Die Zweier-WEG — Das schwierige Wesen

11. Oktober 2022


Wohnungseigentümergemeinschaften gibt es in den unterschiedlichsten Größen. Die Bandbreite reicht von großen Gemeinschaften mit mehreren hundert Objekten über mittelgroße Gemeinschaften bis hin zu Gemeinschaften mit nicht mehr als zwei Wohnungen. Solche „Zweier-Gemeinschaften“ sind die kleinsten vorstellbaren Wohnungseigentümergemeinschaften. Häufig handelt es sich um Doppelhäuser oder ähnliche Gebäude. Die Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist hier in der Regel deshalb gewählt worden, weil eine Realteilung des Grundstückes nicht erfolgen konnte. In der Teilungserklärung wird dabei mehr oder weniger versucht, beiden Einheiten beziehungsweise ihren Eigentümern mehr Autonomie einzuräumen als in größeren Gemeinschaften. Allerdings gilt auch für Zweier-Gemeinschaften grundsätzlich der rechtliche Rahmen des WEG.

Von Rechtsanwalt Dr. Niki Ruge

Nicht jede Zweier-WEG ist zwangsläufig problematisch. Natürlich gibt es auch hier Gemeinschaften, die reibungslos funktionieren. Wenn es jedoch zu Schwierigkeiten kommt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Streitigkeiten schnell ein ganz erhebliches Ausmaß annehmen. Ursache mag beispielsweise ein Verkauf nach einem Erbfall und damit verbunden ein Eigentümerwechsel sein. Geraten der verbliebene Eigentümer und der „Neue“ aneinander, kann damit schon die Grundlage für eine Eskalation gelegt sein. Aus dem rechtlichen Blickwinkel betrachtet liegt das daran, dass beide Eigentümer sich gegenseitig blockieren, was die Handlungsunfähigkeit der Gemeinschaft zur Folge hat. Geradezu klassisch in diesem Kontext zwei aktuelle Entscheidungen des Landgerichts Frankfurt am Main (LG Frankfurt a. M., Beschluss vom 10.5.2022 – 2-13 T 26/22 und Beschluss vom 17.5.2022 – 2-13 T 27/22).

In der Konstellation Zweier-Gemeinschaft streiten die Eigentümer bis nichts mehr geht. Zwar kann vorübergehend ein Verwalter gefunden werden, dieser legt aber schon nach kurzer Zeit sein Amt wegen unüberbrückbarer Differenzen wieder nieder. Einer der beiden Eigentümer begehrt nun vermittels einer einstweiligen Verfügung die Bestellung eines Verwalters durch das Gericht. Das Amtsgericht hat dem nicht entsprochen und seinen Antrag zurückgewiesen. In einem weiteren Verfahren — offenbleibt, ob es dieselbe oder eine andere Zweier-WEG betrifft — geht es um Hausgeldzahlungen, die ein Eigentümer erzwingen will. Auch insoweit ergibt sich für den klagenden Eigentümer vor dem Amtsgericht kein Erfolg.

Das Landgericht Frankfurt am Main, das sich mit beiden Sachen aufgrund von sofortigen Beschwerden der im ersten Rechtszug unterlegenen Eigentümer beschäftigen muss, kommt indes zu keinen anderen Ergebnissen.

Zwar sei es grundsätzlich nicht auszuschließen, dass im Wege einer einstweiligen Verfügung ein — eventuell zunächst nur vorläufiger — Verwalter gerichtlich bestellt werden könne. Jedoch müsse der antragstellende Wohnungseigentümer dem Gericht vor allem übernahmewillige Verwalter benennen und daneben auch die mit einer Bestellung verbundenen Konditionen mitteilen. Daran fehle es.

Einen auf Zahlung von Hausgeld gerichteten Anspruch könne das Landgericht schon deshalb nicht erkennen, weil kein beschlossener Wirtschaftsplan vorliege.

Der rechtliche Kontext

Seit der WEG-Novelle durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) ist der Verwalter Vertreter der Gemeinschaft mit grundsätzlich umfassender Vertretungsmacht (§ 9b Abs. 1 WEG). Das setzt aber voraus, dass tatsächlich ein Verwalter bestellt wurde. Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, wird sie durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten, also durch alle Eigentümer. Handlungsfähig ist die Gemeinschaft in diesem Fall nur, wenn zwischen den Eigentümern kein Dissens besteht. Das ist aber gerade das Problem in der zerstrittenen Zweier-Gemeinschaft, denn hier lässt sich häufig auch zu Sachfragen kaum noch ein Konsens bilden.

Theoretisch ist von daher die Idee, zu einer Verwalterbestellung durch ein Gericht zu kommen, nachvollziehbar. Das kann nach teilweiser vertretener Ansicht sogar im Wege einer einstweiligen Verfügung geschehen. Allerdings wird das Gericht im Zusammenhang mit einer solchen Bestellung im Hinblick auf die Person des Interessenten keinerlei eigenen Aktivitäten entfalten. Es wird insbesondere nicht von sich aus an bestehende Unternehmen herantreten und sich nach Übernahmebereitschaft erkundigen. Das ist die Aufgabe desjenigen Eigentümers, der eine Bestellung erreichen möchte. Sein Begehren kann also nur Erfolg haben, wenn es ihm gelingt, mindestens einen Verwalter zu finden, der zur Übernahme bereit ist. So jedenfalls die Position des Landgerichts Frankfurt am Main.

Wohl allgemein anerkannt ist, dass die Anspruchsgrundlage für Hausgeldzahlungen ein beschlossener Wirtschaftsplan ist. Fehlt es daran, besteht keine Verpflichtung der Eigentümer, Zahlungen zu leisten. Der Entwurf eines Wirtschaftsplanes reicht insoweit nicht aus, auch nicht der Entwurf eines Beschlusses. Es kommt hinzu, dass ein Zahlungsanspruch nicht den einzelnen Wohnungseigentümern, sondern nur der Gemeinschaft zusteht. Überlegungen, in verwalterlosen Zweier-Gemeinschaften davon abweichend Direktansprüche der Eigentümer zuzulassen, haben sich nicht durchgesetzt; die Rechtsprechung hat insoweit deutlich Ablehnung signalisiert.

Schlussfolgerungen für die Verwaltungspraxis

Im Augenblick bildet sich in der Rechtsprechung die Tendenz heraus, für Zweier-Gemeinschaften keinerlei Sonderregelungen oder Vergünstigungen zu gewähren. Sie werden vielmehr behandelt wie alle anderen Gemeinschaften auch. Das gilt insbesondere im Hinblick auf den Weg, der zu einer Verwalterbestellung führt, und die Ausstattung der Gemeinschaft mit ausreichenden finanziellen Mitteln. Das Landgericht Frankfurt am Main hat in seinem Beschluss vom 10. Mai 2022 ausdrücklich eingeräumt, dass dies als Defizit betrachtet werden kann. Etwaige Korrekturen obliegen jedoch dem Gesetzgeber, nicht der Rechtsprechung. Namentlich können die Gerichte nicht darüber hinweg helfen, dass sich keine oder kaum übernahmebereite Verwalter finden lassen.

Wer als Verwalter tätig ist und eine Anfrage erhält, die auf die Übernahme der Verwaltung einer Zweier-Gemeinschaft abzielt, sollte sich vor Augen führen, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, im Falle einer Zusage tatsächlich bestellt zu werden. Das Umfeld, das eine solche Tätigkeit prägen wird, birgt Herausforderungen. Ob die zu erzielende Verwaltervergütung vor diesem Hintergrund eine ausreichende Kompensation darstellt, muss jeder für sich selbst entscheiden.

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