Kein Weg führt an individueller Abnahme vorbei

1. Juli 2019


Bei der Abnahme des Gemeinschaftseigentums sollte ein Bauträger kein Risiko eingehen und stets eine individuelle Abnahme durch die Erwerber ermöglichen.

Von Rechtsanwältin Christiane Juhnke

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Eigentumserwerber, die ihre Wohnung über einen Bauträger gekauft haben, konzentrieren sich in der Regel auf die Abnahme ihres Sondereigentums. Das Gemeinschaftseigentum haben sie selten auf dem Radar. Dabei sind gerade Flächen und Anlagen wie Treppenhäuser, Fenster, Solarkollektoren oder Blockheizkraftwerke oft sehr teuer und stellen einen wichtigen Teil des erworbenen Objektes dar.

Manche Bauträger nutzten in der Vergangenheit dieses Desinteresse der Erwerber aus und setzten per Klausel bereits im Bauträgervertrag für die Abnahme der Gemeinschaftsflächen zum Beispiel Architekten, Sachverständige oder Verwalter als Bevollmächtigte ein. Sie erhofften sich dadurch eine einheitliche problemlose und zügige Abnahme. Solche Vollmachtklauseln sind in der Regel jedoch unwirksam. Nach der Rechtsprechung sind diese für die Abnahme des Gemeinschaftseigentums immer dann unwirksam, wenn der Bevollmächtigte mit dem Bauträger wirtschaftlich verbunden ist. Denn es besteht der Verdacht, dass der Bevollmächtigte keine unabhängige Erklärung abgibt. Ist die Klausel unwirksam, dann ist die Abnahme ungültig und auch die fünfjährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnt nicht zu laufen.

Um solche Risiken zu vermeiden ist Bauträgern grundsätzlich zu raten, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch jeden Erwerber individuell erklären zu lassen. Wenngleich dies mit zusätzlichem Aufwand verbunden ist.

Sinnvoll kann es gegebenenfalls sein, dass der Bauträger einen Sachverständigen beauftragt, der die Gemeinschaftsflächen begutachtet und prüft, ob sie dem Stand der Technik und den Vorgaben der Baubeschreibung entsprechen. Vor allem technische Produkte wie Heizungsanlagen können so kompliziert sein, dass Laien kaum beurteilen können, ob diese mangelfrei sind. Eine solche technische Begutachtung kann die Grundlage für die Abnahme durch den Eigentumserwerber darstellen. Käufer können selbstverständlich auch auf eigene Rechnung und unabhängig vom Bauträger einen Sachverständigen mit der Prüfung und Abnahme beauftragen.

Die meisten Bauträgerverträge regeln, dass das Sondereigentum unabhängig vom Gemeinschaftseigentum abgenommen werden kann. Wird eine künftige Eigentümergemeinschaft in mehreren Gebäuden realisiert, ist es sinnvoll, die Abnahme der Gemeinschaftsflächen etappenweise nach Fertigstellung des jeweiligen Gebäudes durchzuführen. Um die fünfjährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche früh in Gang zu setzen und Schäden und Abnutzungen durch die Wohnnutzung gering zu halten, ist der beste Zeitpunkt für die Abnahme nach der Fertigstellung. Eine Abnahme darf schon dann stattfinden, wenn Mängel zwar bereits bekannt, aber noch nicht behoben sind. Natürlich müssen diese ins Abnahmeprotokoll einfließen.

Bei manchen Bauprojekten zieht sich die Phase von der Fertigstellung der ersten bis zur Übergabe der letzten Wohneinheit über mehrere Jahre hin. Bauträger müssen dabei beachten, dass die Verjährungsfrist der Mängelgewährleitungsrechte erst beginnt, wenn der letzte Erwerber die Abnahme des Gemeinschaftseigentums erklärt hat. Wohneinheiten, die keinen Käufer finden, können daher ein Problem für den Bauträger darstellen. Einige Bauträger beschleunigen in solchen Fällen mittels Preisnachlässen den Verkauf dieser „Nachzügler-Wohnungen“, um den Beginn der Verjährungsfrist herbeizuführen.

Leider sieht das kürzlich reformierte Bauvertragsrecht keine Regelungen und Bestimmungen speziell für die Abnahme des Gemeinschaftseigentums vor. Dabei wäre eine Vereinbarung wünschenswert, die das Interesse eines Bauträgers an einer zügigen Abnahme und das des Erwerbers an einer sachgerechten und unabhängigen Prüfung des hergestellten Bauwerks gleichermaßen gewährleistet. Bei der demnächst anstehenden Reform des Wohnungseigentumsrechts besteht erneut die Gelegenheit, eine gesetzliche Bestimmung zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums aufzunehmen. Nicht zuletzt wegen der zu erwartenden hohen Anzahl an Neubauten ist eine solche mehr als notwendig.

Foto: © auriso / Depostiphotos.com