Reform des Maklergesetzes erschwert die Wohnungssuche

23. August 2023


Medien und Politik in Österreich ziehen gerne einen Vergleich mit dem „großen“ Nachbarn Deutschland. In einem oftmals zitierten Bonmot heißt es: Alles was Österreich und Deutschland trennt, ist die gemeinsame Sprache. Es lohnt sich, diesen Gemeinsamkeiten und Unterschieden anhand aktueller Beispiele auf die Spur zu gehen.

Von Anton Holzapfel

Mit großem medialen Getöse hatte die österreichische Bundesregierung das Bestellerprinzip bei der Vermittlung von Wohnungsmietverträgen präsentiert. Die Einwände der Immobilienwirtschaft blieben leider großteils unbeachtet. Zum 1. Juli 2023 ist nun das sogenannte Erstauftraggeberprinzip im österreichischen Maklergesetz in Kraft getreten, das im Wesentlichen dem deutschen Bestellerprinzip nachgebildet ist. Den Bürgern wurde versprochen, dass dadurch das Wohnen günstiger würde. Tatsächlich dauert die Wohnungssuche jetzt länger und das Wohnungsangebot ist intransparenter.

Die Regierung ließ auch außer Acht, dass der Mietmarkt weit stärkeren Reglementierungen unterworfen ist. So gelten in der Metropolregion Wien Preisbeschränkungen des Richtwertmietzins-Regimes. Die Region ist besonders relevant für ganz Österreich. Hier lebt eine verhältnismäßig große Anzahl von Mietern und der Mieteranteil von 80 Prozent am Wohnungsmarkt ist sehr hoch. Vermieter können die Vermarktungskosten in der Region nicht in den Mietzins einpreisen. Gleichzeitig haben Mieter ein vorzeitiges Kündigungsrecht nach einem Jahr. Vermieter werden vom Gesetzgeber einseitig belastet, eine Vorgangsweise, die in jüngster Zeit schon fast Routine hat: man denke nur an die fehlenden COVID-Regelungen für Vermieter.

In jenen Fällen, wo eine freie Mietzinsbildung möglich ist, wird ein Vermieter kalkulatorisch die Vermarktungskosten unter Berücksichtigung der kurzen Mindestmietdauer sogar auf nur 15 Monate ansetzen. Mit Einführung des Bestellerprinzips wird Wohnen nicht leistbarer, aber das sichtbare Wohnungsangebot geringer und intransparenter — und die Mieten werden nicht sinken. Mit einem Federstrich entzieht der Gesetzgeber hunderten Maklerunternehmen und deren Mitarbeitern die Existenzgrundlage.

In einer vielbeachteten Veröffentlichung der Agentur Bloomberg wurde Wien vor kurzem als „Epizentrum der europäischen Immobilienkrise“ ausgerufen. Eine Sonderauswertung der Bauträgerdatenbank Exploreal auf Anfrage der Verbände ÖVI und VÖPE zeichnet ein anderes Bild. Danach haben die Angebotspreise von Neubauprojekten im Zeitraum Mai 2022 bis Mai 2023 nominell zugelegt und eben nicht abgenommen.

Exploreal ermittelte einen mittleren Eigennutzer-Angebotspreis für Wien von 6.714 Euro/Quadratmeter im Mai 2022 (Stichprobe: 3.501 Angebote) und 7.200 Euro/Quadratmeter im Mai 2023 (Stichprobe: 4.194 Angebote), was einer Steigerung von 7,2 Prozent entspricht. Aus der Trendentwicklung der Mietpreise für Wien wurde ein Wert im Mai 2022 mit 13,14 Euro/Quadratmeter und im Mai 2023 mit 13,38 €/Quadratmeter (N=5.223) errechnet, was eine Steigerung von 1,8 Prozent bedeutet.

Dass die institutionellen Investments in Immobilien durch den Zinsanstieg zurückgehen und andere Anlageformen attraktiver werden, ist europaweit zu beobachten. Der monatliche Produktionsindex für das Baugewerbe des Europäischen Statistikamts Eurostat zeigt, dass sich Österreich weitgehend im Trend der Eurozone bewegt. Wien weist als bedeutendster Immobilienmarkt Österreichs nach wie vor ein starkes Bevölkerungswachstum und eine rege Nachfrage auf. Jedoch ist in der Beurteilung der Entwicklung eine gewisse Vorsicht durch die steigenden Zinsen angebracht. Verschärfte Kreditvergabe-Richtlinien in Österreich machen die Finanzierungssituation für viele Kunden noch anspruchsvoller. Deutsche Banken in grenznahen Gebieten freuen sich daher derzeit sehr über österreichische Kunden. Fazit: Die gemeinsame Sprache ist kein Hindernis mehr.

 

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