„Ein Klima schaffen, in dem Investieren und Bauen attraktiv sind“

8. Januar 2024


Auf ihn richten sich die Blicke, wenn es um das Mietrecht geht. Oder den Schutz des Wohneigentums. Dr. Marco Buschmann (46) ist seit zwei Jahren als Fachminister federführend bei diesen Fragen, die die Immobilienwirtschaft umtreiben. Der promovierte Jurist hat dabei einen klaren Wertekompass, wie sich im Interview mit dem AIZ-Immobilienmagazin zeigt. Bevor er zum Minister ernannt wurde, war er bereits als Bundestagsabgeordneter zuständig für die Rechtspolitik und Erster Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion.

Interview von Stephen Paul

AIZ-Magazin: Welchen Bezug haben Sie zu Immobilienthemen?

Dr. Marco Buschmann: Als Bundesjustizminister bin ich zuständig für das Mietrecht, das Wohnungseigentumsrecht und das Bau- und Maklervertragsrecht. Außerdem ist mein Haus bei der Herkulesaufgabe des Bürokratieabbaus in einer Schlüsselposition. Ich habe also einen starken Bezug zu den Themen, die der Immobilienwirtschaft unter den Nägeln brennen — und das freut mich. Denn ich bin überzeugt: Fragen von Wohnen und Eigentum sind Zukunftsfragen für unsere Gesellschaft; und auf diesen Feldern kann man als Liberaler viel Positives bewegen.

Sie waren Gastredner unseres Deutschen Immobilientages Mitte Juni in Berlin. Welchen Eindruck hatten Sie?

Wenn es um Bauen, Wohnen, Mieten und Eigentum geht, dann ist der IVD ein wichtiger Ansprechpartner. Ich bin davon überzeugt: Politik kann die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nur zusammen mit der Immobilienwirtschaft lösen — nicht gegen sie. Deshalb ist kontinuierlicher Austausch wichtig. Zum Deutschen Immobilientag bin ich gerne gekommen. Den Besuch dort habe ich sehr positiv in Erinnerung. Die Atmosphäre war sachlich, konstruktiv und lösungsorientiert — so wie ich es mir in diesen Tagen noch viel öfter wünschen würde.

Worin sehen Sie die Gründe, weswegen in Deutschland immer weniger neu gebaut oder auch im Bestand saniert wird?

Die Nachfrage nach neuen Wohnungen und der Sanierungsbedarf sind riesig. Dass trotzdem zu wenig gebaut oder saniert wird, hat viele Gründe. Die derzeitigen wirtschaftlichen Gegebenheiten
sind ein wichtiger Faktor. Aufgrund des veränderten Zinsumfelds sind die Finanzierungskosten erheblich gestiegen. Auch Lohn- und Materialkosten sind sehr viel höher als noch vor einigen Jahren. Hinzu kommen die ungebrochen hohen Grundstückspreise. Doch wir müssen auch den Blick auf die unmittelbar vom Staat verantworteten Bedingungen lenken: Bauen ist in Deutschland sehr stark reguliert — ich sage: zu stark. Und auch Genehmigungsverfahren dauern oft zu lange.

Eigentümer und Immobilienwirtschaft befürchten, dass sich die Regulierungsschraube noch weiterdreht.

Wir haben in Deutschland ein handfestes Bürokratieproblem. Gerade auch Wohneigentümer und die Immobilienwirtschaft sind davon betroffen. Ich spüre in der Politik eine neue Ernsthaftigkeit bei dem Thema. Erste Fortschritte sind bereits zu sehen. Die Verankerung von EH 40 als verbindlichen gesetzlichen Neubaustandard wurde ausgesetzt. Der Gesetzentwurf für das Gebäudeenergiegesetz ist grundlegend umgearbeitet worden. Außerdem haben wir mehrere Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht, um Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Schon in Kürze lege ich den Entwurf für das Bürokratieentlastungsgesetz IV vor. In die Verhandlungen über die EU-Gebäuderichtlinie habe ich mich mit aller Kraft eingebracht. Für mich war klar: Deutschland darf keiner Richtlinie zustimmen, die einen Sanierungszwang für einzelne Wohngebäude vorsieht.

Auch Normen und Standards verkomplizieren das Bauen.

Grundsätzlich ist es schon heute möglich, von diesen Standards abzuweichen. Und das kann für die Beteiligten eines Bauprojekts durchaus Sinn ergeben. Das Wohnglück hängt selten davon ab, ob das Eigenheim wirklich jeder einzelnen DIN-Norm entspricht. Ich lege in Kürze Leitlinien und Prozessempfehlungen vor, die das Abweichen von Standards erleichtern.

Hat sich die Reform des WEG-Rechts bewährt?

Für ein abschließendes Fazit ist es noch zu früh, mein Eindruck ist jedoch recht positiv. In dieser Legislaturperiode bringen wir die Durchführung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen auf den Weg, die praktische Vorteile bieten. Die WEG-Anpassung ist der logische nächste Schritt: Die Wohnungseigentümerversammlung soll künftig mit einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen beschließen können, dass die Versammlungen künftig ausschließlich online stattfinden.

Das Mietrecht soll einen fairen Interessenausgleich zwischen Vermietern und Mietern sicherstellen. Ist das Mietrecht noch ausgewogen?

Wir haben in Deutschland im internationalen Vergleich einen sehr starken Mieterschutz. Wichtig ist, dass es nicht zu einer Schieflage kommt. Wir dürfen den Mieterschutz nicht so weit ausbauen, dass niemand mehr in Wohnungen investieren möchte: Das liefe gerade auch dem Interesse von Mieterinnen und Mietern eklatant zuwider. Das einzige, was wirklich gegen steigende Mieten hilft, ist mehr Neubau.

Planen Sie noch Veränderungen am Mietrecht?

Der Koalitionsvertrag sieht punktuelle Anpassungen am Mietrecht vor. Dazu gehört die Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029. Außerdem ist vereinbart, in Gebieten mit Wohnraummangel die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen abzusenken — von 15 Prozent auf 11 Prozent in drei Jahren. Städte mit mehr als 100.000 Einwohner sollen verpflichtet werden, einen qualifizierten Mietspiegel zu erstellen. Zu diesen Vereinbarungen stehe ich.

Wie bewerten Sie die Forderung nach einer strengeren Regulierung von Indexmieten, die aus Teilen der Regierungsfraktionen erhoben wird?

Ich halte nichts davon, Indexmieten stärker zu regulieren. Indexmietverträge gibt es seit 1993 — also seit 30 Jahren. 2001 hat die damalige rot-grüne Bundesregierung die Möglichkeiten zum Abschluss von Indexmietverträgen erweitert. Und 30 Jahre lang gab es praktisch keine Kritik an Indexmietverträgen. Ganz im Gegenteil: Sogar Mieterverbände haben sich bis vor kurzem positiv zur Indexmiete geäußert. Und das aus nachvollziehbaren Gründen. Denn Indexmietverträge haben auch für Mieterinnen und Mieter Vorteile. Eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete ist bei Indexmieten ausgeschlossen. Wenn die Vergleichsmieten stärker steigen als die Lebenshaltungskosten, dann ist ein Indexmietvertrag besser als ein normaler Mietvertrag. In Ballungszentren war das lange Zeit der Fall. Erst vor kurzem haben sich die Verhältnisse gewandelt. Darauf sofort mit einer Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu reagieren, ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt. Indexmietverträge sind eine Art Versicherung dagegen, dass der reale Wert der Mieterträge durch den Anstieg der Verbraucherpreise aufgefressen wird. Gerade auch mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentumsgrundrechts scheint es mir richtig, eine solche Vertragsoption einzuräumen.

Wie denken Sie über Enteignungsdebatten? Oder darüber, wenn in der Politik Stimmen laut werden, die vorschreiben wollen, wieviel Wohneigentum Menschen haben dürfen?

Gedankenspielen über Enteignung oder Vergesellschaftung von Wohnraum kann ich rein gar nichts abgewinnen. Durch solche Maßnahmen wird kein Quadratmeter Wohnraum neu geschaffen. Tatsächlich würde das Angebot an Wohnraum dadurch vermutlich sogar kleiner werden: Denn wer will noch dort investieren, wo Enteignungen zum Instrumentenkasten der Politik gehören? Im Übrigen wären Enteignungen und Vergesellschaftungen überaus teuer: Das Geld würde dem Staat an anderer Stelle fehlen. Nicht vergessen werden darf außerdem: Der Respekt vor dem Eigentum gehört zur DNA einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung. Ich will ein Klima, in dem Investieren und Bauen attraktiv sind.

 

Foto: © Dominik Butzmann