Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns nur bei einem der Partner

16. Juni 2023


Als Makler bekommen Sie den Auftrag zum Verkauf eines Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung häufig von Paaren, die sich getrennt haben. Denn einer allein ist in der Regel nicht in der Lage, die Kosten zu tragen.

Von Hans-Joachim Beckon Hans-Joachim Beck

Findet der Verkauf innerhalb von zehn Jahren statt, ist der Veräußerungsgewinn grundsätzlich steuerpflichtig. Es gibt jedoch in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG eine Ausnahmeregelung. Danach ist der Gewinn in zwei Fällen steuerfrei:

Nach der ersten Alternative ist Voraussetzung, dass die Wohnung während der gesamten Zeit zwischen Anschaffung und Veräußerung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Auf die Dauer der Selbstnutzung kommt es in dieser Alternative nicht an. In der Praxis fragt der Makler die Verkäufer, ob die Wohnung jemals vermietet war.

Nach der zweiten Alternative ist der Gewinn steuerfrei, wenn die Wohnung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Nach der Rechtsprechung muss es sich nicht um drei volle Jahre handeln. Es genügt vielmehr, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung im Jahr der Veräußerung zumindest am 1. Januar, im Vorjahr durchgehend und im zweiten Jahr vor der Veräußerung mindestens am 31. Dezember zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

Wer seine Wohnung im Jahre 2023 verkauft, muss sie also mindestens vom 31. Dezember 2021 bis zum 1. Januar 2023 ununterbrochen bewohnt haben. (BMF-Schreiben vom 17. Juni 2020, BStBl. 2000 I S. 1383). Makler fragen die Verkäufer in der Praxis, ob sie die letzten beiden Silvester vor der Veräußerung in der Wohnung gelebt haben.

Veräußerungsgewinn bleibt für Letztbewohner steuerfrei

Leider ist der Veräußerungsgewinn nur bei einem der Partner steuerfrei. Denn normalerweise zieht einer bereits vor der Scheidung aus der gemeinsamen Wohnung aus, wenn die Ehe nicht mehr funktioniert. Darüber hinaus erleichtert es die Ehescheidung, wenn man dem Gericht erklärt, dass man seit einem Jahr getrennt lebt. Der Veräußerungsgewinn des Ehegatten, der die Wohnung vor dem Verkauf verlassen hat, ist steuerpflichtig, während der Veräußerungsgewinn des anderen Ehegatten steuerfrei ist, weil er die Wohnung bis zur Veräußerung selbst genutzt hat. Diese Rechtsfolge ist für viele überraschend, sollte aber bei der Vereinbarung über die vermögensmäßige Regelung der Ehescheidung berücksichtigt werden. Die Finanzämter erfahren von dem Auszug des einen Ehegatten in der Regel aus dem Scheidungsurteil, das sie sich vorlegen lassen, um zu prüfen, bis zu welchem Jahr eine Zusammenveranlagung gerechtfertigt ist. Manchmal tragen die — geschiedenen — Ehegatten dem Finanzamt vor, sie hätten gegenüber dem Amtsgericht die Unwahrheit erklärt, um die Scheidung zu beschleunigen und zu erleichtern: In Wahrheit hätten sie bis zur Scheidung noch zusammengelebt. In diesen Fällen verlangt das Finanzamt einen Nachweis, weil es die Voraussetzung für eine Zusammenveranlagung prüfen will.

Praxishinweis

In der Praxis stellt sich die Frage, ob man das Problem dadurch vermeiden kann, dass der Ehegatte, der die gemeinsame Wohnung verlassen hat, sich in der Wohnung als Zweitwohnung anmeldet. Grundsätzlich wird auch die Nutzung als Zweitwohnung als Selbstnutzung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz1 Nr. 1 Satz 3 EStG anerkannt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Zweitwohnung tatsächlich als solche genutzt wurde. Dies kann bei einer gescheiterten Ehe trotz der polizeilichen Anmeldung nicht ohne Weiteres unterstellt werden. Sicher lässt sich die Steuerpflicht des Ehegatten, der die Wohnung verlässt, nur vermeiden, indem das Haus noch in dem Jahr verkauft wird, in dem der Ehegatte aus der gemeinsamen Wohnung auszieht. Denn wie oben dargestellt, verlangt die zweite Alternative der Steuerbefreiung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG lediglich, dass der Eigentümer im Jahr der Veräußerung noch am 1. Januar in der Wohnung gewohnt hat.