Auch die Wahl der vier Vizepräsidenten erfolgte einstimmig. Axel Quester (Duisburg) und Markus Jugan (München) wurden bestätigt, Jeanette Kuhnert (Hamburg) und Robert Vesely (Magdeburg) erstmalig ins Präsidium gewählt.

Geschlossenheit, werteorientiertes Unternehmertum und der Wille zum Aufbruch — diese aktuellen Haltungen der Immobilienbranche war für jeden Beobachter auch beim Deutschen Immobilientag mit Händen greifbar.

Respekt für Arbeit der Immobilienunternehmer

Das Grand Opening war vielversprechend für die folgenden beiden Veranstaltungstage. Der als Fernsehjournalist bekannte Moderator Volker Wieprecht führte auf der Hauptbühne durch das Programm. Gemeinsam mit Kerstin Huth, der Vorsitzenden des IVD Berlin-Brandenburg, begrüßte er die Teilnehmer und holte den wenige Stunden zuvor frisch gewählten IVD-Präsidenten Dirk Wohltorf auf die Bühne. Dieser eröffnete den Deutschen Immobilientag im voll besetzten Kuppelsaal mit einer vielbeachteten Ansprache, in der er Respekt für die Arbeit der Unternehmer und Beschäftigten der Immobilienwirtschaft in Politik und Gesellschaft einforderte.

Wir leben in einer anderen Immobilienwelt

Zunächst stellte Wohltorf fest, dass „wir seit dem Sommer des vergangenen Jahres in einer anderen Immobilienwelt leben. Die Transaktionszahlen im ganzen Land sind eingebrochen. Dringend notwendige Neubauprojekte werden verschoben oder häufig sogar ganz abgesagt. Für hunderttausende junge Familien bleibt der Traum vom Eigenheim bloß ein Traum.

Dem Bündnis bezahlbarer Wohnraum fehlt der „Wumms“

Wohltorf machte deutlich, dass der IVD weiter im Bündnis bezahlbarer Wohnraum der Bundesregierung mitwirken wird. Anspielend auf die geflügelte Wortwahl des Bundeskanzlers, erwartet er sich von dem Bündnis aber weder einen „Wumms“ noch den eigentlich erforderlichen „Doppel-Wumms“ für den Wohnungsbau. Ein Grund hierfür sei die Zusammensetzung des Bündnisses. Anders als etwa das erfolgreiche Hamburger Bündnis würden im Bundesbündnis 14 Partner mitbestimmen, die nichts mit der Bau- und Immobilienwirtschaft zu tun haben. Teilweise sei auch zweifelhaft, ob diese für das gemeinsame Ziel arbeiten. „Oft sind sie Bedenkenträger.“ Beim Ziel „hunderttausende Neubauwohnungen pro Jahr“ dürfe nicht gebremst und überreguliert werden. „Es gibt nur ein Rezept — und das heißt: Bauen, bauen, bauen“, so Wohltorf.

Wohneigentum aus sozialer Verantwortung fördern

In seiner Eröffnungsansprache beschrieb der IVD-Präsident dann die gesellschaftliche Bedeutung der Wohneigentumsförderung. „Stabile Wohn- und Lebensverhältnisse entstehen dort, wo große Bevölkerungsgruppen die Chance haben in den eigenen vier Wänden zu leben. Mit Blick auf die nötige Altersvorsorge ist die Förderung des Wohneigentums sogar eine soziale Aufgabe. Es muss daher alles unterbleiben, was die Wohneigentumsbildung weiter erschwert. Schließlich soll doch der Neubau nicht abgewürgt, sondern stimuliert werden.“

Energieeffizienz von Häusern in Europa nicht vergleichbar

Der IVD unterstützt die Wärmewende, lege aber Wert auf eine faire Ausgestaltung. „Zwar gibt es in Deutschland viele ältere Ein- und Zweifamilienhäuser, jedoch stehen wir mit unserem Gebäudebestand im europäischen Vergleich gar nicht so schlecht da. Da die Energieeffizienzklassen in Europa nicht vereinheitlicht und wir in Deutschland bei der energetischen Sanierung gut vorangekommen seien, bekommt dasselbe Haus in Frankreich oder den Niederlanden eine bessere Effizienzklasse zugesprochen. Dass nun seitens der EU die jeweils schlechtesten 15 Prozent des Gebäudebestandes saniert werden müssen, erscheint mangels Vergleichbarkeit ungerecht“, stellte Wohltorf fest.

IVD-Präsident fordert Respekt für Immobilienbranche ein

Zum Abschluss seiner Ansprache schlug der IVD-Präsident einen nachdenklichen Ton an. Er erinnerte daran, dass „Respekt“ die Parole der SPD im vergangenen Bundestagswahlkampf gewesen ist. „Es war der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz, der während der Pandemie als Kanzlerkandidat Respekt für die Leistungen der Krankenpfleger, Ärzte, Altenpfleger oder LKW-Fahrer gefordert habt. Mit Blick auf die Immobilienwirtschaft und unsere Branche fehlt mir dieser Respekt“, stellte Wohltorf unter anhaltendem Beifall im Saal fest und schilderte Beispiele: In Berlin warb eine vormalige Regierungspartei des Berliner Senats mit dem Slogan „Miethaie zu Fischstäbchen“. Auf Demonstrationen pro Mietendeckel oder pro Enteignung liefen Politiker neben Plakaten mit der Aufschrift „Kill your Landlord“. „Da wird eine rote Linie überschritten, die zur Spaltung der Gesellschaft beiträgt und die eine ganze Branche diffamiert. Die 6.300 im IVD vereinten Immobilienunternehmer und ihre Beschäftigten gehen mit ihren Kunden, Vermietern, Mietern, Verkäufern, Käufern, Eigentümern und auch mit den Politikern respektvoll um. Die Immobilienwirtschaft hat ebensolchen Respekt verdient.“

Grußwort des Staatssekretärs Dr. Rolf Bösinger

In Vertretung der Ministerin Klara Geywitz, die durch Beratungen im Deutschen Bundestag verhindert war, richtete der Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger ein Grußwort an die Teilnehmer. Er dankte zunächst Jürgen Michael Schick im Namen der Bundesregierung für die langjährige Zusammenarbeit. Anschließend griff er die Forderung Wohltorfs nach Respekt für die Immobilienbrache auf und versprach, sich dafür einzusetzen.

Eine gute Nachricht für Wohnungseigentümergemeinschaften hatte der Staatssekretär auch dabei: In Kürze werde die Bundesregierung einen Gesetzentwurf beschließen, der künftig auch WEG-Versammlungen in digitaler Form zulässt. Dr. Bösinger ging auch auf die Digitalisierung der Immobilienwirtschaft ein. Mit einem Investitionsvolumen von mehr als 600 Millionen Euro in 2021 sei die PropTech-Szene schon recht erfolgreich. Die Bundesregierung freue sich auf die weitere Zusammenarbeit mit dem IVD und dem neu gewählten Präsidenten, schloss der Staatssekretär sein Grußwort.

Wo bleibt die Zeitenwende?

Mit seinem Standpunkt „Wo bleibt die Zeitenwende?“ betrachtete der Journalist Jan Fleischhauer humorvoll die politische Lage. Dabei nahm er das deutsche Beharrungsvermögen und den Bürokratismus aufs Korn. Es gelte für Bürger und Unternehmen allein 246.000 Bundesvorschriften zu beachten — von Landesgesetzes und kommunalen Regelungen noch abgesehen.

Fleischhauer äußerte den Verdacht, dass jede Krise, wie die Corona-Pandemie oder der Krieg um die Ukraine, eine Gelegenheit für politische Akteure sei, ihre jeweiligen Vorstellungen mit noch mehr Verve zu vertreten. So würde versucht, die Energiewende nun gegen die wirtschaftliche Vernunft und Zumutbarkeit für Immobilieneigentümer noch schneller durchzusetzen. Seinen Zuhörern gab Fleischhauer schließlich den Tipp: „Lassen Sie sich nicht verdrießen. Vieles lässt sich besser ertragen, wenn man ihm mit Humor begegnet.“ Und auch damit hatte er die Lacher auf seiner Seite.

Maklersprechstunde erstmalig live

Ein weiterer Höhepunkt des ersten Kongresstages war die „Maklersprechstunde live“ mit Georg Ortner. Dieser versammelte Dirk Wohltorf, Luciano Bellebuono, Roland Kampmeyer und Jan Sprengnetter zum Gespräch auf dem Podium. Geboren am dritten Tag des Corona-Lockdowns und bisher stets als Aufzeichnung jeden Dienstagmorgen um 8.30 Uhr gesendet, wurde auf dem Deutschen Immobilientag die Maklersprechstunde erstmalig live von der Bühne übertragen. Tenor war, dass das Angebot an Immobilien deutlich gestiegen ist. Makler mit ihrer Marktkenntnis seien als Vermittler und Berater mehr denn je gefragt. In der Branche selbst finde derzeit eine Bereinigung statt. „Glücksritter“ würden kaum durchhalten, echte Kümmerer dagegen hätten auch als kleinere Büros ihre Chance. Trotz Arbeitsentlastung durch auf künstlicher Intelligenz basierten Anwendungen brauche die Branche viel Nachwuchs und müsse dafür werben.

Was war noch so los auf der Main Stage? Hannah Helmke informierte über wirksame Klimastrategien und die Transformation von Immobilien. Einblicke in die Praxis der Gemeinschaftsgeschäfte hierzulande und in den USA bot Pius Dawson.

Nikolai Roth fragte „Wie viel Hybridmakler steckt in Dir?“ und sprach darüber in einer Runde mit Andreas Hubert, Angela Gehrmann, Christian Hoffmann und Luisa Haxel.

Rege Diskussion auch auf Stage II

Auf der zweiten Bühne im „Weißen Saal“ berichtete zunächst Kai Enders, wie mit Hilfe künstlicher Intelligenz Immobilien schnell gekauft, aufgewertet und mit Gewinn verkauft werden können (Fix & Flip).

Dann informierte Axel Weishaupt über die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und den Glasfaserausbau für Mehrfamilienhäuser. Christiane Rübenack, Arne Pistoor und Kathleen Schulze-Renk diskutierten, moderiert durch Stephen Paul, Eigenarten und Strategien von Maklern „auf dem Lande“, also abseits der Metropolen in den Klein- und Mittelstädten und ländlichen Regionen.

Anschließend ging Prof. Dr. Marco Wölfle darauf ein, ob eine selbstverwaltende Wohnungseigentümergemeinschaft eher eine Chance oder ein Risiko für den Verwalter ist. Beim „Best of Mietrecht“ schilderte Ricarda Breiholdt anschaulich Fälle und erläuterte juristische Entscheidungen.

Am zweiten Tag

Weiter ging es am Freitagmorgen auf der Main Stage mit einem Lagebericht zur Immobilienwirtschaft, den Katarina Ivankovic anbot. Jan Kricheldorf sprach darüber, wie Käufer und Eigentümer sicher durch die bewegten Märkte geführt werden können.

Um die Nachwuchsgewinnung und den richtigen Umgang mit den Berufseinsteigern ging es in einer Gesprächsrunde mit Miriam Beul, Nico Kramp, Niklas Querfeld, Laura Victoria Schick und Astrid Kade.

Auch am Freitagnachmittag blieb es auf der Main Stage spannend: Moderiert von Carolin Hegenbarth diskutierten Felix Kusch, Anika Schönfeldt-Schulz und Florian Schüler immobilienwirtschaftliche Erfolgsfaktoren.

Thomas Brunner informierte über die „neue Weltmacht“ künstliche Intelligenz. Die Wahrheit über den Immobilienmarkt versprach Dr. Gesa Crockford, indem sie einen exklusiven Ausblick auf das Immoscout24-Wohnbarometer gewährte. Dr. Klaus Hildebrandt referierte über Klauseln, Kosten und Irrtümer bei der Absicherung der Maklerprovision im Kaufvertrag.

Auf der Stage II war es am Freitag nicht minder spannend. Xenia Krause-Dünow verriet, wie man sich als Führungskraft sichtbar macht und welche starke Wirkung das äußere Erscheinungsbild auf die Personalgewinnung und die Motivation im Unternehmen hat. Praxistipps zum Umgang mit energetischer Sanierung in Wohnungseigentümergemeinschaften gab Gerhard Holzapfel. „Glückliche Kunden sind die besten Kunden“ — so brachte es Alexandra Bredahl auf den Punkt, als sie dazu vortrug, wie man Kundenbeziehungen zwischen Vermietern und Mietern verbessern kann.

Aufschlussreich dann der darauf folgende Best-Practice-Talk, moderiert von Carolin Hegenbarth. Thema waren Möglichkeiten der Kooperation unter Maklern wie die Gemeinschaftsgeschäfte. Darüber diskutierten Corvin Tolle, Pius Dawson, Peter Schürrer, Ulrich Joerss und Bärbel Falkenberg-Bahr und berichteten von ihren Erfahrungen.

Henner Schmidt gab danach Handlungsempfehlungen für die Umsetzung des Gebäudeenergiegesetzes. Thema des letzten Talks auf der Stage II waren der Teilverkauf und die Immobilienrente. Moderatorin Carolin Hegenbarth holte dazu Sven Keussen, Philip Schulze, Dietmar Theiler und Friedrich Th

Justizminister Dr. Buschmann will Eigentum schützen

Kennt man es von anderen Kongressen, dass sich der Saal am Freitagnachmittag leert, so bewiesen die Teilnehmer des Deutschen Immobilientages das Gegenteil. Hunderte waren geblieben, um den Bundesminister der Justiz, Dr. Marco Buschmann, zu hören.

„Eigentum hat hohen Verfassungsrang“, stellte der FDP-Politiker fest. Er verdeutlichte, wie wichtig die Bildung von Wohneigentum für unsere Gesellschaft ist. Als Justizminister werde er alles dafür tun, das Eigentum zu schützen.

Angesprochen auf das Mietrecht, erklärte der Minister, dass dieses die Aufgabe habe, einen fairen Interessensausgleich zwischen Vermietern und Mietern sicher zu stellen. Diese Balance müsse gewahrt bleiben und sprach sich damit gegen weitere Mietrechtsänderungen zulasten der Vermieter aus. Dr. Marco Buschmann betonte in seiner Ansprache die gemeinsamen Wertvorstellungen von einer freien Berufsausübung und Wirtschaftsordnung. Er setze auf den weiteren Dialog mit dem Immobilienverband Deutschland IVD und erhielt viel Beifall für seine Worte.

Das große Finale bestritt dann Prof. Dr. Jack Nasher. Er sprach nicht nur darüber, wie man Menschen für sich gewinnt, sondern schaffte es auch selbst, die Teilnehmer im Kuppelsaal des bcc Berlin für sich und seinen unterhaltsamen Vortrag einzunehmen.

Uns bleibt, allen Mitwirkenden, Partnern und Austellern zu danken. Auf Wiedersehen beim Deutschen Immobilientag 2024 in München!

… und was war noch?

Eine stimmungsvolle ImmoNight! War schon am Vorabend des Deutschen Immobilientages das WarmUp der IVD-Region Berlin-Brandenburg auf der Sonnenterrasse des Alice Rooftop ein Erfolg, waren alle Teilnehmer der ausgebuchten ImmoNight vollauf begeistert. Diese fand traditionell am Abend des ersten Kongresstages statt, diesmal im „Von Greifswald“, einem ehemaligen Güterbahnhof.

Hier war auf dem begrünten Hof und in den Hallen genug Raum für gute Unterhaltung, leckeres Essen und Trinken und am späteren Abend zum Tanzen und Feiern. Das historische Gebäude mit seinem Charme bot bis nach Mitternacht hunderten Gästen in Feierlaune die Gelegenheit dazu. Auch an diesem Abend zeigte die Branche gesellschaftliche Verantwortung: Im Rahmen einer Versteigerung der Initiative „IVD Sozial“ kamen über 2.500 Euro für hilfsbedürftige Kinder zusammen.

Wir danken herzlich!

 

Bildnachweis: IVD