Engagement auf europäischer Ebene lohnt sich

8. August 2023


Er ist unser Mann in Europa. Der Hamburger Immobilienunternehmer Axel Wittlinger vertritt den IVD im Direktorium des europäischen Dachverbands der Immobilienberufe. Als Generalsekretär hat er einen besonders starken Einfluss. Wir sprachen mit ihm über sein Engagement und die Aktivitäten der European Assocation of Real Estate Profession (CEPI) mit Sitz in Brüssel.

Interview von Stephen Paul

AIZ: Wie ist es zu Ihrem Engagement im IVD und der CEPI gekommen?

Axel Wittlinger: Nach dem BWL-Studium und einer Karriere in Lebensmittelkonzernen gründete ich gemeinsam mit dem damaligen RDM-Vorsitzenden Otto Stöben eine partnerschaftlichen Hausverwaltungs- und Hausmaklergesellschaft, die „StöbenWittlinger GmbH“. Hiermit verbunden war der Einstieg in das Netzwerk des RDM und von FIABCI. Ich habe eine gutachterliche Ausbildung bei der DIA in Freiburg absolviert und an ungezählten IVD-Seminaren teilgenommen. Auf einer der IVD Nord-Schiffsreisen wurde die Basis gelegt zu erfolgreichen Gemeinschaftsgeschäften und der Teilnahme an einem ERFA-Kreis mit Hamburger und weiteren norddeutschen Kollegen, eine Quelle des vertrauensvollen kollegialen Austausches. Als ich gefragt wurde, den IVD Nord als Vorsitzender zu führen und damit auch Mitglied des Bundesvorstandes zu werden, gab mir meine Co-Geschäftsführerin und Ehefrau die freie Zeit hierfür und ich habe zugesagt. Zusammen mit Carolin Hegenbarth als neuer Geschäftsführerin waren wir im April 2015 beide Anfänger in Verbandsführung, beauftragt mit einer Neuorganisation und Vertretung des IVD beispielsweise im Hamburger „Bündnis für Wohnen“. Wichtig ist mir, das Führungsaufgaben in ehrenamtlichen Organisationen lebenslanges Lernen bedeuten. Ich entwickelte Freude daran, das Zuhören zu lernen, Themen weit über den eigenen Tellerrand zu sehen, hieraus Ziele und Maßnahmen zu entwickeln und vor allem für eigene Ideen zu werben — um diese mit den Mitgliedern unseres Verbandes umzusetzen. Im Jahr 2020 bin ich zurückgetreten, um das Staffelholz an Anika Schönfeldt-Schulz und Carl Franzen zu übergeben. Ein Jahr später wurde ich gefragt, ob ich mir eine Vertretung des IVD im Vorstand bei dem europäischen Dachverband CEPI als Nachfolger von Burkhard Blandfort vorstellen kann. Politisches Wirken interessiert mich. Nach Rücksprache mit meiner Frau habe ich diese ehrenamtliche Tätigkeit angenommen.

Was ist genau Ihre Rolle in der CEPI?

Der Vorstand hat mich einstimmig ab dem Jahresbeginn für drei Jahre zum Generalsekretär bestellt. Damit unterstütze ich unseren Präsidenten Jan Borovka aus Prag in der Führung des Verbandes in Brüssel. Als Generalsekretär bin ich mit Sitz und Stimme in allen Fachgremien dabei und habe Möglichkeiten, auf die Ziele und Aktivitäten von CEPI Einfluss zu nehmen. Es ist mir gelungen, die nächste CEPI-Jahrestagung in 2024 zeitgleich zum Deutschen Immobilientag in München stattfinden zu lassen. So hat der IVD bei der Feier seines 100-jährigen Bestehens Gelegenheit zum Austausch mit den Vorständen der anderen europäischen Verbände.

Welche Bedeutung hat Europa für uns?

Gerade in diesen Zeiten erleben wir die politische Bedeutung und Stärkung Europas. Deutsche Gesetze und Verordnungen, die nicht im Einklang mit den europäischen Verordnungen und Richtlinien stehen, können vor dem Europäischen Gerichtshof eingeklagt werden. Wir erleben, das die politische Musik zunehmend in Europa komponiert wird — und wir in Deutschland, wie die anderen europäischen Länder auch, haben den Gestaltungsspielraum, diese Komposition an unser Land anzupassen. Dieser Gestaltungspielraum wird von den Ländern je nach Interessenslage kreativ genutzt. Denken Sie mal an die unterschiedlichen Energieeffizienzklassen in den Ländern der EU.

Welche wichtigen Projekte verfolgt CEPI zurzeit?

Wir regen uns in Deutschland über das Geldwäschegesetz oder das Gebäudeenergiegesetz auf. Wir verkennen jedoch, dass die Verordnungen und Richtlinien in Brüssel entstehen, dort im Trilog zwischen europäischem Parlament, Kommission und Rat beraten und verabschiedet werden und zur Umsetzung an die europäischen Mitgliedsländer gegeben werden. Berlin bleibt nichts anderes übrig, als die aus Brüssel kommenden Verordnungen und Richtlinien entgegenzunehmen und für Deutschland „mit Augenmaß“ in Gesetzesform auszugestalten. Wenn sich die Branche praxisgerechte Gesetzgebung in Deutschland wünscht, müssen wir in der Entscheidungskette vorne in Brüssel anfangen. Oder im Rahmen der europäischen Vorgaben die deutsche Politik auffordern, mit Augenmaß in nationales Recht umzusetzen. Aktuell sind wir von der FATF (European Financial Action Task Force) gebeten worden, eine Stellungnahme zur Frage der Machbarkeit des behördlichen Aussetzens eines Kaufvertrages wegen des Verdachtes auf Geldwäsche Stellung zu nehmen. Das könnte bedeuten, dass die Durchführung des Kaufvertrages ruht, bestenfalls bis der Verdacht erledigt ist. Hier unterstützt der IVD Bundesverband die CEPI mit einer rechtlichen Würdigung aus deutscher Sicht. Das Gebäudeenergiegesetz ist in Deutschland noch nicht verabschiedet, schon wird in der EU eine Fortschreibung der Gebäuderichtlinie beraten. Wir bleiben am Ball. Das gilt auch für die ambitionierten Ziele der Öko-Design-Richtlinie, die an die Praxis angepasst werden müssen. Unsere Mitglieder beschäftigen sich auch mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energie-Wende, kurz „smart metering“, das Immobilieneigentümer verpflichtet bis 2032 die alten Zähler durch elektronische Zähler zu ersetzen. Die Basis hierfür ist eine europäische Verordnung. Europa soll digitaler werden, das betrifft genauso die Verwaltung in den Ländern und die Verpflichtung, die Grundbuchämter digital aufzustellen. Weitere wichtige europäische Arbeitsthemen sind Fragen zur Berufsregulierung und der Umgang mit Asbest.

Bietet die CEPI dem deutschen IVD-Mitgliedsunternehmen weitere handfeste Vorteile?

Ja, jedes IVD-Mitglied kann auch das CEPI-Logo führen. Dieses Logo wird vom IVD seinen Mitgliedern kostenlos zur Verfügung gestellt, um es auf Briefbögen, Visitenkarten und der Homepage einzusetzen. Wenn viele europäische Mitglieder es tun, wird CEPI damit für die Politik sichtbar. Und das einzelne Mitglied kann seinen Kunden zeigen, dass es als Immobilienprofi Teil eines europa-weiten Netzwerks ist.

 

Foto: © Fa. Wittlinger Immobilien GmbH & Co. KG