Eine Deutschlandreise

2. Mai 2023


Wir treffen sie überall im Land. Abseits der großen Metropolen. Da, wo die meisten Deutschen zuhause sind. In den Mittel- und Kleinstädten, im Dorf und auf dem Lande. Und in diese regionalen Immobilienmärkte ist Bewegung gekommen. Wir erleben Makler, die die Chancen erkennen, wenn sich immer mehr Menschen den Wunsch nach Wohneigentum im Bestand erfüllen. Denn die zunehmend begehrten Einfamilienhäuser mit Garten gibt es dort zuhauf. Makler, die um die Besonderheiten ihrer Tätigkeit im Vergleich zur Arbeit ihrer Kollegen in den Metropolen wissen. Verwurzelte Menschen, die offen für neue Entwicklungen sind. Aber lesen Sie selbst und begeben Sie sich mit uns auf eine kleine Deutschlandreise.

von Stephen Paul, Jan Kricheldorf und Niels Breiholdt

Erster Stopp bei Marcus Engel in Eberswalde – Immobilien verkaufen auf der Überholspur

Wir verlassen die Tore der Hauptstadt und fahren gen Nordosten ins Brandenburgische. Dort treffen wir in Eberwalde den jungen Makler Marcus Engel. Gestartet als One Man-Show, wie er selber sagt, ist er seit gut zwei Jahren am Markt. Im Herbst vergangenen Jahres stellte er eine Assistentin ein. Sie kümmert sich nicht nur um Kundenanfragen, Energieausweise und organisiert vieles, mit ihr diskutiert Marcus Engel auch so manche Marketing-Idee und andere neue Ansätze. So entstehen ungewöhnliche Maßnahmen, wie die Werbung auf einem lokalen Linienbus. Darauf zu sehen der junge Makler im Anzug auf einem Motorrad sitzend. Daneben zu lesen: „Immobilien verkaufen auf der Überholspur“. Eigentlich habe er eine solch auffällige Werbung gar nicht nötig, wie Marcus Engel betont. Denn als Makler „auf dem Lande“ herauszustechen, sei leichter als in den Ballungsgebieten. Er sagt, die Konkurrenz in Berlin sei viel größer als bei ihm in Eberswalde. Denn der junge Makler ist auch mit Berliner Kollegen vernetzt und hört einiges vom Geschäft aus der Hauptstadt. Er selbst sammelt als Makler Erfahrungen nicht nur in Eberswalde, Bernau und Wandlitz, sondern auch im Berliner Norden und kennt daher die Unterschiede. Zugespitzt formuliert er: In Berlin unterscheide man in Neubau oder Altbau, auch nach Straße und Bezirk. Dann sei quasi der Preis schon klar. Auf dem Lande in Brandenburg könne man die Häuser nicht so einfach miteinander vergleichen. Zu DDR-Zeiten und auch danach habe man an seinem Haus stets Eigenarbeit geleistet. „Dadurch ist jedes Haus individuell.“ Immer häufiger führt er Bieterverfahren durch, um den Markt zu treffen. Hinzu kommt auf dem Lande die Entfernung. „Ich fahre zu jedem Haus mit dem Wagen, manchmal 40, 50, 60 Kilometer“, rechnet er vor. So kommt er im Jahr auf rund 40.000 Kilometer. „Ich kann leider nicht mit der U-Bahn zu meinen Objekten fahren.“

In Eberswalde spürt er, was sich überall rund um Berlin bemerkbar macht: Immer mehr Menschen wollen im Umland der Hauptstadt wohnen. Trotz gestiegener Zinsen und anderer Erschwernisse bleibe die Nachfrage nach Kaufimmobilien hoch. Nur müssten die Verkäufer wieder vermehrt preislich verhandlungsbereit sein. „Wir gehen bei unseren Objekten schon mit den Preisen runter“, berichtet er. Als Makler müsse man nun eben ein paar Häuser mehr verkaufen, um so zu verdienen wie noch vor wenigen Jahren. Der junge Makler ist entschlossen: „Nur nicht den Mut verlieren, sondern einfach weitermachen“, ist seine Devise.

Zweiter Stopp bei Frank Rostowski in Sachsen – Kraft und Energie des „Immotigers“

Weiter südlich ist Frank Rostowski unterwegs. Sein Vertriebsgebiet liegt im Dreieck zwischen Bautzen, Bernsdorf und Hoyerswerda in Sachsen. Das Immobilienpreisniveau ist hier verglichen mit anderen Teilen der Republik auf niedrigem Niveau. Der Quadratmeterpreis liegt im Bestand bei rund 1.000 Euro, je nach Sanierungszustand. Trotzdem machen Frank Rostowski und seine Partnerin Gerlinde Fründ zusammen im Jahr rund 300.000 Euro Provisionsumsatz, was überdurchschnittlich ist. Beide zusammen haben das Unternehmen „Immotiger“ getauft. Den Namen haben sie so gewählt, weil er für Kraft und Energie steht.

Frank Rostowski kommt sich in diesen Tagen auch zunehmend als Energieberater vor. Viele Häuser in seinem Vertriebsgebiet sind unsaniert oder haben eine schlechte Energiebilanz. „Viele Banken verlangen inzwischen bei einem Kauf, dass das Energiesystem gleich mitgemacht wird.“ Tatsächlich sind es Knackpunkte wie dieser, die den Immobilienverkauf verzögern, weniger der Kaufpreis wie in anderen Regionen. Doch mit dem Einbauen eines alternativen Energieträgers ist es oft nicht getan. „Fenster, Fassaden und die Geschossdecken sind bei uns so schlecht gedämmt, dass große Energiemengen benötigt werden, um die Häuser warm zu halten. Fußbodenheizungen funktionieren in solchen Gebäuden nicht, sagt Rostowski. Es müsste umfangreich saniert werden, doch dazu fehlt den meisten Kaufinteressenten das Geld. Diese Aspekte treffen zusammen mit einer generellen Zurückhaltung der Käufer. „Das liegt an der Inflation und daran, dass viele Käufer, die auch eine Immobilie besitzen, noch nicht entschuldet sind. Sie befürchten, dass sie unter neuen Bedingungen, die Raten nicht bedienen können.

Frank Rostowski muss viel in Beratungsgespräche investieren. Das Landmakeln macht ihm Spaß, er liebt den persönlichen Austausch mit den Menschen in seiner Region. Es war ihm aber auch wichtig, digital nicht abgehängt zu werden. Schon früh nutzte er Messenger wie WhatsApp, um Kunden Videos von der Immobilie zu schicken, eine gut strukturierte Webseite, die bei Google Rankings erzeugt, war ebenfalls selbstverständlich. Er denkt schon an die Firmenweitergabe an die nächste Generation. Wenn seine digitale Präsenz viel Traffic und Sichtbarkeit erzeugt, ist der „Immotiger“ noch stärker und attraktiv für junge Nachfolger.

Dritter Stopp bei Steffen Zimmermann in Nastätten – Kleine Stadt, großes Netzwerk

600 Kilometer südwestlich von Frank Rostowski zwischen Koblenz und Frankfurt liegt Nastätten. In diesem kleinen Ort und den umliegenden Dörfern ist Steffen Zimmermann als Makler tätig. Im letzten Jahr verzeichnete er noch deutliche Preissteigerungen in seinem Markt. Lange Zeit war kaum etwas passiert, das historische und langanhaltende Zinstief führte nicht zu explosionsartigen Verteuerungen von Kaufimmobilien. Und so wie die Preise nur moderat anstiegen, ist von einem Preisrückgang derzeit nur in einem Segment etwas zu spüren. „Wir erkennen momentan zwei gegenläufige Tendenzen: Bei den unsanierten Altbauten haben wir deutliche Rückgänge zu verzeichnen, während die gut gepflegten Einfamilienhäuser im mittleren Preissegment stabil geblieben sind.“

Steffen Zimmermann hält diese Entwicklung für wenig überraschend: „Die Kunden, die sich für die älteren Häuser entschieden haben, taten das überwiegend aus Preisgründen. Wenn dieselbe Klientel für einen Kredit heute mehr als doppelt so viel bezahlen muss als letztes Jahr, dann können sich das viele nicht mehr leisten“. Dazu kommen Renovierungskosten, die exorbitant gestiegen sind. Dennoch wirkt sich die verminderte Nachfrage kaum auf sein Geschäft aus. „Es sind vielleicht nur noch fünf oder sechs Anfragen pro Immobilie, aber mit denen können wir auch vernünftig zusammenarbeiten, weil die sich über ihre Bedürfnisse, ihre Finanzierung oftmals bewusst sind. Das sind oftmals Leute, die aus der Stadt kommen, mit einem mittleren bis guten Einkommen. Die können sich das tatsächlich noch leisten, so dass wir gerade Häuser auch immer noch wirklich gut verkaufen können.“

Steffen Zimmermann und sein Team legen bis zu 80.000 Kilometer im Jahr zurück. Ihm macht das nichts aus. Die Fahrzeit sei gar nicht so viel anders als in der Stadt. Dort würden die Makler aber deutlich mehr im Stau stehen. „Hier ist alles sehr familiär. Ja, wir sind hier in Nastätten eine kleine Metropole (lacht), die nur 4.500 Einwohner hat. Jeder kennt jeden oder zumindest um ein paar Ecken. Wenn du gute Leistungen bringst, dann spricht sich das sehr schnell rund. Wir haben uns in den letzten Jahren einen sehr guten Ruf aufgebaut. Die Menschen nehmen uns nicht nur als die Makler wahr, sondern auch privat. Man sieht uns beim Einkaufen, man kennt uns in den Vereinen, man trifft sich in der Schule, mit den Kindern. Das ist ein ganz großes Netzwerk. Ich bin hier in Nasstätten aufgewachsen und meine Mitarbeiter, die kommen auch alle aus der Gegend.“

Die Unternehmensgröße von acht Mitarbeitern hält Steffen Zimmermann für ideal, um sein Vertriebsgebiet ausfüllen zu können. Daher priorisiert er ein weiteres Wachstum derzeit nicht. „Im Moment wollen wir im Bestand mehr in die Tiefe gehen. Ich bin auch Sachverständiger für Immobilienbewertung, das wird immer stärker angefragt. Zum Beispiel von Erbengemeinschaften. Viele Leute wissen nicht, wie sie mit dem Thema umgehen können. Da kochen in den Familien schnell die Emotionen hoch. Dann sind wir als Mediatoren gefragt. Viele Häuser, glaube ich, würden ohne unsere Hilfe überhaupt nicht auf den Markt kommen, weil sich vorher die Eigentümer schon zerstritten haben.“

Vierter Stopp bei Andreas Schnellting in Kusel – Leistungen, die über die klassische Maklerarbeit hinausgehen

Ganz im Westen Deutschlands begegnen wir Andreas Schnellting. Der Geschäftsführer von AS-Immobilien im rheinland-pfälzischen Kusel stellt uns sein Team vor: Seinen Bruder, eine Sekretärin und einen Hausmeister. Die beiden Brüder zusammen legen geschätzt 45.000 Kilometer jährlich im Geschäftsgebiet zurück, wozu die Landkreise Kusel und Kaiserslautern zählen. Ihre Leistung spricht sich dort herum und bekannt sind beide auch. „Aber Vorsicht“, gibt Andreas Schnellting zu bedenken, „eine gute Leistung verpflichtet auch zu absolut sorgfältiger Arbeit!“ Und für Kunden auch dann da zu sein, wenn es um einen Umzug oder die Suche nach einem Platz fürs betreute Wohnen geht. „Man kümmert sich um vieles, was über die klassische Maklerarbeit hinausgeht.“ So habe er erst kürzlich für eine ältere Dame, die es körperlich nicht mehr schafft, jemanden besorgt, der den Rasen mäht oder die Wohnung putzt. „Ein 12-Stunden-Tag ist Normalität und fast eine Grundvoraussetzung, um hier erfolgreich tätig zu sein“, sagt er. Mittlerweile sei er mit seinem Immobilienunternehmen recht bekannt in der Region, die Kunden kämen auf ihn zu. Nicht immer macht er das Geschäft allein. Falls es die Situation erfordert, arbeitet er mit anderen Maklern in Form eines Gemeinschaftsgeschäfts zusammen. „Hier hatte ich mit einem Objekt am Niederrhein bisher die größte Entfernung zu bewältigen.“

Die gegenwärtige Marktentwicklung ficht den erfahrenen Makler nicht an. Der Markt sei von je her Schwankungen unterworfen. „Wenn ich daran denke, was eine Generation vor uns an Zinsen bezahlen musste, nämlich rund zehn Prozent, erscheint mir mitunter die Panik, die derzeit vorherrscht, doch etwas übertrieben.“ Andreas Schnellting sieht sich eher als guter Berater gefordert und berichtet davon, wie er seine Kunden berät, Kosten einzusparen: Sofern möglich auf einen Keller zu verzichten, die Außenanlagen schlicht zu halten und insgesamt kompakter zu bauen. Vor allem glaubt er, dass ein Förderprogramm und steuerliche Anreize für die Sanierung und Modernisierung von Bestandsimmobilien entscheidende Maßnahmen wären, um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln.

Auf die Einsatzmöglichkeiten künstlicher Intelligenz im Berufsalltag angesprochen, sagt er: „Ich denke, die jüngeren Kollegen finden sicherlich Wege, solche Anwendungen sinnvoll zu nutzen. Wir mit unserer hauseigenen Datenbank sind aber nicht auf die Hilfe künstlicher Intelligenz angewiesen.“

Fünfter Stopp bei Marcus Vogel in Würzburg – Akquise der kurzen Wege

Letzte Station unserer Deutschlandreise ist Würzburg. Auch hier treffen wir eine bodenständige und professionelle Unternehmerpersönlichkeit: Marcus Vogel ist mit einem sechsköpfigen Team in der Vermittlung von Wohnimmobilien und den dazu gehörenden Grundstücken tätig. Zu seinem Arbeitsgebiet gehört neben der Stadt Würzburg ein Umkreis von rund 30 Kilometern, beispielsweise die Stadt Bad Mergentheim. Mit seinem Team legt er in der Region wohl 100.000 Kilometer im Jahr zurück. „Über mehr als 50 Jahre kommt da ein bisschen was zusammen“, lacht Marcus Vogel, für den der Gedanke daran etwas Selbstverständliches ist. Hört man dem fränkischen Makler weiter zu, ist zu spüren, wie bewusst ihm seine Verantwortung ist. „Mit der Vermittlung von Immobilien dürfen wir Menschen bei einer der wichtigsten Investitionsentscheidungen ihres Lebens begleiten. Es haben sich im Laufe der Jahrzehnte eine Vielzahl und teilweise sehr persönliche Verbindungen zu unseren Kunden entwickelt. Unsere Zusammenarbeit mit mehreren Generationen einer Familie ist keine Seltenheit mehr.“

Eine Besonderheit beim Makeln abseits der Metropolen? Marcus Vogel sieht dies so: Je überschaubarer die Dimension eines Standorts ist, desto enger sind die persönlichen Kontakte. Damit einher geht im besten Fall eine gute Reputation, die sich im Laufe der Zeit aufbaut. „Im Ergebnis sind wir also noch viel mehr als in einer Großstadt auf die gute Empfehlung unserer Kunden angewiesen, um neue Projekte erfolgreich zu akquirieren.“ Klassisches Marketing hat bei ihm auch seinen Platz, die Akquise ist aber sehr personenbezogen. „Wir treffen unsere Kunden nicht nur beim Notar, sondern auch im privaten Umfeld – durch die kurzen Wege sind Begegnungen beim täglichen Einkauf, beim Sport oder bei privaten Einladungen selbstverständlich. Oft entwickelten sich hier erste Gespräche, die dann in eine fundierte Beratung im Immobilienbüro münden.“

Gegenwärtig beruhige sich der Immobilienmarkt, lässt sich der erfahrene Makler noch entlocken. Er erlebt in Würzburg und dem Umland, dass einer weiterhin stabilen Nachfrage ein etwas größerer Angebotsumfang gegenüberstehe. Unter dem Einfluss der gestiegenen Finanzierungskosten seien die Renditen der rein kapitalanlagegeprägten Angebote etwas gestiegen. In mittleren und gehobenen Wohnlagen bestehe weiterhin ein Nachfrageüberhang, sodass dort die Preise nach wie vor am Vorjahresniveau orientiert seien.

Ein halbes Jahrhundert erfolgreich am regionalen Immobilienmarkt – darauf ruht sich Marcus Vogel nicht aus. Er beobachtet Veränderungen an den Märkten wie auch bei den Arbeitsmethoden genau. „Dem technischen Wandel gegenüber und damit auch dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz sind wir aufgeschlossen“, hält der Immobilienunternehmer fest. Er betrachtet es als eine seiner Kernaufgaben, aus der Vielzahl von technischen Möglichkeiten die Effektivsten zu identifizieren. Übernimmt die Künstliche Intelligenz manche Routineaufgabe, bleibt dem Makler mehr Zeit, um individuell und persönlich auf die Wünsche seiner Kunden einzugehen, formuliert Marcus Vogel seine Erwartungen. Gerade er weiß aber mit seiner langjährigen Erfahrung auch: Besonders im Zeitpunkt der Entscheidung bleibt der Immobilienerwerb eine sehr persönliche Angelegenheit. Während der Corona-Pandemie konnte so manche Besichtigung oder Verhandlung am Bildschirm geführt werden, die endgültige Kaufentscheidung wurde dann jedoch fast immer in einem persönlichen Gespräch getroffen.

Zurück in der 3,5-Millionen-Metropole Berlin

Voller Eindrücke und vor allem begeistert vom Herzblut der Maklerpersönlichkeiten kehren wir von unserer kleinen Deutschlandreise zurück. Und wissen auch, dass es noch so viele weitere spannende Immobilienunternehmer überall im Lande gibt, die wir gerne besucht hätten.

Aufgefallen ist uns noch, dass keiner der fünf Makler neidisch in die Metropolen schaut. Sie sind alle verwurzelt dort, wo sie täglich für ihre Kunden da sind. Ein Makler „auf dem Lande“ zu sein — für sie und viele weitere, ebenso engagierte Persönlichkeiten eine alltäglich erfüllende Aufgabe. Ein Ehrenzeichen.

 

Foto: © alexraths/Depositphotos.com