„Warum sollen die guten Leute zu uns kommen?“

22. September 2023


Einfach drauflosfahren, ohne das Ziel genau zu kennen. Das tut Martin Streppel nur mit seinem Wohnmobil. Ansonsten weiß der Braunschweiger Immobilienunternehmer als alter Hase in der Branche, wohin die Reise geht. Der Geschäftsführer der Munte Immobilien GmbH & Co. KG stellt nicht nur das Geschäft breit auf, sondern auch sich persönlich.

Interview von Stephen Paul

AIZ-Magazin: Herr Streppel, alter Hase oder junger Meister?

Martin Streppel: Ich bin über 30 Jahre im Immobiliengeschäft. Ganz klar alter Hase. Da ich immer wieder Neues wage, komme ich wohl auch als junger Meister infrage. Erst vor zehn Jahren habe ich angefangen, mich auch als Projektentwickler zu betätigen. Heute sind wir einer der größten Erschließungsträger in der Region. Jetzt will ich mich als Mediator zertifizieren lassen. Bis ich darin Meister werde, dauert es noch etwas. Medianten sind aber auch heute schon bei mir in guten Händen. Um Lösungen zu finden, bedarf es immer des Perspektivwechsels.

Wie kann die Ausbildung zum Mediator im Immobilienberuf helfen?

Häufig werden nur Positionen vertreten, die dann aufeinanderprallen. Als Makler haben wir eine vermittelnde Position. Mit professioneller Mediationstechnik kann ich noch besser unterstützen, dass die einzelnen Personen ihre Bedürfnisse und Interessen offenbaren. Ich moderiere dann die Konfliktlösung und helfe, die Beziehungsebene wiederherzustellen. Ein Mediator kann übrigens nicht nur bei Transaktionen hilfreich sein, sondern auch bei Projekten wie der Nachfolgeregelung im Immobilienunternehmen. Vermutlich gibt es noch nicht viele in der Branche, die sowohl über Immobilienkompetenz als auch über eine Mediatoren-Ausbildung verfügen. Daher freue ich mich, wenn interessierte AIZ-Leser darüber mit mir ins Gespräch kommen oder mich mit einem eigenen Konflikt, den sie lösen möchten, ansprechen.

War Ihnen der Immobilienberuf in die Wiege gelegt?

Keineswegs! Eigentlich sollte ich bei der Sparkasse lernen. Durch einen glücklichen Zufall bin ich dann ins städtische Wohnungsunternehmen gekommen. Immobilien haben mich sofort fasziniert. Im Laufe der Jahre habe ich gemerkt, dass ich gestalten, andere Menschen mitnehmen und selbständiger Unternehmer werden möchte. Über eine Stellenanzeige bin ich an meine heutige Aufgabe gekommen.

Wo liegt ihr geschäftlicher Schwerpunkt?

Wir sind als Family Office gestartet und haben fast ausschließlich Immobilien für die Familie Munte verwaltet. Heute verwalten wir für unsere Kunden mit 30 Mitarbeitern rund 4.000 Miet- und WEG-Einheiten. In den letzten zehn Jahren haben wir das Geschäftsfeld als Bau- und Erschließungsträger für uns entdeckt. Heute konzentrieren wir uns auf das Maklergeschäft. Der Kuchen ist kleiner geworden, aber wir wollen ein größeres Stück davon abhaben. Dafür investieren wir ins Marketing, etwa auf Displays im gesamten Stadtgebiet. Und wir erleben: Die Makleraufträge kommen.

Jetzt verdient ja ein Makler nur dann, wenn es zum Vertragsabschluss kommt. Das wird seltener. Braucht es neue Provisionsmodelle, etwa für Beratungsleistungen?

Als Makler geht man in Vorleistung und schafft Mehrwerte. Wir bauen unsere Vermarktung so professionell und innovativ auf, dass Verkäufer und Käufer hinsichtlich der Objektpräsentation und Unterlagen auf der sicheren Seite sind. Beratungsleistungen sind bei uns im Unternehmen schon länger ein Thema. Kürzlich habe ich auf Honorar eine Transaktionsberatung durchgeführt. Auch für eine vertiefte Wirtschaftlichkeitsberechnung verlange ich meinen Stundensatz. Unsere Kunden schätzen unser breites Immobilienwissen und wir können individuell auf die Wünsche eingehen.

Ganz honorarfrei: Raten Sie Interessierten zum beruflichen Einstieg in die Immobilienwirtschaft?

Wenn jemand sagt, das ist mein Traumberuf und eine Leidenschaft entwickelt, rate ich klar dazu. Sehen Sie, wir bewegen uns alle doch den ganzen Tag in Immobilien. Ob hier im Büro, zuhause, beim Einkauf, in der Kirche, auf dem Bahnhof. Die Möglichkeiten für Berufseinsteiger sind so vielfältig. Ausprobieren! Außerdem müssen wir uns heute auch als Unternehmen bewerben. Wir fragen uns, warum sollen die guten Leute eigentlich zu uns kommen? Neulich haben wir als Immobilienunternehmen interessierte Umschüler von regionalen Bildungsträgern zu uns eingeladen. Den ersten vielversprechenden jungen Mann haben wir auf diesem Wege schon gefunden. Andere neue Kräfte gewinnen wir auf Empfehlung unserer Mitarbeiter. Und unsere eigenen Auszubildenden sollen nach ihrem Abschluss bei uns eine gute Perspektive finden.

Was macht Ihnen persönlich Freude im Berufsalltag?

In der Projektentwicklung beispielsweise, wenn ich nach ein bis zwei Jahren Mühe alle Grundstückskaufverträge mit einer größeren Zahl von Verkäufern zu vergleichbaren Konditionen abschließen konnte. Da soll ja etwas mit Qualität entstehen und ein wichtiger Meilenstein ist dann erreicht. Bezogen auf alle Geschäftsfelder: Wenn es mir gelingt,
die Unternehmensgruppe zukunftsfähig weiterzuentwickeln und mein Team auf dieser Reise mitzunehmen.

Wie sehen Sie derzeit die Lage an den Immobilienmärkten?

Bislang sind steigende Baukosten durch niedrige Zinsen kompensiert worden. Jetzt haben wir weiter hohe Baukosten, aber auch höhere Finanzierungskosten. Wir haben als Makler längere Vermarktungszeiten und müssen Verkäufer intensiver beraten, damit diese eine realistische Preisvorstellung gewinnen. Als Verwalter von rund 4.000 Wohnungen registrieren wir mehr Nachfrage nach Mietobjekten, auch durch verhinderte Käufe. Für Menschen, die die Liquidität haben, zu investieren, die bankenunabhängig sind, ist jetzt eine chancenreiche Situation entstanden. Sowohl im Einfamilienhaus-Bereich als auch bei den Rendite-Immobilien. Wer auf eine Finanzierung angewiesen ist und sich dennoch den Wunsch nach einem Eigenheim erfüllen möchte, muss Verzicht an anderen Stellen der privaten Lebensführung üben. Nicht ungewöhnlich — wir kennen das noch von früher.

Was erwarten Sie von Politik und Gesellschaft?

Von der Politik erwarte ich mir schlicht Verlässlichkeit. Ich denke auch, dass die gegenwärtige Förderkulisse nicht ausreicht. Wir brauchen nicht nur zinsgünstige Darlehen, sondern regelrechte Zuschüsse. Wir müssen in eine Situation kommen, in der die Baubranche wieder aus eigenem Antrieb Sozialwohnungen baut – weil es sich wieder rechnet. Und es wäre wichtig, dass Selbstnutzer beim Kauf eines Eigenheims entlastet werden, etwa durch die Möglichkeit eines steuerlichen Abzugs der Schuldzinsen. Von der Gesellschaft erwarte ich, dass das eigene Denken nicht am Gartenzaun aufhört. Dass Verständnis dafür da ist, dass andere Menschen auch so bauen wollen, wie man selbst mal gebaut hat. Wir müssen alle wieder lernen, gesamtgesellschaftlicher zu denken. Ich habe mich übrigens genau deswegen in meinem Stadtteil als Schiedsmann für Nachbarschaftsstreitigkeiten und zur Lösung anderer Konflikte beworben.

Was bedeutet für Sie die IVD-Mitgliedschaft?

Unsere Kunden nehmen den IVD als Qualitätsmerkmal wahr. Und wir sind froh über die Angebote zur Weiterbildung, Beratung und Vernetzung in der Branche und die starke öffentliche Lobby.

 

Foto: © Munte Immobilien GmbH & Co. KG