Systemrisikopuffer führt zur Reduzierung des Kreditangebots und Erhöhung der Zinsen

24. Mai 2022


Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat einen sektoralen Systemrisikopuffer in Höhe von zwei Prozent für Risikopositionen von mit Wohnimmobilien besicherten Krediten angeordnet. Die Banken haben bis zum 1. Februar 2023 Zeit, die erhöhten Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen. Ziel ist es laut BaFin, die Widerstandsfähigkeit des deutschen Bankensystems gegen spezifische Risiken aus dem Wohnimmobilienmarkt präventiv zu stärken. Es soll damit einer Gefährdung der Finanzstabilität entgegengewirkt werden. Winfried Ebert, Sprecher der Geschäftsführung der LBS Immobilien GmbH, kritisiert den Vorstoß der BaFin im AIZ-Interview.

Interview von Heiko Senebald

AIZ: Herr Ebert, welche Kritikpunkte gibt es an dem Systemrisikopuffer?

Winfried Ebert: Zu allererst sollte man die BaFin loben. Denn dass sie sich mit dieser Thematik befasst, ist wegen der Ansteckungsgefahr der Wirtschaft durch Risiken des Immobilienmarktes grundsätzlich richtig. Allerdings kann ich die Begründungen der BaFin für ihre Maßnahme nur schwer nachvollziehen. Ein Grund soll ja sein, dass die Preise und die Kreditvergabe bei Wohnimmobilien sich stark beschleunigt haben und es landesweit erhebliche Überbewertungen gibt. Zum Ersten: Meine Beobachtung ist, dass die Preise und die Kreditvergaben einem ganz normalen Trend folgen. Die Immobilien haben sich einfach von der Ausstattung und den Anforderungen in den Jahren weiterentwickelt. Da gibt es eine automatische Preissteigerung. Die Kreditvergaben folgen diesem Trend. Zum Zweiten: Es gibt sicherlich vereinzelte Übertreibungen auf dem Markt, aber keine landesweiten. Auf dem Land zum Beispiel gibt es weniger Überhitzung als in den Städten. Die Gefahr einer generellen Preisblase sehe ich momentan nicht. Vor allem sind die Grundlagen und Berechnungsmethoden sowie die Herleitung für den Vorstoß der BaFin zu hinterfragen.

Was bedeutet das für die Baufinanzierungen?

Da der Systemrisikopuffer auch für bereits laufende Kredite gilt, bei denen keine Zinsanpassung mehr möglich ist, muss der Aufschlag auf die Eigenkapitalanforderungen im Neugeschäft verdient werden. So wie das Verhältnis Kreditneugeschäft zu Kreditbestand und die Risikoklassen der Kredite bei Banken/Sparkassen unterschiedlich sind, sind auch die Auswirkungen auf die Kreditzinsen sehr heterogen. Aus meiner Sicht wäre zur Kompensation eine kräftige Anhebung der Kreditkonditionen bei sauberer kaufmännischer Rechnung angemessen.

Es gibt nun mehrere Möglichkeiten. Eine Variante wäre, dass der Wettbewerb unter den Banken und der Mangel an anderen Anlageformen dazu führt, dass sich die Kreditkonditionen nicht oder nur homöopathisch erhöhen. Die zweite Möglichkeit wäre, dass Banken mit nicht ausreichendem Eigenkapital ihr Wohnungsbaukreditgeschäft bremsen oder sich sogar aus dem Bereich verabschieden. Die Banken müssten sich dann anderen Anlage- oder Kreditformen zuwenden. So werden ja Unternehmens-, Kommunal- oder Blankokredite nicht mit dem sektoralen Systemrisikopuffer belegt. Logische Konsequenz der daraus resultierenden Verknappung des Angebots an Wohnimmobilienkrediten: Die Zinsen für Baufinanzierungen, die ohnehin gerade steigen, erhalten noch einen zusätzlichen Schub. Damit würden noch weniger Haushalte den Schritt ins Wohneigentum schaffen, weil sie sich die monatlichen Kreditraten nicht
leisten können.

 

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Eule

 

So oder so wirkt sich der Systemrisikopuffer negativ auf Investitionen, vor allem private Investitionen in die Eigentumsbildung, aus.

Ja, für viele Schwellenhaushalte ist die marktbedingte Zinserhöhung seit Januar 2022 schon zu viel.

Glauben Sie, dass das Preiswachstum bei Immobilien gebremst wird?

Dass der Preisanstieg gedämpft wird, mag sein. Sinken dürften die Preise für Wohnimmobilien aber nicht. Der Markt wird getragen von Personen mit entsprechendem Kapitalvermögen, die auch die Risiken des Aktienmarktes für die Zukunft sehen und von professionellen Kapitalanlegern, die ihr Vermögen wertstabil erhalten wollen. Beide würden auch höhere Zinsen akzeptieren. Ein Beispiel: Vor der jetzigen Zinserhöhung hatten wir 100 Interessenten für eine Wohnung, jetzt haben wir 50 Interessenten. 49 gehen immer noch leer aus.

Was raten Sie Kaufinteressenten?

Die Preise werden nicht sinken. Die Zinsen werden weiter steigen — alleine wegen der Regulatorik, der EZB und Inflation. Die Entwicklung ist natürlich auch vom Ukraine-Krieg und Aktienmarkt abhängig. Die Bedingungen werden sich also in naher Zukunft nicht zwingend verbessern. Ich würde jetzt als Kaufinteressent nicht lange warten, sondern das Eigenheim finanzieren.

Über den Wert meiner Immobilie würde ich mir als Selbstnutzer keinen Kopf zerbrechen. Das sollte mehr oder weniger nebensächlich sein. Entscheidend ist: Ich spare mir in meiner selbstgenutzten Immobilie die Miete, habe die Freiheit, dass ich alles was ich will auch tun kann. Wichtig ist nur, dass ich die Zins- und die Tilgungsraten zahlen kann. Auf die Lage der Immobilie würde ich natürlich noch achten. Stichwort: gute Anbindung.

Welche politischen Folgen wird der Systemrisikopuffer haben?

Bei einer Reduzierung des Kreditangebots oder einer Erhöhung der Zinsen für Wohnungsbaukredite wird das ohnehin schon ambitionierte Ziel von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr mit Sicherheit verfehlt werden. Um das Ziel der Klimaneutralität und Barrierefreiheit zu erreichen, braucht es die Masse der Immobilien-Besitzer, die sich die Maßnahmen auch leisten können. Wenn sie keine kräftige Förderung bekommen, werden sie das nicht hinbekommen. Das heißt, auch dieses Ziel würde nicht erreicht werden.

 

Foto: © Milkos/Depositphotos.com