„Der Immobilienmakler ist tot!“

30. September 2022


Michael Kroll berät seit über 30 Jahren zum Verkauf und zur Vermietung von Immobilien. Anfang des Jahres erschien sein Buch „Der Immobilienmakler ist tot!“. Im AIZ-Interview erklärt Michael Kroll, warum und wie sich der Makler seiner Meinung nach ändern muss.

Interview von Adrian M. Darr

AIZ: Warum ist der Immobilienmakler tot und woran ist er gestorben?

Michael Kroll: Der Titel meines Buches ist natürlich etwas provokativ gewählt. Gestorben ist der Makler nicht, aber als Berufsbezeichnung ist der Makler definitiv tot. Die Immobilienbranche wandelt sich gerade mit einer extremen Schnelligkeit und unaufhaltsam. Die Digitalisierung reißt den Makler aus seinem bisherigen Aufgabenfeld. Denn wir sind Dienstleister, die Verträge vermitteln, die wir aber nicht abschließen. Das kann man heute zu 99 bis 100 Prozent im Internet machen. Dieser Entwicklung müssen wir uns als Makler anpassen. Das Thema Beratung rückt hier in den Vordergrund. Werde hier eine eigene Marke. Das bedeutet, suche dir ein Alleinstellungsmerkmal in deiner Farm. Werde Gutachter,
werde Experte für barrierefreies Wohnen und so weiter.

Wann und warum haben Sie die Entscheidung getroffen, vom Makler zum Berater zu werden?

Da gab es ein sehr einschneidendes Erlebnis. Zu unserem Geschäft gehört es, Grundstücke zu akquirieren, Bauträger und Eigentümer zusammenzubringen, die Verträge — wie schon gesagt — zu vermitteln und den Vertriebsweg vorzuschlagen. Für ein Planungsobjekt habe ich mir vor etwa neun Jahren einen Architekten gesucht. Das Objekt war für ältere Menschen vorgesehen, es sollte deshalb barrierefrei sein und der Architekt hat das dann seinen Vorstellungen entsprechend entworfen.

Ich hielt dann in dem Rohbau — ein Teil war schon bezugsfertig — vor ungefähr 30 Besuchern einen Vortrag über das Objekt und erklärte auch, es sei barrierefrei — damals wusste ich noch nicht, was da alles dazu gehört, beispielsweise Details wie farbliche Unterschiede. Und einer der Teilnehmer der Besichtigung sagte, es sei mitnichten barrierefrei. Das war für mich ein Schock. Der Mann hatte natürlich recht.

Bei der Erstellung eines Bauantrages gab es die Möglichkeit, eine Befreiung (Abweichung) zu beantragen. Diese Befreiung konnte auch für Maßnahmen der Vorgaben zur Barrierefreiheit beantragt werden. Was der Architekt dann auch ausgenutzt hat. Doch dieser ältere Mann hatte mich inspiriert. Daraufhin habe mich zum Barrierefrei-Experten ausbilden lassen.

Was bedeutet das für Ihre Arbeitsweise? Was machen Sie seit diesem Erlebnis anders als davor?

Der eine Teil ist ja, dass man seine Akten und Objektunterlagen im Griff haben muss. Also prüfe das, was zu prüfen ist. Als Gutachter im Gutachterausschuss weiß ich, dass eine Grundstücksflurkarte manchmal auch täuschen kann.

Der andere Teil ist: Wenn man Experte ist, dann ist man auch immer gefragt. Wenn zehn Menschen am Tisch sitzen und das Wort „barrierefrei“ fällt, dann schauen alle zu mir. Also meine tägliche Arbeit ist die Akquise. Und wenn man beispielsweise mit einer älteren Frau im Rollstuhl am Tisch sitzt und ihre Situation nach vollziehen und auf ihre Probleme eingehen kann, dann genügen oft schon zwei, drei Sätze, um eine komplette Basis des Vertrauens zu schaffen. Und mein Beruf lebt einfach vom Vertrauen.

Durch unsere Expertise und Erfahrung können wir viel stärker auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen. Das bedeutet dann schon mehr Aufwand. Aber dafür erhält man dann auch das Vertrauen des Kunden.

Wie reagieren Ihre Kunden, wenn Sie sich als Berater und nicht als Makler vorstellen?

Man schätzt unsere Expertise und am Ende unserer Gespräche werden wir gefragt: „Was bin ich Ihnen jetzt schuldig?“ Das hatte ich früher mit der Bezeichnung Makler nie. Wenn man als Makler fragt, ob man die Unterlagen mitnehmen kann, ist die Antwort oft: „Den Ordner gebe ich nicht her.“ Wenn man als Gutachter fragt, sagen die Kunden: „Ja, natürlich.

Bezeichnungen wie „Beratungszentrum für Erbschafts- und Trennungsimmobilien mit Schwerpunkt auf Leben im Alter“ oder „Fachberater für barrierefreies Bauen“ findet schon ganz anders Anklang, als Bezeichnungen wie „Makler“. Und das drückt sich dann auch in der Honorierung aus.

Was würden Sie jüngeren oder anderen Maklern empfehlen, die auch den Weg
vom Makler zum Berater gehen
möchten?

Ganz einfache Antwort: Besetze ein Thema. Sei in Deiner Farm Spezialist für beispielsweise Leben im Alter, Scheidung, Immobilienbewertung. Das kann man dann mit Verkauf paaren. Wichtig ist dabei, dass man sich in seinem Schwerpunkt weiterbildet und in die Tiefe geht.

Das Buch von Michael Kroll, Der Immobilienmakler ist tot! Der Weg vom Makler zum Berater, erhalten Sie unter folgender ISBN: 9 783755 793434.

 

Foto: Michael Kroll