Paradox nur auf den ersten Blick

10. Oktober 2017


Auf der IAA in Frankfurt gab es neben vielen neuen Autos, auch viele Studien und Prototypen zu sehen. Revolutionär war die Messe (noch) nicht und dennoch gilt es als sicher, dass die Mobilitätskonzepte der Zukunft große Veränderungen mitbringen werden. Neben seiner Leidenschaft für rentable Immobilieninvestments interessiert das auch Jakob Mähren, CEO der Mähren AG. Im Interview mit der AIZ verrät er uns auch warum. Interview von Jan Firmes

Herr Mähren, Sie investieren eigentlich in einem Bereich, in dem sich die Dinge eher nicht vom Fleck bewegen: Immobilien. Trotzdem verfolgen Sie die Mobilitätskonzepte der Zukunft mit großem Interesse. Wie kommt es dazu?
Ich bin überzeugt, dass unsere Städte in fünfzehn bis zwanzig Jahren völlig anders aussehen als heute. Das wird auch die Immobilienmärkte verändern. Einer der Kernpunkte ist dabei, dass das Thema Mobilität neu gedacht wird. Heute kommen deutschlandweit auf 1.000 Einwohner 684 Kraftfahrzeuge. Noch steigt diese Tendenz leicht an. Neue Technologien werden allerdings dafür sorgen, dass sich die Menschen von dem Gedanken lösen, ein eigenes Auto zu besitzen. Bald wird das Automobil halten, was sein Name verspricht, nämlich eine selbstständige Fortbewegung. Dann werden weniger, aber gemeinschaftlich genutzte Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein und Parken ist nur noch selten notwendig, denn das Auto ist ständig in Benutzung. Wenn ein Passagier sein Ziel erreicht, fährt das Auto zum nächsten Nutzer. Nachts wird es dann einfach außerhalb des Stadtgebiets abgestellt. Solche Entwicklungen dürfen Immobilienunternehmen keinesfalls verschlafen. Ich kann also nur jedem raten, die Verkehrskonzepte von morgen im Auge zu behalten.
Welche konkreten Auswirkungen ergeben sich dadurch für die Branche?

Die Folgen sind weitreichend. Schließlich herrscht in den Metropolen bereits jetzt ein chronischer Mangel an Grundstücken. Gleichzeitig werden mehr als 30 Prozent der deutschen Stadtflächen ausschließlich für den Straßenverkehr genutzt. Parkhäuser, Tankstellen, Waschanlagen — all diese Flächen wären dann frei für andere Nutzungen, etwa für Grünflächen, aber natürlich auch für Wohnhäuser oder Büros. Ein zweiter wichtiger Punkt kommt hinzu: Die Menschen kämen immer schneller von Ort zu Ort. So hat zum Beispiel Tesla-Gründer Elon Musk angekündigt, das Projekt Hyperloop nun doch selbst realisieren zu wollen. Geplant ist eine Verbindung zwischen New York und Washington, Fahrtzeit 29 Minuten. Stellen Sie sich vor, München und Berlin würden auf genau dieselbe Weise miteinander verbunden werden.

Sie meinen, dann gehört Nürnberg zum Einzugsgebiet der Bundeshauptstadt?

Ja, das wäre dann denkbar und natürlich auch andersherum — das heutige Denken in Einzugsgebieten wäre aber eh obsolet. Warum nicht in Berlin leben und in Baden-Württemberg bei einem Hidden Champion arbeiten? Die Entfernungen schrumpfen in alle Richtungen. Das hätte Auswirkungen auf alle Immobiliensegmente und natürlich auch auf den Wohnimmobilienmarkt. Die gegenwärtige Situation ist ja eigentlich absurd, wenn man sie sich vor Augen hält: Knapp ein Drittel aller städtischen Flächen wird dafür verbraucht, dass sich morgens eine Blechlawine in die Städte hinein und abends dann wieder hinaus bewegt. Zum Flächenverbrauch kommt noch die verlorene Zeit der Pendler. Das ist alles sehr ineffizient. Und solche Ineffizienzen sind der typische Ansatzpunkt für disruptive Technologien und Akteure, die Althergebrachtes umkrempeln und auf neue Art und Weise organisieren: Bei Amazon haben wir das bereits erlebt. Uber, Tesla — um nur die prominentesten Beispiele zu nennen — verändern die Mobilität schon heute. Disruption von Mobilität bedeutet aber auch: Lagen und Standorte von Immobilien müssen völlig neu bewertet werden. Die neuen Mobilitätskonzepte werden Deals zur Folge haben, die heute noch als undenkbar gelten.
Wie lassen sich diese Investmentchancen rechtzeitig entdecken?

Mit einem wachen Blick und einem weitverzweigten Netzwerk. Viele Experten reden ja davon, dass die digitalen Technologien den Maklerberuf überflüssig machen. Doch das genaue Gegenteil wird der Fall sein — der Makler wird in Zukunft wichtiger denn je. Wenn sich die Chancen und Risiken eines Immobilienstandorts dank der veränderten und effizienteren Mobilität immer schneller ändern, wird die regionale Erfahrung der Makler noch viel stärker ins Gewicht fallen. Niemand kennt „seinen“ Markt besser als ein regional verwurzelter Makler. Und das Thema Mobilität ist nur ein Beispiel für eine Veränderung mit großer Tragweite für die Immobilienmärkte. Wir selbst wickeln heute etwa neun von zehn Ankäufen über Makler ab. Für uns als Immobilieninvestor ist die gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Maklern auch die beste Investition für die Zukunft. Wer sich heute eine Vertrauensbasis aufbaut, profitiert davon, wenn sich die Immobilienmärkte von morgen grundlegend gewandelt haben.