Immobilienvermarktung: Gelber Zettel an Laterne reicht?

6. Mai 2019


Glaubt man den Worten von Justizministerin Barley, würde schon ein Klebezettel an der Laterne ausreichen, um eine Immobilie zu vermarkten. Die Nachfrage sei so groß, dass der Makler quasi kaum noch Arbeit damit habe. Diese Randbemerkung, gefallen im Politiktalk „Hart aber fair“, zeigt eindrucksvoll, dass die Welt da draußen nicht weiß, was der Makler eigentlich tut. Höchste Zeit für eine Digitaloffensive!

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In „Hart aber Fair“ verriet Moderator Frank Plasberg, dass sich in seinem Briefkasten vorgefertigte Briefe von Maklern stapeln würden, die mit Käufern für seine Immobilie werben. Marketing-Mittel verbrauchen sich schnell, vor allem dann, wenn der Absender auf ein schnelles Geschäft aus ist. Was sich nicht schnell verbraucht, sind passende Antworten auf die Fragen der Zielgruppe. Diese Kommunikationsaufgabe wird derzeit nur von wenigen Immobilienunternehmen konsequent verfolgt.

Denn wie das Beispiel Barley zeigt, hält sich immer noch hartnäckig der Eindruck, dass Makler im Grunde nichts tun, wenn sie eine Immobilie anbieten. Geht es nach dem Klischee vieler Otto-Normalverbraucher sind Makler der teuerste Schlüsseldienst Deutschlands. Dass deutlich mehr dahintersteckt, wissen wir. Aber warum kommunizieren wir es nicht? Viele Eigentümer erkennen natürlich auch von selbst, dass sie Hilfe benötigen und angesichts der Veränderung ihrer Lebensumstände nicht in der Lage sind, eine Immobilie professionell zu verkaufen. Viele andere müssen das noch lernen. Oft tun sie das über Schmerzen, weil sie den Preis zu hoch ansetzen und weil sie darauf spekulieren, dass der Markt ihnen entgegenkommt. Wird die Immobilie aber erst einmal zu einem Ladenhüter, muss die Vermarktung im Grunde noch einmal von vorne begonnen werden. Im schlimmsten Fall muss die Immobilie für längere Zeit vom Markt genommen werden. Und was ist eigentlich mit Massenbesichtigungen oder diskreter Vermarktung? Es gibt unzählige Beispiele, die zeigen, dass es unerlässlich ist, einen Profi zu Rate zu ziehen, allein unsere Justizministerin, Frank Plasberg und Millionen Deutsche wissen das nicht. Es ist an der Zeit, jene Geschichten zu erzählen, die Sie in Ihrem Geschäft täglich erleben. Die Geschichten, bei denen Sie Menschen geholfen haben, aus ihren vertrackten Lebenssituationen herauszukommen, bei denen Sie Lösungen gefunden haben, bei denen Sie Familien glücklich gemacht haben.

Wie können wir das tun? Zunächst vorweg geschickt: Jammern bringt uns nicht voran. Sie haben gute Argumente. Bloggen Sie, was Sie täglich leisten, erzählen Sie den Leuten da draußen, wie viel Kraft es kostet, sich für Eigentümer aufzureiben, die Sie nur im Erfolgsfall bezahlen. Erzählen Sie den Menschen da draußen, welche rechtlichen Risiken mit dem Verkauf von Immobilien einhergehen, dass es nicht vergleichbar ist mit dem Verkauf eines Autos. Rechnen Sie den Menschen vor, dass es sich lohnt, einen Profi zu engagieren, weil ein Vermittler das Verhandeln für sie übernehmen wird, ohne emotional befangen zu sein wie ein Eigentümer. Und vor allem können Sie den Menschen klar machen, dass Immobilien nicht einfach so den Besitzer wechseln, sondern meistens deswegen, weil eine veränderte Lebenssituation sie dazu zwingt. Seien es Themen wie Wohnen im Alter, die Erbimmobilie, Trennung oder der berufliche Wechsel in eine andere Stadt.

Sie sehen, es gibt genug Themen, die kommuniziert werden können. Es muss nur getan werden. Ihr tägliches Geschäft ist wichtig und es bleibt daneben wenig Zeit, sich auch noch um Unternehmenskommunikation zu kümmern. Bei Facebook sehe ich viele Kollegen munter posten, jedoch meist unter sich und zu wenig in die Richtung derer Menschen, die nicht davon überzeugt sind, dass ihre Arbeit wichtig ist. Wenn Sie es nicht schaffen, nutzen Sie Redaktionsdienste, Texter oder das Contentpaket des IVD Nord und des IVD Berlin-Brandenburg (mehr dazu auf den Seiten 60 und 61) um Inhalte zu schaffen oder zu nutzen, die Ihre Zielgruppen ansprechen.

Die digitale Transformation mag die Kommunikationsmittel verändern. Eines aber wird noch lange bleiben: Jedes Medium, egal wie es aussehen mag, braucht auch einen Inhalt. Dieses Prinzip gilt schon seit Jahrtausenden. Was wäre die Gutenberg-Bibel ohne Worte? Was wäre ein Blog ohne Artikel? Menschen, die sich verändern, suchen in der veränderten Situation nach Orientierung und haben ein hohes Informationsbedürfnis. Sie möchten Antworten auf ihre dringenden Fragen. Geben Sie sie ihnen. Würden alle Immobilienunternehmen einmal im Monat darüber berichten, was Sie tatsächlich täglich leisten, würden wir nicht gegen Klischees ankämpfen müssen. In den USA ist der Makler derjenige im Viertel, der sich bestens in der Nachbarschaft auskennt und stets ein ausgezeichnetes Verhältnis zu den Bewohnern pflegt. Kaum jemand würde seine Kompetenz in Frage stellen oder daran zweifeln, ob er sich sein Honorar redlich verdient hat. Dem deutschen Handwerk ist es mit Imagekampagnen gelungen unter Beweis zu stellen, dass eine immer mehr technisch geprägte Welt, das Handwerk nicht abschaffen wird. Davon können wir lernen. Fangen wir an, die technischen und digitalen Möglichkeiten zu nutzen, um Klischees zu überwinden, Zweifel auszuräumen und in der Öffentlichkeit für mehr Selbstverständnis für unseren Berufsstand zu werben.