Planen, Bauen, Verkaufen

21. Juni 2018


Bevor ein Bauprojekt realisiert werden kann, müssen viele weitere Schritte und strategischen Maßnahmen getroffen werden. Entscheidend sind vor allem Aspekte wie die Mikrolage und die Zielgruppe. Diese Aufgaben übernimmt der Bauträgervertrieb. Auch Immobilienmakler können bereits in der frühen Phase von einem Bauprojekt mit Bauträgern zusammenarbeiten. Wie genau das abläuft, erläutert Philip Bonhoeffer, Geschäftsführender Gesellschafter von Engel & Völkers Hamburg Projektvermarktung, im AIZ-interview.

Interview von Jan Kricheldorf

Wie geht Bauträgervertrieb 2018?

Wir als Projektvertrieb sehen uns immer als verlängerter Arm des Unternehmens und versetzen uns sehr stark in die Bedürfnisse unserer Auftraggeber hinein. Denn jedes Projekt hat ganz eigene Fragestellungen, die wir lösen müssen. Das ist eine Philosophie, die deutlich abweicht vom klassischen Maklergeschäft, bei dem meist der Verkauf einer Einzelimmobilie zentral ist. Wir hingegen sind gefordert im Sinne des gesamten Projekts zu arbeiten. Als Projektvertrieb müssen Sie sich zunächst in das gesamte Projektmanagement einarbeiten. Es geht um Positionierung, Marketing- und PR-Strategien. Wir nehmen schon in der Frühphase von Projekten eine unverzichtbare Consulting- Rolle ein und entwickeln und planen eine Vertriebsstrategie, optimieren Grundrisse, etc.

Was sind denn die konkreten Bedürfnisse, die ein Bauträger bezüglich seines Vertriebs hat?

Der Vertrieb soll in der Lage sein, den Bauträger bestmöglich zu beraten und den besten Preis am Markt rauszuholen. Wichtig ist, dass sie die entsprechenden Marktkenntnisse mitbringen und dieses Projekt so schnell wie möglich zum Erfolg führen. Und zwar einerseits natürlich in puncto Preisniveau, in puncto  Vertriebsgeschwindigkeit, aber natürlich auch die besten Kunden zu liefern, die auch für so ein Projekt in Frage kommen. Der Vertrieb muss sich zu 100 Prozent mit dem Projekt identifizieren können. Projekte befinden sich in unterschiedlichen Preisklassen, daher muss die Vertriebsstrategie auch zum Projekt passen und authentisch wirken.Nicht zu unterschätzen ist auch die Aufgabe, den Projektentwickler maximal zu entlasten.
Wird das Verkaufen vom Plan nicht immer schwerer, durch die immer weiter steigenden Preise? Was bedeutet das für das Marketing?

Natürlich ist das Preissegment sehr unterschiedlich. Wir selbst verkaufen meist auch im höheren Preissegment vom Plan. Je höher es im Preissegment geht, desto schwieriger wird es für uns, die entsprechenden Zielgruppen zu finden. Das geht nicht ohne hochprofessionelles und hochwertiges Verkaufsmaterial und ein entsprechendes Netzwerk im jeweiligen Preissegment. Das Projekt muss einfach perfekt aufbereitet sein und man muss dazu bereit sein, neue Wege zu gehen. Da kommt es unter anderem auf das Netzwerk an.  Wir sprechen in unserem Bereich oft auch eine überregionale Klientel an, daher ist meine überregionale Aufstellung als Unternehmen wichtig. Hier sind wir mit unserem internationalen Netzwerk bei Engel & Völkers sehr gut aufgestellt. Dementsprechend ist auch meine gesamte PR- und Marketingstrategie überregional  aufgezogen.

Haben Sie ein Beispiel dafür?

Wir haben beispielsweise die Einheiten in der Elbphilharmonie vermarktet, wo wir unser ganzes Portfolio an Möglichkeiten komplett ausspielen mussten. Hier war das internationale Netzwerk, auf das wir bei Engel & Völkers zugreifen können, essentiell. Wir haben darüber hinaus eine PR-Agentur in London beauftragt, um mit einer ausgefeilten Marketingstrategie die internationale Klientel optimal ansprechen zu können.

Sorgen die steigenden Preise dafür, dass immer mehr ausländische Investoren oder ausländische Käufer angesprochen werden müssen, für die unsere Preise noch günstig sind?

Ich würde nicht international sagen, aber überregional. In bestimmten Preissegmenten ist eine starke überregionale Ausrichtung auf jeden Fall  notwendig. Klar ist, dass eine Stadt wie Berlin, wo die Nachfrage extrem hoch ist, momentan auch viele internationale Kunden anzieht. Bei uns in Hamburg ist es nicht zwingend die internationale Klientel, das Interesse kommt auch oft aus dem bundesdeutschen Raum und den anderen deutschsprachigen Nachbarn wie Österreich und der Schweiz. Darauf richten wir unsere Marketingstrategien aus.

Bei Bauträgern findet man oft die schönsten Exposés mit Renderings und tollen Hochglanzbroschüren. Spielt Lametta wirklich so eine starke Rolle für den Vertrieb?

Ja, definitiv. Es spielt sogar eine sehr große Rolle. Die Kunden erwarten von Projekten in einem bestimmten Preissegment auch ein  entsprechendes Auftreten. Dieses Bedürfnis bestimmt das gesamte äußere Erscheinungsbild der Vermarktung. Das fängt bei der richtigen Broschüre an, geht über die entsprechende Internetseite, geht über einen Kurzfilm bis hin zu einem Showroom, der von einem Interior Designer extra für dieses Projekt ausgestattet ist und / oder eben eine Musterwohnung. Das wird als Standard vorausgesetzt. Dabei spielen neue technische Werkzeuge wie beispielsweise ein virtueller Rundgang unter Umständen eine große Rolle. Hängt aber auch ganz davon ab, ob es zum Projekt passt, da sie die Hochwertigkeit eines Projekts oft nicht mehr transportieren können.

In Hamburg und in den Metropolen haben wir ja ein Flächenproblem. In den A-Lagen gibt es fast nichts mehr, in den B-Lagen wird es jetzt auch schon schwieriger. Das alles spricht dafür, dass die geringen Flächen, die wir finden, eine vertikale Bauweise fördern. Ist das wirklich ein Trend, den Sie auch selbst beobachten?
Ja, das hängt natürlich auch von der Stadtplanung ab, in welche Richtung will die Stadt gehen. Grundsätzlich ist
das Bedürfnis da. Wir haben ja auch in Hamburg immer mehr Wohnhochhäuser, was auch allgemein im Trend liegt an gewissen Standorten. Nehmen wir zum Beispiel die HafenCity. Diskutiert wird auch das Projekt Elbtower, an den Elbbrücken. Da bedient man sich dann solcher vertikaler Strategien. Und das gehört zur Verdichtung einer Metropole dazu.

Wie können Makler schon in frühen Phasen von Bauprojekten helfen und unterstützen?

Also, letztendlich sind Makler bei solchen Bauprojekten hilfreich, weil sie das Projekt strategisch aufziehen undplanen. Aus Vertriebssicht heißt das: Welche Zielgruppe kommt überhaupt in Frage, wie ist die Mikrolage dort gestrickt. Wie ist der Standort zu bewerten? Aus diesen Faktoren kann der Wohnungsmix resultieren. Daraus ergibt sich dann die Grundrissgestaltung, die wir aus Vertriebssicht mitprägen wollen. Es kommen Fragen auf, wie: Was ist heute gefragt am Markt? Zwei oder Drei-Zimmer- Wohnung? Für Familien sollte es vielleicht eine 5-Zimmer-Wohnung sein. Sollten wir vielleicht auf Townhouses mit Garten, Penthouse oder auf Maisonetten verzichten? Anzahl der Tiefgaragen, Stellplätze, Ausstattungsaspekte wie offene oder geschlossene Küche. Das sind alles Faktoren, die in der längeren Planungsphase sehr heiß diskutiert werden. Und genau darin besteht der Unterschied zwischen Neubauprojektvertrieb und klassischer Makelei.

Und wie kann sich ein Makler tatsächlich empfehlen?

Indem er diese Kompetenz mitbringt und auch da entsprechend aufgestellt ist. Wir beschäftigen in diesem Feld ein eigenes Consultingteam aus Architekten. Wir sind mit dem Marketing PR-Bereich umfangreicher aufgestellt. So etwas kann man nicht als One-Man-Show betreiben. Last but not least bleibt das entsprechende überregionale, internationale Netzwerk entscheidend, um einen professionellen Vertrieb zu gewährleisten.