Was tun, wenn …

14. November 2023


… die Belege für eine Betriebskostenabrechnung geprüft werden sollen?

Im Betriebskostenrecht wird grundsätzlich zwischen sogenannten „formellen“ und „materiellen“ (inhaltlichen) Fehlern unterschieden. Durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) wurden die möglichen formellen Fehler in den letzten Jahren immer mehr zurückgedrängt. Für einen Mieter, der sich erfolgreich gegen eine Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung wehren möchte, kommt es daher immer mehr maßgeblich darauf an, die zugrundeliegenden Rechnungsbelege zu überprüfen, um festzustellen, ob sich Fehler ergeben. Auch sind ihm pauschale Einwendungen über die Höhe der Kosten oder Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot ohne vorherige Prüfung der Belege nicht mehr möglich. Solche pauschalen Einwände erfüllen nicht die laufende Einwendungsfrist für den Mieter. Umgekehrt entsteht in der Praxis für Vermieter und Hausverwaltungen immer wieder Unsicherheiten darüber, was alles zu einer ordnungsgemäßen Belegeinsicht zählt. Werden Belege zu Unrecht nicht vorgelegt, kann dies natürlich mit Rechtsfolgen verbunden sein, die den Mieter berechtigen, seine Betriebskosten nicht zu bezahlen. Mit dem nachfolgenden Artikel sollen daher noch einmal die grundlegenden Erkenntnisse zum Thema Kontrollrechte des Mieters dargestellt werden.

Von Karen Wolbers

Anspruchsinhalt

Es gilt grundsätzlich immer noch die Entscheidung des BGH, wonach ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Originalbelege am Sitz des Vermieters oder der Hausverwaltung besteht (BGH, Urteil vom 8. März 2006 – VIII ZR 78/05). Dazu gehören sämtliche Unterlagen, auf denen die Abrechnung beruht. Bloße Eigenbelege oder hausinterne Zahlungsanweisungen können wegen der bestehenden Missbrauchsgefahr zur eigenmächtigen Erstellung die Bezahlung von Rechnungen nicht nachweisen.

Der Mieter darf die Belege auch abfotografieren oder einscannen, wenn keine Gefahr der Beschädigung besteht. Vorgelegt werden müssen hier auch Verträge mit Dritten, beispielsweise der zugrunde liegende Wärmelieferungsvertrag für die Heizkosten (BGH, Beschluss vom 22. November 2011, VIII ZR 38/11). Eine Begrenzung durch Datenschutz gibt es grundsätzlich nicht. Der BGH hat keine datenschutzrechtlichen Bedenken, da insoweit nicht betriebskostenrelevante Daten geschwärzt oder zugedeckt werden können (BGH, Urteil vom 7. Februar 2018, VIII ZR 189/17).Sofern der Mieter die Plausibilität der angegebenen Verbrauchseinheiten überprüfen will, steht ihm auch ein Anspruch auf Belegeinsicht in die Einzelverbrauchsdaten anderer Benutzer zu. Bei großen Wirtschaftseinheiten, bei denen die zugrundeliegenden Rechnungsbelege nur in mehreren Ordnern zusammengefasst werden können, gehört zu einer ordnungsgemäßen Vorlage auch die geordnete Zusammenstellung dieser Unterlagen.

Die Einsicht soll für den Mieter nur noch zur überschlägigen Kontrolle und zur Behebung von Zweifeln dienen. Muss er sich die Belege erst mühsam selber sortieren und zusammensuchen, dürfte dies nicht mehr zumutbar sein. Der Mieter muss kein besonderes Kontrollinteresse noch zusätzlich darlegen. Der BGH hat ausdrücklich ein allgemeines Kontrollinteresse anerkannt und auch für ausreichend gehalten.

Rechtsfolgen

Die Verweigerung der Belegeinsicht durch den Vermieter stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar. Als Rechtsfolge ergibt sich für den Mieter, dass diesem ein Zurückbehaltungsrecht an der Nachforderung und den Betriebskostenvorauszahlungen zusteht, wenn ihm die Überprüfung nicht ermöglicht wird (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010, VIII ZR 288/09 und VIII ZR 38/11). Er muss die Belegeinsicht allerdings innerhalb der für ihn laufenden Einwendungsfrist geltend machen, ansonsten tritt aufgrund des Ablaufs der Einwendungsfrist entsprechende Bindungswirkung ein (LG Hanau, Beschluss vom 11. Juli 2022, Az. 2 S 19/22). In neueren Entscheidungen der Amtsgerichte wird bei einer unvollständigen ersten Einsicht allerdings dahingehend differenziert, dass der Mieter dann konkret geltend machen muss, welche Belege ihm noch fehlen (AG Dresden, ZMR 2022, 556).

Beim Fehlen nur eines Beleges steht ihm kein Einbehalt an der gesamten Nachzahlungsforderung zu. Insoweit wird von der Teilbarkeit der einzelnen Betriebskostenanteile ausgegangen. Nur diejenigen Kostenpositionen, für die keine Belegeinsicht gewährt wird, können zurückbehalten werden.

Zahlungsbelege

Das Recht des Mieters auf Einsicht in die Belege erstreckt sich nach der Entscheidung des BGH vom 9. Dezember 2020 auch auf die zugrundeliegenden Zahlungsbelege. Er könne so auch überprüfen, ob Preisnachlässe oder Kürzungen der Rechnungsbeträge vorgenommen worden sind. Der Vermieter/Verwalter muss daher auch der Aufforderung nachkommen, durch etwaige Kontoauszüge die tatsächlichen Zahlungen nachzuweisen. Auch hier kommen selbstverständlich Schwärzungen der nicht relevanten Daten in Betracht.

„Papierloses Büro“

Ob und inwieweit es Ausnahmen von dem Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege geben kann, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Der BGH hat in einer Entscheidung vom 15. Dezember 2021 VIII ZR 66/20 insoweit allerdings angedeutet, dass es in Ausnahmefällen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben in Betracht kommen kann, dass der Vermieter oder Verwalter lediglich die Vorlage von Kopie oder Scanprodukten schuldet.

Die Frage, ob ein solcher Ausnahmevorfall vorliegen würde, entziehe sich allerdings allgemeiner Betrachtung und sei von dem jeweiligen Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden.

In diese Richtung könnte es insoweit gehen, wenn ein Verwalter ein vollkommen papierloses digitalisiertes Büro führt und es gar keine Originalbelege zur Einsichtnahme mehr gibt. Die weitere Entwicklung bleibt hier abzuwarten.

Unzumutbarkeit

Grundsätzlich besteht für den Mieter nur bei gefördertem Wohnraum ein Anspruch auf Überlassung von Rechnungskopien. Dies ist für ihn natürlich viel einfacher, weil er den Weg zum Verwalter nicht auf sich nehmen muss und zu Hause in Ruhe gegebenenfalls unter Mithilfe von Freunden oder eines Beraters die Belege prüfen kann, wann immer er will.

Für preisfreien Wohnraum besteht dieser Anspruch auf Überlassung von Rechnungskopien nur in besonderen Ausnahmefällen. Dazu gehört etwa eine große Entfernung etwa über 30 km zwischen dem Wohnsitz des Mieters und dem Sitz des Vermieters oder der Hausverwaltung, etwaige körperliche Gebrechen des Mieters (Sehbehinderung oder Rollstuhl, die ihm den Zugang erheblich erschweren). Auch dieser Katalog ist im Gesetz nicht geregelt und ist damit in jedem Einzelfall gesondert zu bewerten.

Fazit

Keine Angst vor Belegeinsichten. Ein Termin kann auch genutzt werden, um eine Einigung mit dem Mieter herbeizuführen. Bei der Überprüfung korrekter Belege kann oftmals ein Zweifel behoben werden und die Überzeugung für die Richtigkeit der Abrechnung geschaffen werden.

Foto: © marketing.lasers/depositphotos