Der Breitbandausbau in Bestandsgebäuden durch das DigiNetz-Gesetz

4. August 2017


Der Erfolg der Digitalisierung ist abhängig von den Datennetzen, in denen die enormen Datenpakete weitergeleitet werden. Verallgemeinert ausgedrückt, handelt es sich dabei um den sog. Breitbandausbau, dessen Ziel schon lange auch ein politisches ist. Von Dr. Christian Osthus

Mit dem sogenannten Digi-Netz-Gesetz (Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze) hat der nationale Gesetzgeber eine weitere Regelung getroffen, um insbesondere den Ausbau von Glasfaserkabeln zu unterstützen. Dass hier Handlungsbedarf besteht, ist unbestritten. Denn im Vergleich zu etwa Japan oder Südkorea, die bereits eine Glasfaser-Netzabdeckung von mehr als 70 Prozent aufweisen, hinkt Deutschland mit gerade einmal 1,2 Prozent deutlich hinterher.

Wer nun denkt, Deutschland lege seinen Fokus auf den Ausbau des DSL-Netzes (Kupferdraht) und des Mobilfunknetzes (LTE), irrt. Auch insoweit landet Deutschland auf den hinteren Rängen. Künftig soll daher bei jeder Baustelle an öffentlichen Verkehrswegen Glasfaser mitverlegt werden. Auch bei der Erschließung von Neubaugebieten soll die Mitverlegung von Glasfaser stets gewährleistet werden.

Im Falle eines Wohnungsstiches lohnt ein Blick auf die genaue Rechtslage

Bereits nach aktuellem Recht ist in § 76 Telekommunikationsgesetz (TKG) geregelt, dass der Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze auf Grundstück zugreifen kann, um die darauf befindlichen Gebäude anzuschließen (sog. Hausstich). Da die Datenverbindungen hinter der Wohnungstür benötigt werden, hat der Gesetzgeber auch hier sein Regelwerk im Hinblick auf die gebäudeinterne Netzinfrastruktur erweitert und den sog. Wohnungsstich novelliert, um die Glasfasertechnologie direkt in das Gebäude zu bringen (FTTH, „fibre to the home“ in Ergänzug zu FTTB „fibre to the building“). Haus- und Wohnungsstich schließen nach der neuen Rechtslage direkt aneinander an.

Zwar profitieren Eigentümer und Mieter vom Breitbandausbau. Es gibt aber auch Personen, die kein Interesse daran haben, hieran mitzuwirken, so dass hier ein Blick auf die genaue Rechtslage lohnt, wenn doch einmal auf die Wohnung zugegriffen werden muss. Entweder, weil der Mieter einen leistungsfähigeren Anschluss will, der Vermieter dies aufgrund von baulichen Änderungen aber nicht möchte. Oder ein Mieter den Zugang zu seiner Wohnung verweigert, weil er mit den Baumaßnahmen nicht einverstanden ist. Fraglich ist daher, wer im Fall eines Wohnungsstiches was dulden muss.

Der  „Wohnungsstich“ nach § 77 k TKG

Nach § 77 k TKG ist der Betreiber öffentlicher Kommunikationsnetze berechtigt, sein Netz in den Räumen des Teilnehmers abzuschließen. Dabei sind zwei unterschiedliche Varianten denkbar: die Schaffung neuer Infrastruktur (§ 77 k Abs. 1 TKG) oder die Mitnutzung vorhandener. Die Mitnutzung kann sich beispielsweise auf Kabel, Schächte, Rohre und andere Infrastrukturen beziehen. Die Verlegung neuer Netzinfrastruktur ist nach § 77 k Abs. 2 TKG jedoch nur statthaft, soweit keine Nutzung bestehender Netzinfrastruktur möglich ist, mit der der Betreiber seinen Telekommunikationsdienst „ohne spürbare Qualitätseinbußen“ bis zum Teilnehmer bereitstellen kann. Gemeint ist damit grundsätzlich ein Glasfaseranschluss (FTTH), da praktisch jede Wohnung in Deutschland über einen Anschluss an das klassische Telefonnetz (Kupferdoppeladern) und/oder einen Kabelanschluss (Koaxialnetz) verfügt und somit eine Datenleitung mit mindestens 50 Mbit/s möglich ist.

Eigentümern und Verwaltern wird geraten mit den Netzbetreibern zu kooperieren

Voraussetzung für einen Wohnungsstich ist, dass der anzuschließende Teilnehmer im Sinne des § 77 k Abs. 1 TKG zustimmt. In der Regel geht in Bestandsbauten die Initiative für einen schnelleren Zugang vom Mieter aus, so dass eine Zustimmung in der Regel vorliegt. Scheidet die Mitnutzung vorhandener Infrastruktur aus, verlangt § 77k Abs. S. 2 TKG schließlich, dass die zum Netzabschluss Eingriffe in das Eigentum Dritter, also in der Regel das des Vermieters, so geringfügig wie möglich erfolgen. Der Netzbetreiber ist damit gezwungen, die schonendste Variante zu wählen. Liegen diese Voraussetzungen vor, hat der Netzbetreiber gegenüber dem Eigentümer einen Anspruch auf Duldung der Maßnahmen (Verlegung von Kabelkanälen bzw. Leerrohren, Durchzug von Glasfaserkabeln und deren Anschluss an die Teilnehmeranschlusseinheit). Hierbei handelt es sich um eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage, die dem ordentlichen Rechtsweg zugewiesen ist. Auch wenn die neue Vorschrift  ganz vorrangig den Interessen der Endkunden dient, steht der Duldungsanspruch nur dem Netzbetreiber zu.

Ungeklärt ist jedoch, ob der unbeteiligte Mieter einer Wohnung die Maßnahmen dulden muss, wenn der Netzbetreiber Zugang verlangt. In Betracht kommt hierbei, dass es sich um eine Modernisierung handelt, also um eine Maßnahmen, die aufgrund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (§ 555b Nr. 6 BGB).

Da die Vorschrift nicht verlangt, dass der Vermieter die Maßnahme selbst durchführt, er ist ja selbst zur Duldung verpflichtet, liegt in diesem Fall eine Modernisierung vor. Eine Modernisierungsmieterhöhung scheidet indessen aus, da die Kosten für die Verlegung der Leitungen und ggfls. für den Anschluss an das Stromnetz (§ 77 k Abs. 1 S. 5 TKG) der Netzbetreiber trägt.

Eigentümern und Verwalter ist daher insgesamt zu raten, mit den Netzbetreibern zu kooperieren und einen Wohnungsstich nur abzulehnen, wenn ein Ausweichen auf vorhandene Infrastruktur möglich ist und der Betreiber nicht die schonendste Variante wählt. Die Instandhaltungspflicht der Leitungen etc. liegt beim Netzbetreiber, in dessen Eigentum die Netzkomponenten auch verbleiben, da es sich hierbei um sog. Scheinbestandteile handelt (§ 95 BGB).

Immobilien zu tun hatten, nicht auch dazugehören dürfen.

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