Es gibt keine schwierigen Persönlichkeiten

31. Juli 2018


Beschwerden gehören zu unserem Unternehmensalltag. Viele von uns sehen sie als eine Plage, eine Gefahr für das Wohlbefinden an. Deshalb gehen wir ihnen aus dem Weg oder wir sehen Beschwerden als einen Angriff und wehren uns mit einem Gegenangriff.

Von Antje Zierle

Beschwerden können tatsächlich eine Gefahr für das Unternehmen sein und zwar dann, wenn wir schlecht damit umgehen und der Gesprächspartner am Ende noch unzufriedener ist als vorher. Dann wechselt er eventuell zu einem Mitbewerber. Das verursacht nicht nur einen wirtschaftlichen Schaden, sondern auch einen Imageschaden, weil der unzufriedene Kunde seine schlechten Erfahrungen mit anderen teilt.

Auf der anderen Seite sind Beschwerden eine sehr gute Chance, kostenloses Feedback zu erhalten. Ein guter Umgang mit Beschwerden erhöht die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung. 95 Prozent der Menschen, die nach einer Beschwerde zufriedengestellt wurden, bleiben unsere Kunden. Ein guter Umgang mit Beschwerden kann kostenlose Werbung liefern, denn auch dieses Erlebnis teilt der Kunde mit anderen. Für einen guten Umgang mit Beschwerden hilft uns die Erkenntnis, dass zwischenmenschliche Kommunikation immer auf zwei Ebenen stattfindet. Einen geringen Teil macht die Sachebene aus. Das ist der Anteil der Kommunikation, den wir bewusst wahrnehmen und auch steuern können.

Das Wesentliche spielt sich jedoch unbewusst auf der Beziehungsebene ab. Hier spielen Emotionen, Motive, Bedürfnisse, Stimmungen und vieles mehr eine große Rolle.

Informationen nehmen erstmal den Weg über das Unbewusste, werden dort sozusagen verdaut und kommen dann erst im Kopf an. Unbewusste Prozesse laufen deutlich schneller ab, als das Rationale.

Im Fall einer Beschwerde bringen beide Gesprächspartner nun einiges mit. Es gibt Erwartungen, Ärger kommt hoch, Stress und Unsicherheit machen sich breit. In diesem Moment gibt es Spannungen auf der Beziehungsebene. Da die Beziehungsebene die Sachebene trägt, ist es nun erstmal wichtig, die Beziehungsebene zu bereinigen, die Spannungen zu lösen, damit eine Kommunikation auf der Sachebene stattfinden und eine Lösung gefunden werden kann.

Um auf der Beziehungsebene aufzuräumen, ist die innere Haltung, die Einstellung gegenüber dem Gesprächspartner von großer Bedeutung. Versuchen Sie auf Augenhöhe zu kommunizieren und nehmen Sie eine innere Haltung von Wertschätzung und Akzeptanz für den Gesprächspartner ein. Es gibt keine schwierigen Persönlichkeiten. Der „Andere“ hat ganz einfach andere Denk- und Entscheidungsmuster, er „tickt“ einfach anders, hat andere Sichtweisen und wir empfinden das dann als schwierig. So wie wir, hat unser Gesprächspartner jedoch ein Recht auf seine Sicht und sehr wahrscheinlich einen für sich nachvollziehbaren Grund. Oft entstammt diese, wie wir es empfinden, negative Energie auch nur dem Kontext, also der Situation. Mit einer positiven inneren Haltung haben Sie gute Voraussetzungen, um die Beziehungsebene zu bereinigen. Bedanken Sie sich im ersten Schritt für das Feedback. Feedback ist ein Geschenk. Wenn wir ein Geschenk bekommen, bedanken wir uns. Sagen Sie also ruhig erst einmal „Danke“. Zum Beispiel: „Danke, für den Hinweis.“

Versuchen Sie zu jeder Zeit, die Emotionen Ihres Gesprächspartners herauszuhören. Emotionen wollen gehört werden. Ein Überhören verschärft erfahrungsgemäß den Konflikt.

Zeigen Sie ehrliches Verständnis für die Situation und die Emotionen Ihres Gesprächspartners, indem Sie zum Beispiel sagen: „Ich kann nachvollziehen, dass Sie das ärgert, an Ihrer Stelle würde es mir wohl genauso gehen.“ Wenn Sie die Spannungen auf der Beziehungsebene ausräumen möchten, steht das ehrliche Verständnis für die Situation des anderen an erster Stelle und es ist sehr wichtig, dieses Verständnis auch zu äußern.

Wenn die Beziehungsebene wieder stimmt, haben Sie die Möglichkeit auf der Sachebene zu kommunizieren und den sachlichen Hintergrund zu erfassen. Zeigen Sie ehrliches Interesse an der Situation und stellen Sie Fragen. Finden Sie heraus, was genau passiert ist, was bereits unternommen wurde, was wichtig ist und so weiter. Hören Sie genau und aktiv zu und fassen Sie die Fakten mit eigenen Worten zusammen.

Wenn Sie alle Informationen gesammelt haben, kümmern Sie sich um die Lösung. Erarbeiten Sie eine gemeinsame Lösung. Machen Sie einen Vorschlag oder fragen Sie: „Was stellen Sie sich vor?“ Es ist wichtig, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden. Deshalb finden Sie heraus, ob Ihr Gesprächspartner mit der Lösung wirklich zufrieden ist. Fragen Sie einfach: „Ist das in Ordnung für Sie?“ Zum Abschluss legen Sie die nächsten Schritte verbindlich fest. So können sich beide Seiten später darauf berufen.

Hören Sie zu jeder Zeit auf Emotionen, Zwischentöne und achten Sie auf Spannungen. Vermeiden sie Schuldzuweisungen, Vorwürfe und Vorhaltungen. Verzichten Sie auch auf Belehrungen und darauf, dem Gesprächspartner offen zu widersprechen, um eine sachliche Lösung finden zu können.

Formulieren Sie bewusst und positiv und achten Sie zu jeder Zeit auf Ihre Stimmlage und im persönlichen Gespräch auch auf Ihre Körpersprache. Versuchen Sie, in einer neutralen Stimmlage zu sprechen. Verzichten Sie darauf, sich zu rechtfertigen, das führt oft zu weiteren Spannungen. Bitten Sie stattdessen lieber einfach um Entschuldigung, wenn es angebracht ist. Bleiben Sie entspannt und denken Sie daran: Es gibt keine schwierigen Persönlichkeiten. Jeder „schwierige“ Mensch hat einen für sich nachvollziehbaren Grund.