Sand im Getriebe

8. September 2020


Wer digital erfolgreich sein möchte, kommt nicht umhin, auch seine Betriebsprozesse anpassen zu müssen. Und das wiederum wird kaum funktionieren, ohne das Team mitzunehmen. Entscheidungen an der Crew vorbei können leicht dazu führen, dass die erhofften digitalen Impulse ausbleiben. Jedes System ist nur so gut wie seine Anwender. Diese Erfahrung haben sicher schon viele Immobilienprofis gemacht.

 

Von Jan Kricheldorf

Mal Hand auf’s Herz — wie viel nutzt Ihr da draußen wirklich von euren CRM-Systemen? Vielleicht 20 Prozent? Meist scheitert es gar nicht so sehr am technischen Unverständnis, sondern eher daran, dass die Abläufe und Prozesse im Betrieb nicht angepasst worden sind oder die Prozesskette stehen bleibt. Insbesondere im Kleinunternehmen gilt das als eine der größten Herausforderungen.

Prozesse auch bei „Ausfällen“ am Laufen halten

Akribisch geplante Ablaufketten brechen zusammen, wenn durch Fluktuation, Urlaube oder Krankheiten zusätzliche Aufgaben auf den Mitarbeitern lasten. Selbst wenn es Vertretungsregeln geben mag, lässt sich der Fehlstand nicht immer kompensieren. Digitale Technologien können helfen, Systeme zu erzwingen, wenn die Mitarbeiter mitziehen. Für Immobilienunternehmer bedeutet das, möglichst schon früh die Kollegen mit einzubeziehen und eine horizontale Verständnisebene zu erreichen.

Alle Mitarbeiter einbinden

In meiner Praxis als Digitalberater habe ich in den meisten Fällen Kleinunternehmer angetroffen, die das genau so gehandhabt haben. Bei der Präsentation einer Digitalstrategie beispielsweise ist es sinnvoll, auch diejenigen einzubinden, die wenig Berührung mit den digitalen Neuerungen haben. Ihre Perspektive ist wichtig, denn sie bringt die nötige Distanz ein, um kritisch zu hinterfragen und die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Sie können die Wächter sein, die sich darum kümmern, dass interne Prozesse nicht stehen bleiben.

Nicht an alten Gewohnheiten festhalten

Machen wir es einmal konkret: Wenn beim Managen von Anfragen statt des Online-Exposés wieder wie früher das PDF-Exposé verschickt wird, geht Traffic verloren und die gewünschten Effekte auf der Webseite verpuffen. Oder die Inhalte aus den Blogs und Magazinen, die automatisch auf die Homepage gelangen, werden nicht in sozialen Netzwerken oder per E-Mail-Marketing verbreitet. Ergo kann kein Traffic entstehen und die guten Inhalte versauern, obwohl damit Zielgruppen hätten angesprochen werden können.

Betriebshandbücher für Prozessketten

Betriebshandbücher können hilfreich sein, um neue Mitarbeiter oder auch Dritte schneller einarbeiten zu können, wenn es zu Fluktuation oder Ausfällen kommt. Sie sorgen dafür, dass nicht der gesamte Betrieb zum Erliegen kommt. Wie war das nochmal? Warum machen wir das so? Die Antworten auf diese Fragen verwässern mit der Zeit. Nicht alle Mitarbeiter denken wie Unternehmer. Fehlt die Struktur, folgen sie dem Weg des geringsten Widerstands.

Neue Prozesse zuerst testen

Wenn Abläufe verändert werden, sollten diese zunächst intensiv getestet werden, um entscheidende Fragen zu klären: Trägt der Mitarbeiter das mit? Erkennt er die Vorteile für das Unternehmen und sich selbst? Wird er dem eingeführten Prozessschritt auch unter Druck folgen können? Scheitert der Test, muss nachgearbeitet werden. Denn selten liegt es am mangelnden Willen der Mitarbeiter, sondern eher an der fehlenden Praxistauglichkeit oder an Wissensdefiziten. Insbesondere bei digitalen Prozessen sind laufende Fortbildungen deswegen eine wichtige Voraussetzung, um zu mehr Produktivität und Automation zu kommen.

Ressourcen sparen in der Kommunikation

Im Maklerbetrieb betreffen fast alle digitalen Errungenschaften die Kommunikation. Das Nachfassen und Filtern von Interessenten beispielsweise ist zeitaufwändig und beansprucht den Großteil der Ressourcen der Mitarbeiter. Das Umstellen auf automatisierte Prozesse wird erst dann einen Zeitgewinn bringen, wenn der Mitarbeiter in der Lage ist, die eingeführte Automation jederzeit zu überwachen und von alten Gewohnheiten abzurücken.

Mitarbeiter mitnehmen

Wie neulich geschehen bei einem Kunden, bei dem wir eine API integriert haben mit dem Ziel, dass sämtliche Exposés immer über die Webseite laufen und dort enormen Traffic verursachen. Das CRM war jedoch noch in einer Umstellung von einer alten auf eine neue Version. Die beliebten Briefvorlagen waren im neuen System noch nicht verfügbar. Deswegen arbeitete der Mitarbeiter im alten System einfach weiter, was sämtliche Vorteile des API-gesteuerten Exposéversands vernichtete. Erst die Schulung auf das neue System konnte dann den Durchbruch bringen und den gewünschten digitalen Erfolg möglich machen.