Hofladen statt Bauchladen

23. Februar 2022


Große Immobilienunternehmen und Startups versuchen sich in der Immobilienbranche immer mehr entlang des Eigentümers zu positionieren, um frühe Markteintrittschancen nicht zu verpassen. Das geht auch bei Klein- und Kleinstunternehmen, finden Peter Hettenbach, Inhaber des iib Dr. Hettenbach Instituts, und seine Geschäftsführerin Katarina Ivankovic.

Interview von Jan Kricheldorf

Peter Hettenbach: Für Makler stellt sich die Frage, wie kann ich in dauerhafte Verbindungen mit Eigentümern treten. In der Stadt Attendorn im Sauerland/Landkreis Olpe hat das freie Maklerbüro Pedro Garcia in seiner Farm 20 Prozent Marktanteil. Dieses Unternehmen hat also einen sehr guten Kontakt zu Eigentümern in seiner Farm. Werde also Farmer und bearbeite deine Farm. Immobilien zu verwalten, kann da eine gute Möglichkeit sein. Wichtig ist, dass der Makler in seiner Farm präsent ist. Da helfen dann auch alle digitalen Tools nichts. Der Makler muss die letzte Meile selber gehen.

Der kleine Makler braucht eine Idee, die ihm ein Alleinstellungsmerkmal verschafft. Er darf nicht nachmachen, was es schon gibt. Stattdessen muss er eine lokale Marke werden. In ländlichen Bereichen geht das sicherlich einfacher als in der Stadt, wo es sehr viel Angriff von digitalen Startups gibt. Verwalter zu sein, ist hier eine Hilfe, um präsent zu sein.

Herr Hettenbach, Sie sind der „Erfinder“ des Wortes „ultralokal“. Das steht ja im Zusammenhang mit dem Farming. Die großen, überregional agierenden Unternehmen haben es in der Regel schwer, ultralokal zu sein. Liegt hier der Mehrwert von Klein- und Kleinstunternehmen?

Peter Hettenbach: Absolut! Ich sage seit vielen Jahren: „Beziehungen sind der einzige nicht kopierbare Wettbewerbsvorteil.“ Jeder kann sich abschauen, welche Formulare nutzt der Makler, welche Visitenkarten, wie macht der sein Exposé, wie schreibt der seine Inserate. In dieser kleingliedrigen Szene wird ja alles sofort kopiert. So kann man nie eine längere Alleinstellung aufbauen.

Dann bleibt also nur die Beziehung. Die muss über lange Zeit gepflegt werden, damit das nötige Vertrauen entsteht. Und das entsteht nicht, wenn man sich irgendwo auf der Welt 25 Facebook-Likes kauft. Sondern man braucht verteiltes Vertrauen von vielen Partnern.

Früher gab es drei Online-Portale — Immobilienscout, Immonet und Immowelt. Inzwischen gibt es über 200 Portale, wobei eBay Kleinanzeigen mit 400.000 Anzeigen das größte ist. Aber den wertvollen Aspekt für den Verbraucher — ein Portal, wo ich alles finde — gibt es nicht mehr. Im Umkehrschluss spricht das wieder für den Mehrwert des lokalen Maklers.

Wenn wir die Suchintentionen von Google auswerten, sehen wir, dass der Eigentümer den Makler nicht aktiv sucht. Sollte man dieses Verhältnis nicht besser umdrehen? Hat nicht gerade der lokale Makler den Vorteil, dass er aktiv auf Eigentümer zugehen kann?

Katarina Ivankovic: Das Problem, aber auch die Stärke des kleinen lokalen Maklers gegenüber den großen überregionalen Unternehmen liegt in der Natur, wie Immobiliengeschäfte funktionieren. In 99 Prozent der Fälle will der Eigentümer nichts vom Makler hören. Denn in der Regel verkauft niemand seine Immobilie, weil er möchte, sondern weil er muss. An dieser Stelle kommt Vertrauen ins Spiel.

Im ersten Kontakt, im Lead-Generieren, sind McMakler und Co. unschlagbar. Sobald eine E-Mail ankommt, haben die den Telefonhörer schon in der Hand. Dann wird das aber an einen digitalen Funnel übergeben und etwas Performance-Marketing betrieben. Nichts davon schafft aber Vertrauen. Im Gegenteil, es erzeugt oft Misstrauen.

Der lokale Makler aber kann das Erstgespräch schon ganz anders führen. Der hat lokale Referenzen, der weiß, welche Häuser in letzter Zeit auf dem Markt waren. Da kann man mit den Eigentümern über das reden, was sie kennen, ihren Heimatort. Das erzeugt eine ganz andere Bindung.

Und bei dieser Bindung bleibt es bei jemandem, der noch ganz am Anfang im Verkaufsprozess steht. Zum Beispiel, wenn es um Omas altes Haus geht und Oma noch nicht bereit ist, sich davon zu trennen. Zwölf oder 18 Monate später ist es dann aber womöglich so weit. Dann wird der Makler zwei Straßen weiter angerufen und nicht der mit dem Berliner Impressum.

Das sehen wir immer wieder bei den lokalen Platzhirschen, die jedes Jahr einen Marktbericht veröffentlichen, die ein Bewertungstool haben, die funktionierende Wiedervorlagen haben. Und die funktionieren, weil sie vor Ort sind und nicht, weil sie am schnellsten angerufen haben. Damit zeigen sie ihre lokale Expertise.

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Eule

Wie können Makler noch in ihrer Farm Präsenz zeigen?

Peter Hettenbach: Pedro Garcia beispielsweise ist sehr erfolgreich damit, regelmäßig seine Stammkunden abzutelefonieren, die schon mal bei ihm eine Immobilie gekauft haben. Allerdings hat es seine Zeit gedauert, bis er die optimalen Anrufszeiten herausgefunden hat, an denen er seine Kunden am besten erreicht. Das hat er mit viel Fleiß herausdestilliert. Im zweiten Schritt hat er Prozessketten entwickelt. Zum Beispiel: Um einen Abschluss zu machen, muss ich zehn Akquisen haben. Für eine Akquise muss ich zehnmal anrufen und so weiter. Dafür hat er sich sogar ein eigenes CRM programmieren lassen.

Das alleine hat ihm aber nicht genügt. Er benötigte noch Anlässe zum Telefonat. Zum Beispiel: „Ich suche eine Immobilie in Ihrem Ortsteil.
Wissen Sie vielleicht etwas?“ So ist er mit seinen Kunden ins Gespräch gekommen. Das hat er dann mit ein bisschen Service verknüpft und das Thema Marktanalyse mit in das Gespräch genommen. Also hat er auch lokale Marktberichte erstellt und die so weit heruntergebrochen, um Content, also Wissen und Information zu liefern.

Könnte man sagen, das ist die Renaissance des Bauchladens?

Peter Hettenbach: Bauchladen klingt für mich vielleicht etwas negativ. Aber Hofladen finde ich passend. Der stellt auch den Regionalbezug her. Da weiß ich, das ist mein Bauer. Und da weiß ich, was für Kartoffeln der in der Auslage hat.

Katarina Ivankovic: Ich denke, an der Stelle haben auch viele Unternehmen so ein bisschen den Kern ihrer Dienstleistung aus den Augen verloren. Wenn wir beim Bild Hofladen bleiben wollen: Wenn man nicht weiß, wie man eine Steckrübe pflanzt, zum Wachsen bringt und erntet, dann nützt einem auch kein Hochleistungsmähdrescher.

Bei vielen halte ich da ein „back to the roots“ für sinnvoll, ein Überlegen, wo die eigene Position im Markt und was der eigene Mehrwert ist. Auch Starter sollten sich damit auseinandersetzen, anstatt zu googeln, welches CRM sie brauchen oder welches E-Mail-Marketing-Tool.

Wie geht man es an, vom Makler zum verwaltenden Makler oder makelnden Verwalter zu werden?

Peter Hettenbach: Was es gibt, muss man ja nicht noch mal erfinden. Man könnte zum Beispiel überlegen, ob man so einen Verwalter kauft. Momentan gibt es ja einige, die aus Altersgründen einen Wechsel machen. Nachfolgeregelungen kann man mit der IHK anpacken.

Man kann auch mit einem Verwalter kooperieren. Die Berührungspunkte von Makler und Verwalter sind bei der Besichtigung der Immobilie am Anfang und am Ende beim Verkaufen sowie beim Notar. Das sind die Chancen. Das ist im Prinzip die letzte Meile. Und die haben die Verwalter auch.

Wäre auch Energieausweis, Energieberatung ein möglicher Markteintrittspunkt?

Peter Hettenbach: Also die Bundesregierung wird das zu einem Thema machen. Die Bedeutung von ESG (Environmental, Social, Governance) wird weiter zunehmen. Von der Seite her ist das ein interessanter Ansatz.

Von der anderen Seite ist der Markt ziemlich aufgemischt von Energieberatern, die nicht so digital aufgestellt sind und eine Immobilie nicht aus wirtschaftlicher Sicht betrachten wie der Makler. Für Makler wäre also die Chance, dem Eigentümer zu sagen: „Ich bin dein Experte und kann dir sagen, welche Investitionen sich rentieren, wenn du deine Immobilie wieder verkaufen willst.“