Ein Abbild der historischen Marktveränderung

17. November 2023


Dank der Mitwirkung vieler Mitgliedsunternehmen ist der IVD wie kein anderer Verband der Immobilienwirtschaft in der Lage, die Entwicklung an den Immobilienmärkten zu erspüren. Wie ein großes Thermometer misst der jährlich erscheinende IVD-Wohn-Preisspiegel die Tendenzen in den regionalen Märkten deutschlandweit und bietet Erklärungen. Da sich die Situation vielerorts in den ersten Monaten des Jahres noch anders darstellte als über den Sommer und jetzt im Herbst, ist der Wohn-Preisspiegel 2023 ein Abbild der historischen Marktveränderung. Für dieses Jahr lassen sich folgende zentrale Trends feststellen:

Stark rückläufigs Transaktionsvolumen

Die Anzahl der Verkäufe ist innerhalb des Beobachtungszeitraums erheblich zurückgegangen. Insofern bildet das Niveau der beobachteten Preise nur einen Teil des Marktes ab. Der andere Teil ist der der nicht realisierbaren Verkäufe, die die Marktstimmung derzeit weit mehr prägen als die erzielten Preise. Das Transaktionsvolumen ist vor allem wegen der stark rückläufigen Kauffälle und weniger aufgrund der gesunkenen realisierten Preise geschrumpft.

Eigenkapitalstarke Käufer investieren verstärkt in den Neubau

Personen, die über Eigenkapital verfügen und vor der Entscheidung stehen, in eine Immobilie zu investieren, tendieren verstärkt zu Neubauten. Der Grund dafür liegt in der Unsicherheit bei Investitionen in Bestandsobjekte. Es herrscht Unklarheit über anfallende Sanierungskosten und der Mangel an verfügbaren Handwerkern erschwert Renovierungsarbeiten. Während der Markt für Neubauten weniger Anzeichen eines starken Preisrückgangs zeigt und teilweise auch stagniert, sind im Bereich der Bestandsimmobilien stärkere Preisrückgänge zu beobachten. Trotz ihrer hohen Attraktivität sind aber Neubauten derzeit besonders schwer zu vermarkten. Bauträger und Projektentwickler verkaufen nur zögerlich ab, so dass immer weniger Bauanträge gestellt werden und dementsprechend nur wenig neue Objekte auf den Markt kommen.

Energieeffizienz zahlt sich bei der Finanzierung aus

Energieeffiziente Gebäude (Klasse A+B) sind preisstabil, während ineffizientere Gebäude (C-H) deutlich an Wert verlieren. Bei Investoren und Endnutzern verschiebt sich der Fokus von „Lage, Lage, Lage“ hin zu einem stärkeren Augenmerk auf energetische Effizienz, sprich „Lage, Lage, Energieeffizienz“. Auch der Zugang zu Finanzierungen wird erleichtert: Banken sind eher bereit, einen höheren Prozentsatz des Finanzierungsbedarfs für EU-Taxonomie-konforme Immobilien bereitzustellen.

Immobilie lohnt sich sowohl als Kapitalanlage als auch zur Selbstnutzung

Immobilien werden als Kapitalanlage attraktiver, da die Preise für Wohnungen und Häuser sinken und die Mieten in vielen Städten steigen. Kapitalanleger können von der aktuellen Immobilienentwicklung profitieren. Während die Kaufpreise laut IVD-Expertenbefragung um bis 15 Prozent rückläufig sind, steigen die nicht regulierten Mieten weiter an. Damit schließt sich die Schere des Wohnkostenvorteils, den Mieter aufgrund niedriger Mieten und hoher Kaufpreise gegenüber Selbstnutzern in den letzten Jahren hatten, sukzessive zugunsten von Wohneigentum.

Kleinere Städte bleiben attraktiv

Immobilienpreise in Klein- und Mittelstädten erweisen sich als vergleichsweise robust, was Anreize für Investitionen in diesen Regionen schafft. Die Schere zwischen Kaufpreisen und Mieten schließt sich. Aufgrund der niedrigen Preise und der steigenden Mieten in den Städten werden vermehrt Wohnungen in Randlagen und im Umland gekauft. Ein Ausweicheffekt aus den teureren Großstädten ist zu beobachten.

Mietpreissteigerungen niedriger als Inflationsrate

Bundesweit steigen die Mieten – auch weil Baugenehmigungen und Fertigstellungen weiter zurückgehen. Die Europäische Zentralbank bekämpft die Inflation mit Zinserhöhungen, die Immobilienkredite verteuern sich. Viele, die aus persönlichen oder beruflichen Gründen umziehen müssen, drängen jetzt auf den Mietmarkt, da ein Kauf unter den gegenwärtigen Umständen nicht realisierbar erscheint, was die Mieten weiter steigen lässt. Dennoch liegen die Mietsteigerungen deutlich unter der Inflationsrate, die im ersten Quartal 2023 bei 8,2 Prozent lag. Der Index für die Entwicklung der tatsächlichen Wohnungsmieten in Deutschland lag im Juli 2023 bei einem Anstieg von rund 2,0 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.

Berlin und Leipzig mit großem Potenzial

Hamburg, Köln, Düsseldorf und Leipzig verzeichneten bei den Bestandsimmobilien einen hohen bis enormen Anstieg der Mieten. Das IVD-Expertenpanel prognostiziert, dass Berlin generell ein bemerkenswertes Wachstumspotenzial zeigt. Es ist möglich, dass die Hauptstadt mittelfristig in Bezug auf das Preisniveau zu den führenden Hauptstädten Europas aufschließen wird. Im Schatten der Hauptstadt rückt Leipzig aufgrund seiner dynamische Wachstumsentwicklung und einem vergleichsweise moderaten Preisniveau zu den A-Standorten auf. München, Stuttgart und Frankfurt sind weniger vielversprechend. Hier scheinen die Wachstumschancen im Immobilienbereich weitgehend ausgeschöpft und die Aussicht auf steigende Renditen geringer.

 

Grafik:IVD