Nutzerperspektive rückt in den Mittelpunkt

27. November 2017


Zum 19. Mal verlieh die Deutsche Immobilien-Akademie (DIA) an der Universität Freiburg auf der Gewerbeimmobilienmesse Expo Real ihren Forschungspreis. In diesem Jahr zeichnete Karin Schütz, Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, zwei Dissertationen aus.

Die Preisträger sind Dr. Andreas Mense für seine Dissertation „The Value of Housing and the Environment: Local Goods, Uncertainty and Energy Efficiency“ und Dr. Philipp Schäfer für seine Dissertation „The impact of urban tourism on housing markets“.

„Die immobilienwirtschaftliche Forschung ist im Vergleich zu anderen Forschungsfeldern noch relativ jung. Trotz der Vielfalt des Forschungsobjektes Immobilie orientieren sich viele Arbeiten an der Investorenperspektive, wohingegen Themen aus Sicht der Immobiliennutzung weit weniger häufig im Fokus der deutschen Forschung stehen“, erläuterte Professor Marco Wölfle, wissenschaftlicher Leiter des Center for Real Estate Studies, einem Gemeinschaftsinstitut von DIA und Steinbeis Hochschule Berlin. „Hier bieten die beiden Dissertationen eine erfreuliche Weiterentwicklung, stellen sie doch die Nutzerperspektive in den Mittelpunkt.“ Insbesondere in Schäfers Arbeit komme zudem ein disziplinübergreifender Ansatz zum Tragen. Transferorientierte Forschung spiele gerade in der Immobilienwirtschaft eine bedeutende Rolle, da die Branche zum großen Teil aus klein- und mittelständischen Unternehmen ohne eigene Forschungsabteilungen bestehe. Der intensive Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis liefere die Basis für Innovationen. Um diesen Austausch weiter voranzutreiben, unterstütze die Deutschen Immobilien-Akademie seit zwei Jahrzehnten neben der Aus- und Weiterbildung auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit aktuellen Forschungsfragen.

„Die Dissertation von Andreas Mense, die sich aus fünf Aufsätzen zusammensetzt, analysiert die Bewertung von Umweltgütern unter Unsicherheit sowie die Kapitalisierung von Energieeffizienz in Immobilienpreisen“, führte Prof. Wölfle aus. Mense habe ein theoretisches Modell entwickelt, das über den Standardansatz der hedonischen Preismessung hinaus auch die Kosten eines Ortswechsels und Unsicherheit berücksichtige. Es zeige, dass die Kosten eines Ortswechsels eng mit der zugrundeliegenden Unsicherheit verknüpft seien, da bei hoher Unsicherheit die Option, länger abzuwarten, an Wert gewinne. „Der zweite Aufsatz beschäftigt sich am Beispiel des Berliner Flughafens mit den Auswirkungen von Fluglärm auf die Immobilienpreise“, so Prof. Wölfle. Mense komme zu dem Ergebnis, dass die Veröffentlichung der geplanten Flugrouten maßgeblichen Einfluss auf die Erwartungen bezüglich des Lärmniveaus ausgeübt habe. Schon unmittelbar nach der Bekanntgabe sei eine deutliche Reduzierung der Immobilienpreise in den betroffenen Gebieten aufgetreten. Für Objekte in weniger als drei Kilometern direkter Entfernung zur Flugroute seien Wertminderungen von rund 9,6 Prozent festgestellt worden.

„Philipp Schäfer beschäftigt sich in seiner Dissertation mit Fragestellungen rund um das Thema touristischer Attraktivität in Städten und den damit verbundenen Implikationen für Wohnungsmärkte“, so Prof. Wölfle. Die Arbeit sei ebenfalls als kumulative Dissertation konzipiert, die drei Hauptaufsätze seien jeweils gemeinsam mit einem anderen Autor verfasst worden. Ein Beitrag analysiere den Umfang missbräuchlichen Verhaltens von Share-Plattformen am Beispiel von Airbnb-Vermietungen in Berlin. Er komme zu dem Ergebnis, dass der Umfang von Airbnb ökonomisch signifikant, die Konzentration der Angebote auf innerstädtische und angesagte Quartiere augenfällig und die Ballung von Missbrauchstatbeständen handlungsweisend sei.