Massiver Zinsanstieg: Hintergründe und Auswirkungen

25. Mai 2022


Höher, schneller, weiter: Die Zinsen für Baufinanzierungen sind im ersten Quartal rasant gestiegen. Mit einem Plus von zirka 1,2 Prozentpunkten kosten 10-jährige Darlehen aktuell mehr als doppelt so viel wie noch Ende letzten Jahres. Welche Auswirkungen hat das auf den Immobilienmarkt? Was gilt es jetzt für Eigenheimbesitzer und die, die es noch werden wollen, zu beachten? Und mit welcher Zinsentwicklung ist weiter zu rechnen? Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender beim Finanzdienstleister Dr. Klein, gibt dazu Ein- und Ausblicke.

Interview von Heiko Senebald

AIZ: Die Bauzinsen sind zuletzt stark angestiegen. Hat Sie das überrascht?

Michael Neumann: Ja, tatsächlich. Anfang des Jahres sind die Zinsen für Baufinanzierungen regelrecht in die Höhe geschnellt. Das Tempo hat wohl alle Marktteilnehmer überrascht und war nicht zu erwarten. Ende Februar hat der Aufwärtstrend zu Beginn des Ukraine-Krieges einen kurzen Stopp eingelegt, um seit März wieder Fahrt aufzunehmen. Aber trotz des starken Anstiegs im ersten Quartal des Jahres befinden sich die Zinsen im langfristigen Vergleich immer noch auf einem ausgesprochen niedrigen Niveau — nur sind wir jetzt weg von den extremen Tiefstständen. Die werden wir in den nächsten Jahren wohl auch nicht mehr sehen.

Was steckt dahinter? Welche Gründe sehen Sie für den Zinsanstieg?

Vor allem die Inflationserwartungen beeinflussen die Zinsen und üben Druck aus. Anders als von der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet, gab die Inflationsrate in den ersten Monaten des Jahres nicht nach — im Gegenteil: Die Prognosen mussten wiederholt nach oben korrigiert werden. Die Folge ist eine schwächere Nachfrage nach der 10-jährigen Bundesanleihe, deren Rendite sich unmittelbar auf die Baufinanzierungszinsen auswirkt. Steigt die Rendite, zieht sie auch das Zinsniveau mit sich — und das ist besonders in den ersten Monaten des Jahres geschehen.

Müssen wir auch weiterhin mit steigenden Zinsen rechnen und sehen wir bald drei oder vier Prozent für zehnjährige Baudarlehen?

In dem politisch wie wirtschaftlich sehr unruhigen Umfeld sind die Zinsen extrem schwankungsanfällig und zuverlässige Prognosen schwer zu treffen. Ich erwarte aber auch mittel- und langfristig eher steigende Zinsen, weil die EZB unter massivem Druck steht, der Inflation etwas entgegen zu setzen und ihre Geldpolitik wieder zu normalisieren.

Gleichzeitig hat sie aber mit großen politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten zu kämpfen und wird deshalb die Zügel weiterhin relativ locker lassen, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können. Je nachdem, wie die europäische Wirtschaft von den Folgen des Krieges betroffen sein wird, wird die EZB bei der Normalisierung des Zinsumfeldes mit größter Vorsicht vorgehen und abrupten oder zu starken Anstiegen entgegenwirken. Falls sich die Zinsentwicklung in den nächsten Monaten in ähnlicher Form wie im ersten Quartal fortsetzen sollte, wäre das meiner Meinung nicht rational zu begründen.

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Eule

 

Können Immobilieninteressenten darauf hoffen, dass mit den steigenden Zinsen nun die Preise fallen werden?

Ich rate davon ab, auf sinkende Preise zu spekulieren! Wer jetzt eine passende Immobilie zu akzeptablen Bedingungenfindet, sollte die Chance unbedingt nutzen. Denn ich glaube nicht, dass in den nächsten Jahren die Nachfrage nach Immobilien deutlich zurückgehen wird —dafür ist der Nachfrageüberhang viel zu hoch. Deshalb erwarte ich keine nachgebenden Preise. Daran ändert auch ein perspektivisch etwas höheres Zinsniveau nichts. Zwar könnte es für einige Kaufwillige
schwieriger werden, eine Immobilie zu finanzieren. Aber wenn jetzt dreißig Interessenten auf eine Wohnung oder ein Haus kommen, reichen in Zukunft auch zwanzig, um das Preisniveau weiterhin hochzuhalten. Vom Platzen einer Immobilienblase sind wir weiter entfernt als aktuell wieder zu lesen ist. Die steigenden Zinsen werden aber das rasante Tempo der Preisentwicklung drosseln. So große Preissprünge wie in den letzten fünf Jahren wird es voraussichtlich nicht mehr geben.

Steigende Zinsen und hohe Immobilienpreise — platzt jetzt der Traum vom Eigenheim? Welche Tipps haben Sie für Immobilieninteressenten?

Auch wenn es schwierig erscheint, ist der Weg in die eigenen vier Wände keinesfalls ausgeschlossen. Welche Möglichkeiten es bei der Finanzierung gibt, kommt auf den Einzelfall an. Tilgungshöhe und Sollzinsbindung sind Stellschrauben, an denen man drehen kann, um die Monatsrate etwas zu reduzieren.

Das sollte aber im Hinblick auf die Gesamtlösung mit Augenmaß geschehen, um eine vernünftige Planungssicherheit beizubehalten und die Laufzeit bis zur vollständigen Rückführung des Darlehens nicht ins Unendliche zu verlängern. Als Vermittler mit einem großen Bankennetzwerk schauen wir parallel immer bei vielen Kreditinstituten, wer momentan die günstigsten Konditionen für das individuelle Vorhaben bietet.

Zudem ist bei der angespannten Marktlage Schnelligkeit ein entscheidender Faktor: Wir bieten daher unseren Kunden bei der Finanzierung einer Eigentumswohnung die Möglichkeit einer Sofortkreditzusage — ein Novum in der Branche.

 

Foto: © André-Leisner (l.); Florian-Sonntag