Fischen im eigenen Bestand

11. April 2018


Erfolgreiche Marken wie Daimler investieren massiv in die Bestandskundenpflege. Mit so genannten After-Sales-Programmen werden nicht nur Kundenbeziehungen gehalten, sondern es kann ziemlich genau der Zeitpunkt ermittelt werden, wann der Kunde wieder kaufen wird. Kleinunternehmer können das auch. Zum Beispiel mit E-Mail-Marketing. Die Wirkung ist völlig zu Unrecht unterschätzt und von der Angst besetzt, beim Datenschutz etwas falsch machen zu können oder wettbewerbswidrig zu handeln.

Von Jan Kricheldorf

Eine der ersten und größten Errungenschaften des Internets war die E-Mail. Sie war eine Erfindung der 70er Jahre, der elektronische Brief setzte sich aber erst in den 90er Jahren massenhaft durch. Sehr schnell entdeckten die ersten Anwender dann den Vorzug der Verteiler-Mail und des Newsletters.

Noch nie zuvor konnten mit dem Abschicken einer einzigen schriftlichen Nachricht sehr viele Menschen beinahe gleichzeitig erreicht werden. Der gewerbliche Newsletter sorgte für einen kostengünstigen, zusätzlichen Marketingkanal. Gleichzeitig begann das Spam-Zeitalter. Der Empfang massenhafter, ungewünschter Mails sorgt einerseits für eine geringere Wahrnehmung von Newslettern. Andererseits sind die Quoten und Öffnungsraten verglichen mit anderen digitalen Kanälen immer noch sehr groß.
Derzeit erlebt E-Mail-Marketing nach einer Phase nachlassenden Interesses unter Marketingprofis eine Renaissance. Denn Newsletter lassen sich hervorragend auswerten. Sichtbar wird, welche Inhalte gut ankommen und welche Inhalte Aktivitäten auslösen. Zudem sind sie immer noch ein kostengünstiges und probates Mittel, um die Kundenbeziehung professionell zu pflegen. Dies ist gerade bei Maklern wichtig, weil ihre Expertise in der Zielgruppe immer noch unterpräsent ist. Davon zeugt die hohe Privatanbieterquote, die regional verschieden auf bis zu 50 Prozent geschätzt wird. Und es gibt viel zu kommunizieren, zum Beispiel Gesetzesänderungen und Urteile aus dem Immobilienbereich, die unbeachtet empfindliche Vermögensverluste nach sich ziehen können. Nicht gewusst, schützt vor Strafe nicht. Je höher der Mehrwert der Information, desto größer die Medienwahrnehmung.
Aber auch im aktiven Verkaufsprozess kann E-Mail-Marketing eingesetzt werden: so kann der Makler beispielsweise seinen Abonnenten ein neues Objekt einige Tage vor dem offiziellen Einstellen auf Immobilienplattformen zukommen lassen. Dieser exklusive Kreis hat somit das erste Zugriffsrecht auf die Immobilie.

Wichtig ist, die unterschiedlichen Interessen der Zielgruppe möglichst genau zu treffen. Deswegen empfiehlt es sich nicht, nur ein Thema zu platzieren, sondern mindestens drei. Nur so entfaltet dieses Informationssystem Breitenwirkung: Wer als Kunde uninteressante Informationen oder zu viel Werbung erhält, wird ihn künftig ungelesen wegklicken oder sich aus dem Verteiler löschen. Dass sich die Datenbank auf diese Art und Weise bereinigt, ist aber nicht generell schlecht. Denn so steigt die Quote derer, die auf die Inhalte des E-Mail-Marketings reagieren.

Auf die Absender-Adresse achten

Der Newsletter darf auf keinen Fall über ein traditionelles E-Mail-Programm wie Outlook verschickt werden. Für Newsletter gibt es spezielle Software wie zum Beispiel die US-Anbieter Get Response und MailChimp sowie das deutschen Pendant Newsletter2Go. Keinesfalls darf als Absender eine E-Mail-Adresse verwendet werden, die für das operative Geschäft nötig ist. So zum Beispiel der zentrale Posteingang info@. Legen Sie sich eine eigens für den Versand eingerichtete E-Mail an wie ratgeber@ oder immobilienwissen@. Das Verschicken über eine im Geschäftsverkehr benutzte E-Mail-Adresse kann schädlich sein. Es genügen einige wenige Empfänger, die den Newsletter als Spam markieren und die Absender-Adresse oder die gesamte Firmendomain gelangen auf eine schwarze Liste. Die Folge: Die Mails dieses Absenders werden künftig direkt als Spam gesehen und nicht mehr zugestellt. Große E-Mail-Anbieter wie GMX oder Googlemail arbeiten mit dieser Technik.

Traffic und Verweildauer steigern

Die Preismodelle von großen Newsletter-Software-Anbietern sind unterschiedlich. Üblich sind eine monatliche Pauschale, die sich an der Zahl der Empfänger orientiert oder Kostenmodelle, bei denen nach Menge versandter Mails abgerechnet wird. Meist gibt es eine Gratis-Version. Es lohnt sich zu vergleichen. Bei einem deutschen Anbieter zum Beispiel sind 1000 Mails pro Monat frei. Das genügt oft schon, um den Eigentümer-Bestand regelmäßig zu versorgen.

Fast alle Anbieter haben zudem Analysefunktionen in ihren Tools, die der Versender nutzen sollte. Smarte Newsletter sind responsiv, sehen also auf jedem Endgerät gut aus. Sie kündigen in Überschriften, Fotos und kurzen Teaser-Texten das Thema an. Wer den Beitrag lesen oder die Grafik sehen will, kommt über einen Link auf die Website. Positiver Effekt: dadurch steigen Traffic und Verweildauer auf der Webseite. Und damit auch die Relevanz. Der Versender kann jederzeit sehen, welches Thema wie häufig angeklickt und somit gelesen wurde und zu welcher Uhrzeit das erfolgte. Dies sind wichtige Informationen, um das Medium gegebenenfalls zu optimieren. Allgemein sind die Öffnungsraten in den frühen Morgenstunden, mittags und in der Zeit nach der Tagesschau am größten. Besonders interessant wird die Auswertung aber, wenn die Kontakte aus dem Bestand kommen und gut gepflegt sind. Dann wird auch der Name sichtbar. Ein Beispiel: Achim Müller hat auf das Thema Energieausweis reagiert. Ist der Kunde also kurz davor, seine Immobilie zu verkaufen? Das kann zumindest so interpretiert werden. Sicher wissen, wird man es nur, wenn sich entsprechende Folgeaktionen anschließen, die die Vermutung bestätigen. Newsletter-Systeme können das.

Bedürfnisqualifikation mit System

Der Kommunikationsweg ist bereits beim Abschicken der ersten Mail angelegt und wird nach angemessener Zeit automatisch fortgesetzt. So läuft der Empfänger durch einen Themen-Trichter, den er mit seinem Verhalten selbst steuert. Am Ende jedenfalls muss immer die Kontaktaufnahme mit dem Immobilienvermittler stehen. Der persönliche Termin kann automatisch über eine Online-Termin-Vergabe vereinbart werden.

System-E-mail-Marketing geht mit dem Thema der Preisermittlung derzeit ausgesprochen gut. Kein Wunder, dass so viele Lead-Händler wie Käuferportal oder Hausgold genau auf dieses Mittel setzen. Der Preis ist einer der Faktoren, der beim Eigentümer große Unsicherheit auslöst. Diese Unsicherheit muss unbedingt verstärkt werden, zumindest in Bezug auf einen Verkauf ohne Makler. Nur so können Folgeaktionen motiviert werden. Im Newsletter jedenfalls lässt sich mit einfachen Mitteln eine Schaltfläche integrieren, die zur Sofortprognose auf der Webseite des Maklers führt. Oft wird jedoch der Fehler gemacht, dass das Ergebnis der Immobilienschnellbewertung als PDF-Datei im Posteingang des potentiellen Kunden landet und nicht auf der Seite des Maklers dargestellt wird. Durch das Verschicken einer Datei verlässt der Empfänger die Ziel-Plattform des Maklers und entzieht sich damit auch jeder Möglichkeit, seine Bedürfnisse und sein Verhalten zu messen und darauf reagieren zu können.

Die Möglichkeit, den Newsletter zu abonnieren, kann über einen so genannten Layer auf der Website erfolgen, der sich nach einigen Sekunden möglichst unaufdringlich öffnet. PopUp-Fenster sind ungünstig, dass sie geblockt werden können. Alternativ kann die Handlungsaufforderung in der Menüstruktur oder zwischen den Inhalten der Webseite integriert werden.. Die Effekte — das sollte nicht unerwähnt bleiben — sind auf diese Weise aber recht bescheiden.

Effektiver ist es, starke Anreize zu setzen, die dafür sorgen, dass der potentielle Kunde motiviert einwilligt, angeschrieben zu werden. Der Empfänger von E-Mails, die über den Geschäftsverkehr hinausgehen, muss nach aktueller Gesetzgebung aktiv und nachweisbar einwilligen. Auch muss jeder Newsletter die Möglichkeit bieten, diesen jederzeit und unkompliziert abbestellen zu können.
 
Rechtssicher mit Double-opt-in

Um die nötige Rechtssicherheit zu gewährleisten, ist höchste Sorgfalt angebracht. Für  das  Abonnieren hat sich das  sogenannte
Double-opt-in-Verfahren durchgesetzt: Der Nutzer gibt seine Mailadresse auf der Website ein und erhält anschließend automatisch eine eher technisch gehaltene Mail, in der er per Link nochmals bestätigt, dass er dem Mailempfang zustimmt. Damit kann ausgeschlossen werden, dass unbefugte Dritte eine beliebige Mail in einen Newsletter eintragen und Spam verursachen.

Leider stellt das Double-opt-in-Verfahren aber auch eine Hürde dar, die erst einmal überwunden werden muss. Warum sollte der potentielle Kunde einer bis dato unbekannten Firma das Recht einräumen, dass er von ihr einen Newsletter bekommt? Ohne Gegenleistung wird er dazu nicht bereit sein. Die Gegenleistung — wie auch immer sie aussieht — muss daher immer auf die Bedürfnislage des potentiellen Kunden passen.

Den größten Anreiz neben der Immobilienbewertung stellen derzeit Immobilienangebote dar. Zum Exposé kommt nur, wer aktiv den Haken setzt und mit der Kontaktaufnahme per Mail einverstanden ist.

Was die Inhalte betrifft, so sollten Makler eher an die Information der Leserschaft denken, als an ihren Vertrieb oder Eigenwerbung. Entsprechend sollten Newsletter-Texte neutral geschrieben sein. Als Themen für die Zielgruppe Eigentümer eignen sich zum Beispiel Ratgebertexte zu Diebstahlsicherung am Haus, Home-Staging für den Immobilienverkauf, Unterlagen, die für den Verkaufsprozess besorgt werden müssen etc.

Wenn das Maklerbüro keine textlich versierten Mitarbeiter hat, sollte dies an einen externen Texter oder ein Redaktionsbüro ausgelagert werden. Selbstredend dürfen keine Texte von Dritten einfach kopiert werden; sie sind urheberrechtlich geschützt. Sie müssen entweder umformuliert werden oder es muss mit dem Absender geklärt werden, ob der Beitrag mit entsprechender Quellenangabe verwendet werden darf. Newsletter-Beiträge sollten zusätzlich über weitere Kanäle gestreut werden wie Soziale Medien. Sie können auch auf die Website unter den Menüpunkt „News“ gestellt werden. Auch ein Hinweis auf der Startseite: „Die meistgelesenen Beiträge“ ist sinnvoll. Denn was die Newsletter-Abonnenten interessiert, wird auch Website-Besucher ansprechen.