„Ich baue, also bin ich, ich bin, also wohne ich“

28. November 2023


Müssen wir 400.000 Wohnungen neu bauen? Nein, sagen die Macher des Wettbewerbs „Ausgezeichneter Wohnungsbau“. Im Gegenteil: Um das Angebot an zeitgemäßem, attraktiven Wohnraum zu erhöhen, müssen wir uns endlich auch intensiver dem Bestand und der in ihm gebundenen grauen Energie widmen: Sanierung, Revitalisierung und Umnutzung anderer Typologien. Aber ja, wir benötigen natürlich auch einen starken Neubau. Wie eng all das miteinander zusammenhängt, wird anschaulich anhand der drei im folgenden vorgestellten Beispiele. Wir stellen auf den nächsten Seiten drei ganz unterschiedliche ausgezeichnete Projekte aus dem Wettbewerb vor.

Eine Auswahl von Stephen Paul

Partner des Wettbewerbs „Ausgezeichneter Wohnungsbau“ sind der Immobilienverband Deutschland IVD, die Bundesarchitektenkammer, die Messe München mit der EXPO REAL, verschiedene deutschsprachige Architekturmagazine und einige Unternehmen. Erstmalig wurden im Jahr 2019 Wohnbauten prämiert. Dieses Jahr hat die Jury Preise in neun Kategorien ausgesprochen: Geförderter Wohnungsbau, Innovative Fassade, Ländlicher Raum, Mischnutzung, Nachverdichtung, Premiumwohnen, Quartiersentwicklung, Revitalisierung und Wohnhochhaus.

 

Heimatufer am Rhein

Was die Hafencity für Hamburg oder das Überseequartier für Bremen ist, ist das Gebiet an der Rheinallee für Ludwigshafen. Geöffnet zum Fluss, plante das Architekturbüro Eike Becker_Architekten für die Deutsche Wohnwerte GmbH & CO. KG ein neues Wohnquartier. Dieses ist baulich abwechslungsreich gestaltet. Auch die knapp 130 Wohneinheiten könnten unterschiedlicher kaum sein: Die Auswahl reicht von der klassischen Etagenwohnung bis hin zum Penthouse mit Dachterrasse. Das achtgeschossige Solitärgebäude „Beaufort by Heimatufer“ setzt den architektonischen Höhepunkt.

Wirtshaus wird Wohnhaus

Das historische Gasthaus zur Mühle war bereits baufällig und nicht mehr zu erhalten. „Obwohl erstaunlicherweise nicht unter Denkmalschutz stehend, haben wir uns zusammen mit der privaten Bauherrschaft entschieden, das Gasthaus so original wie möglich am gleichen Standort komplett neu aufzubauen“, sagen Thomas Keller und Mirko Schneeweiss von Kaundbe Architekten AG. Der reine Holzbau mit sechs Wohneinheiten erfüllt heutige Komfortbedürfnisse und ist zudem durch die Verwendung heimischen Holzes auch CO2-neutral.

Vom „Worst Performing Building“ zum Niedrigenergiehaus

Das Münchner Mehrfamilienhaus hatte schon hundert Jahre auf dem Buckel und war vernachlässigt. Die Familia KG nahm sich ein Herz und beauftragte die Arc Architekten mit einer energetischen Generalsanierung, durch die 90 Prozent CO2 eingespart werden kann. Gleichzeitig wurden das Dachgeschoss in Holzbauweise aufgestockt und Balkone angebaut. In enger Abstimmung mit der Bewohnerschaft und einer abgewogenen Verwendung vorhandenen und neuen Materials bietet das Gebäude heute wieder ein Gefühl der Häuslichkeit und der Heimat, wie die Bauherrschaft betont.

 

Architekturfotografie: Yannick Wegner, Mannheim, yannickwegner.com
Claus Graubner, Frankfurt am Main, clausgraubner.de